BDH: Berichte über Lüftungsanlagen muss man differenziert betrachten

Am 2. Juli veröffentlichte der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) eine Presseinformation zur Lüftungstechnik beim Fleischfabrikanten Tönnies. Dabei stellte der Verband auch einen Zusammenhang zu Klimaanlagen und zu Systemen zur Wohnungslüftung her.

(Abb. © David Fuentes/adobe.stock.com) Nachfolgend die BDH-Presseinformation im Originalwortlaut.

„Im Kontext der aktuellen Entwicklungen beim Fleischfabrikanten Tönnies in Rheda-Wiedenbrück wird derzeit öffentlich diskutiert, ob die Lüftungsanlage im Betrieb zur Ausbreitung des Corona-Virus beigetragen haben könnte. Martin Exner, Professor am Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit an der Uni Bonn, wird in einem WDR-Bericht vom 24.06.2020 zitiert. Dort heißt es: Exner hat bei seinen Untersuchungen einen „bislang übersehenen Risikofaktor“ ausgemacht. Hotspot der Keime sei die Lüftungsanlage. Die im BDH organisierten Hersteller von Wohnungslüftungsanlagen differenzieren diese pauschale Berichterstattung in Bezug auf die Lüftungstechnik. Sie weisen darauf hin, dass es sich bei Lüftungs- und Kühlungsanlagen im industriellen Bereich in der Regel um eine mit Umluft betriebene Anlage handelt (umgangssprachlich Klimaanlage). Endverbraucher könnten diese jedoch irrtümlicherweise mit den von den BDH-Mitgliedern produzierten Wohnungslüftungsanlagen gleichsetzen. Wohnungslüftungsanlagen hingegen sorgen für einen kontinuierlichen Luftaustausch und können zusätzlich durch Feinstaubfilter Schwebepartikel aus der Außenluft herausfiltern. „Wohnungslüftungsanlagen arbeiten nicht wie Klimaanlagen im Umluftbetrieb, sondern führen vortemperierte und gefilterte Außenluft in die Räume und führen verbrauchte Luft nach außen ab. Sie sorgen damit für einen ständigen Luftaustausch“, sagt dazu Barbara Kaiser, Leiterin der Fachabteilung Wohnungslüftung im BDH. Wohnungslüftungsanlagen erzielen durch den Luftaustausch in den jeweiligen Räumen einen Verdünnungseffekt, wodurch die spezifische Belastung an möglicherweise vorhandenen Viren im Raum je Kubikmeter sinkt.“

Die Redaktion von cci Branchenticker enthält sich angesichts dieser Aussagen einer fachlichen Kommentierung der Inhalte dieser Presseinformation und bittet die Leser um Kommentare und Meinungen dazu (mail an: redaktion@cci-dialog.de). Darüber hinaus haben wir auch den Fachverband Gebäude-Klima (FGK) um eine Stellungnahme zur BDH-Info gebeten.

Artikelnummer: cci88046

6 Kommentare zu “BDH: Berichte über Lüftungsanlagen muss man differenziert betrachten

  1. Die Bezeichnung “ Klimaanlage“ ist mit eindeutigen Anforderungen an
    die mögliche Luftbehandlung verbunden – Umluftanlagen jeder Art
    erfüllen diese Anforderungen nicht – sie als Klimaanlage zu bezeichnen ist fachlich einfach falsch – und sie sind z.T. nur Schadstoffschleudern –
    sie saugen meist im oberen Raumbereich schadstoffbelastete Luft an und blasen diese ohne wesentliche Filterung wieder in den Aufenthaltsbereich zurück.
    Eine Ionisierungs od. UV – Stufe könnte da Besserung bringen (was seit langem bekannt ist) – aber leider in keiner Vorschrift steht.
    Jedoch löst die Klimaanlage allein kein Raumluftproblem, wenn die
    Luftführung im Raum der Forderung nach einem Schadstoffaustrag nicht unter-geordnet ist – neben der mangelnden Wartung ist dies der Fehler bei vielen ausgeführten Anlagen.
    Auch bei Klimaanlagen sollte, wenn es auch in keiner Vorschrift steht, vor od. im Zuluftkanal eine Ionisierungsstufe angeordnet werden – sie beseitigt Bakterien und Gerüche (wird in der Küchen-ablufttechnik seit langem angewendet).
    Mit freundlichen Grüssen
    Dr. Bredenbeck

  2. Liebe Kollegen,
    wir sollten mit dem Wort „Klimaanlage“ sorgfältiger umgehen und dieser nur für Anlagen verwenden die wirklich die Luft erneuern, filtern, heizen, kühlen und befeuchten. Auch die empfohlenen und jetzt immer mehr eingebauten Split „Klimageräte“ erneuern nicht die Luft sondern Kühlen und Heizen und Filtern ein wenig die Luft.

    „Raumkühler“ im heißen Sommer ist doch auch ein schöner Begriff? Im Winter wird damit durch Wärmepumpenschaltung sogar geheizt. Im Industriebetrieb kann dies als Umluft-Kühl- oder Heizanlage bezeichnet werden.

    Bei Kühlanlagen mit Temperaturen zwischen 8 und 14°C habe ich als Planer gerade auch mit hohen Hallen die Erfahrung gemacht dass der Anteil der Kühlleistung, die ohne Kältemaschine nur mit Außenluft (natürlich gefiltert) geleistet wird, erheblich ist. Außenluft wird immer dann verwendet, wenn diese kühler ist als die Raumluft, auch wenn diese dann manchmal noch gekühlt werden muss. Bei Lagerhallen reicht diese Kühlung schnell aus. Mit Drehzahlregelung lässt sich das auch gut optimieren. Bei der Ausschreibung hatten damals einige Betrieb Bedenken angemeldet und wollten viele einzelne Verdampfer installieren. Aber die Anlage wurde gebaut und läuft seit 25 Jahren.

    Warum sagen wir nicht statt „Klima-“ einfach „Kühlanlage“? Auch VRF-Anlagen mit vielen einzelnen Geräten in den Räumen sind Kühl- und Heizanlagen mit Umluft. Warum muss da immer das Wort „Klimaanlage“ oder „Klimagerät“ genommen werden? Nur Heizen und Kühlen bedeutet noch nicht die Bezeichnung „Klimaanlage“.
    Bei der Lufterneuerung durch Raumlufttechnik sollte weitgehend auf Umluft verzichtet werden, da der Wirkungsgrad vom Wärme- und Kälterückgewinn immer besser wird.

    Umluftfilter sind eher selten einzusetzen, denn die gesamte Zuluft sollte gut gefiltert werden, denn auch die Außenluft sollte nicht überall ungefiltert verwendet werden.

    Die Raumheizung und Raumkühlung sollte besser durch flüssige Wärmeträger, in den Raum gebracht werden, z.B. Wasser transportiert werden. Flächenheizungen und Kühlung im Fußboden, Wänden und Decken, oder Kühlbalken an der Decke können die Hauptkühl- und Heizleistung erbringen und so können dann auch verschiedene Räume in der Temperatur leicht einzeln geregelt werden

    Zum Thema „Luftfilterung“ will ich jetzt hier nicht schreiben, das Thema erfordert einen eigenen Brief. Wann und durch welche Filterklasse dieser schlimme Virus Cornoa abgeschieden wird, sollten andere klären. Die Filterklasse sollte in Räumen in denen Menschen arbeiten gut überlegt sein.

    Und dann sind gut geplante Anlagen wirklich eine große Hilfe für die Menschen die dort arbeiten.
    Freundliche Grüße Reinhard Siegismund

  3. Ich denke, jetzt müssen wir aufpassen, dass wir nicht genauso unfachmännisch alles in Diskussion einbringen, wie das der Herr Professor getan hat.
    Dieser „bislang übersehene Risikofaktor“ war ihm vielleicht nicht bekannt, aber uns war er längst bekannt.Es gibt zig Veröffentlichungen aus dem April, die dieses Thema eindeutug und fachlich richtig darstellen.
    Ich gebe Herrn Tienes recht, wir müssen uns und auf die fachlichen Begrifflichkeiten besinnen. Richtig angefangen hat aber jede Art von Anlage für ihre spezielle Berechtigung für ihren bestimmten Zweck.
    OP Anlagen hier ins Spiel zu bringen halte ich für ganz falsch, weil das wieder etwas ganz anderes ist.
    Ob ich eine Wohnraumlüftungsanlage mit z.B. 200m²/h oder 300m²/h installiere, macht von der Investition und vom Platzbedarf kaum einen Unterschied, – aber ich bringe für 4 bis 6 Personen einen hygienischen Außenluftanteil von ca. 50 m²/hPers. ins Gebäude, dass macht doch Sinn, oder?
    Die DIN 1946 /6 hilft da natürlich nicht weiter, da völlig realitätsfremd.
    Es gibt viel zu tun!

  4. Traurig finde ich die Aussage „Das war bisher noch nicht bekannt“, so Exner.“. ASHRAE, REHVA und VDMA haben die Gefahren im Umluftbetrieb klar benannt und auch Filter- und Entkeimungslösungen erläutert. Eine bessere Vernetzung der Expertinnen und Experten wäre hier sehr wünschenswert.

  5. Wieder muss ich die Frage stellen: Warum wird die Sauerstoffionisierung nicht eingesetzt? (vgl. cci62685) HEPA-Filter sind teuer, müssen ständig ersetzt werden und führen zu einem erheblichen Druckverlust d.h. höhere Energiekosten.

  6. Wann hört man endlich auf, Umluftkühleinrichtungen als Klimaanlage zu bezeichnen. Eine VRF/VRV-Anlage ist keine Klimaanlage. Eine Raumkühlanlage in einem Fleischbetrieb ist keine Klimaanlage.

    Eine Wohnungslüftung sehe ich allerdings auch nicht als echte Lüftungsanlage. Mit den paar m³/h die durch solch eine Lüftungsanlage in Wohnräume gebracht werden erreicht man kaum etwas sinnvolles (persönliche Meinung).

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