Meinung der Redaktion. Heute: Die Nase

Die Nase ist unsere Klimaanlage, schrieb Dr. med. Walter Hugentobler in einem Beitrag, den ich für cci Zeitung redigiert habe. Dabei habe ich eine Menge gelernt.

(Abb. © decade3d/Fotolia.com) Das Beste am Beruf eines Redakteurs ist, dass man nebenbei viel lernt. Zu manchen Themen, die ich bearbeite, komme ich, weil meine Kollegen meinen, ich wäre für sie wie geschaffen. Warum auch immer! Lange Rede, kurzer Sinn, ich wurde zur redaktionsinternen Lufbefeuchtungs-Spezialistin erkoren. Zu diesem Thema habe ich für cci Zeitung seit März eine Beitragsserie entworfen und umgesetzt, sowie Meinungen eingeholt, und im Laufe der Beschäftigung mit dem Thema kristallisierte sich ein Protagonist heraus, oder besser: eine Protagonistin: die menschliche Nase. Welche lüftungs- und klimatechnischen Funktionen dieser Körperteil hat, beschrieb in Ausgabe 8/2015 Dr. med. Walter Hugentobler, der die Bedeutung der Luftbefeuchtung aus der Sicht eines Humanmediziners erläuterte („Die Nase ist unsere Klimaanlage“, S. 30). Vor allem der Textabschnitt mit der Zwischenüberschrift „Die Leistungsfähigkeit gesunder Nasen“ hat mich überzeugt, den ich hier noch einmal anführen möchte:

„Wir können die großen Feuchte- und Temperaturschwankungen auch im Freien nur unbeschadet überstehen, weil wir alle unsere eigene, leistungsfähige Klimaanlage mit uns herumtragen: unsere Nase. Ihre Aufgabe ist die Grobreinigung der Atemluft und deren Klimatisierung (Anfeuchtung und Erwärmung). Es wird immer wieder behauptet, dass unsere Nase den Anforderungen der trocken-staubigen Atemluft im Winter gewachsen sei. Dies trifft leider nur auf Personen zu, deren Nase perfekt und optimal funktioniert. Nasen mit abweichender Geometrie und vor allem verstopfte Nasen mit vermehrtem Strömungswiderstand können keine optimale Klimatisierung erbringen. (…) Betroffen sind auch alle Personen mit vorgeschädigter Nasenschleimhaut (zum Beispiel durch wiederholte Infekte), Raucher und viele Senioren. Nicht befeuchtete, geheizte Luft bedeutet für all diese Personengruppen einen zusätzlichen Stresstest, dem sie am Arbeitsplatz und auch in öffentlichen Gebäuden und Einkaufsläden nicht ausweichen können. Der rechnerische Vergleich von 55 %-iger und 20 %-iger relativer Feuchte ergibt einen um 15 % höheren Leistungsbedarf für Befeuchtung und Erwärmung. Da Allergien seit fünfzig Jahren stetig häufiger und unsere Innenräume immer trockener werden, wird die Problematik weiter an Bedeutung zunehmen.“

Plötzlich wurde mir klar, dass jedes raumlufttechnische Gerät vermutlich die Nasenfunktionen imitiert – wie so oft hat die Natur schon die „Technik“ bereitgestellt, und wir orientieren uns an den natürlichen Funktionen. Grobreinigung, Anfeuchtung und Erwärmung erledigt die Nase mal „so eben“ ganz selbstverständlich, mit sich ständig ändernden Luftbedingungen (Luft ist mal feuchter, mal trockener, mal staubiger, mal weniger staubig, mal wärmer, mal kälter, mal schneller, mal langsamer…) aber nur, wenn der Strömungswiderstand optimal ist! Dass die Nase auf umso mehr leisten muss, je „schlechter“ (in dem Fall trockener) die angesaugte Luft ist, leuchtet ein. Völlig logisch. Oder? Wunderwerk Nase!

Schreiben Sie mir an sabine.andresen@cci-dialog.de.

Artikelnummer: cci35064

Ein Kommentar zu “Meinung der Redaktion. Heute: Die Nase

  1. Sehr geehrte Frau Andresen,
    Ihre heutige Stellungnahme im cci Branchenticker hat mir große Freude bereitet! Es ist herrlich zu lesen, wie sich für die so bescheidene und nur in unserem Gesicht eine zentrale Position einnehmende Nase begeistern können.
    Hier spielt deutlich der Geschlechterunterschied mit. Männer sind begeistert (lassen sich auch häufig blenden) von Maschinen, Dimensionen, Zahlen und Leistungsdaten. Frauen wissen die kleinen und großen Wunder der Natur zu schätzen und anerkennen, dass die Natur uns nach wie vor weit voraus ist und wir viele unseren phantastischen Errungenschaften lediglich von ihr kopiert haben.
    Halten wir uns nochmals vor Augen: Der Nasenraum ist ca. 8 cm lang, die innere Oberfläche beträgt ca. 100-140 cm². Auf dieser Fläche kann sie die Atemluft bei Außentemperaturen von -20 bis über 30 °C und für Feuchtigkeit von wenigen mg/l bis zu 40 mg/l die Luft jederzeit auf 37 °C erwärmen und auf 44 mg/l befeuchten. Dies im Ruhezustand bei rund 15 Atemzyklen mit je 2 s Ein- und Ausatmung (Luftgeschwindigkeit rund 5m/s, Kontaktzeit max. 0,016 s), Atemminutenvolumen in Ruhe rund 800 l, das macht ein Atemvolumen pro Tag von ca. 15.000 Litern (rund 18 Kilogramm = unser wichtigstes Nahrungsmittel!). Bei Anstrengung wird die Nase auch mit einem Atemminutenvolumen von bis zu 4000 l pro Minute fertig!
    Damit nicht genug: Die Nase kann bei der Ausatmung wieder rund 50 % der abgegebenen Feuchte und rund 25 % der abgegebenen Wärme zurückgewinnen. Phantastisch! Lebensdauer gut 80 Jahre, praktisch wartungsfrei und ohne eine einzige Pause von mehr als wenigen Minuten …. Hoffentlich …
    Über die Atemluft und unsere Nasen als Eintrittspforten sind wir Menschen (und Tiere, notabene alles, was atmet) miteinander vernetzt – das größte soziale Medium aller Zeiten! Wir sind dabei, bei diesem sozialen Netz, vom ersten bis zum letzten Atemzug, unangemeldet und absolut freiwillig. – Wenn wir uns diesen Umstand etwas mehr vor Augen halten würden, würden wir die Luft und unsere Nasen mehr zu schätzen wissen.
    Bleiben Sie begeisterungsfähig und fragen Sie mal ihre Techniker, wie viel Aufwand und Platz sie brauchen würden, um eine ähnlich leistungsfähige Maschine zu bauen.
    Gönnen wir der Nase doch etwas weniger Stress und uns eine bessere Gesundheit, indem wir die angebotene Luft etwas „präkonditionieren“ (nicht nur in der Winterzeit).

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