EnEV-Lücke erst jetzt aufgefallen

Bislang galt die rund zehn Jahre alte Regel, dass die Dämmschicht der Fassade je nach Dämmmaterial und Zustand der Außenwand mindestens 12 bis 16 cm dick sein muss, um die gesetzliche Mindestanforderung der  Energieeinsparverordnung (EnEV) zu erfüllen. Doch es gibt eine Ausnahme, die erst Mitte 2016 allgemein bekannt wurde, obwohl sie in der EnEV steht.

(Abb. © JiSign/Fotolia.com) Bei der letzten Änderung der EnEV, die im Mai 2014 in Kraft trat, ist die Änderung aufgenommen worden. Wie die Gesetzeslücke zustande kam, ist bislang unklar. Aufgefallen ist sie erst im Sommer 2016: Ein Hauseigentümer in Ebersbach bei Göppingen hatte begonnen, seine Fassade mit einer nur 4 cm dicken Dämmung zu verkleiden. Die untere Baurechtsbehörde ordnete daraufhin einen Baustopp an. Doch dann kamen Zweifel, ob das Anbringen der Dämmung auf den nicht entfernten Altputz von der EnEV überhaupt mit Anforderungen versehen ist. Die Antwort der Projektgruppe EnEV der Bauministerkonferenz vom 27. September brachte Gewissheit: Nein, in solchen Fällen gibt es keine Regelung der Außenwanddämmung. Die gesetzlichen Vorgaben gelten nicht, wenn bei der Sanierung ein Wärmedämmverbundsystem ohne Abschlagen des Altputzes angebracht wird. Bleibt der bestehende Außenputz dran, ist auch weniger Dämmung erlaubt.

Wer diese Möglichkeit nutze, tue sich aber keinen Gefallen. Mit einer geringeren Dämmstoffdicke werden nur wenig Investitionskosten gespart. Handwerker und ihr Gerüst, das Verkleben und die Putzschicht müssten sowieso bezahlt werden, es fielen nur die Materialkosten weg. „Pro cm Dämmstärke belaufen sich die eingesparten Kosten auf durchschnittlich 2 €/m²“, so Dr. Volker Kienzlen, Leiter der KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg. Diese Ersparnis werde durch den höheren Energieverbrauch über die Lebensdauer mehr als aufgefressen. Wirtschaftlich seien dünnere Dämmplatten daher nicht. Die weiteren Argumente gehen aber schon fast in Richtung Angstmache: Da eine einmal aufgebrachte Fassadendämmung Jahrzehnte in Betrieb ist, seien Gebäudeeigentümer mit geringeren Dämmstärken nur unzureichend vor künftigen Heizpreissteigerungen gewappnet. „Ich würde mich nicht darauf verlassen, dass der Preis für Heizenergie in 20, 30 Jahren immer noch so niedrig ist wie heute“, so Kienzlen. „Wer jetzt nur mit 8 bis 10 cm dämmt, macht sich abhängiger von einem steigenden Energiepreis und muss eventuell teuer nachdämmen.“
 

Artikelnummer: cci46625

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