Der Wüste denkt magisch

„Magisches Denken als Vorstufe des rationalen Denkens, etwa in Form des Glaubens an Wirkungen von Zauberei, Beschwörungen oder Wunschdenken, tritt bei Kindern auf“, lässt sich bei Wikipedia nachlesen. Manche Kinder sind allerdings bereits 56.

(Abb. cci Dialog GmbH) „Homo sapiens“ – das ist aufgrund unseres Normalzustands (delirium magnitudinis) unsere Bezeichnung für uns selbst – ist meist alles andere als sapiens (verständig, vernünftig, klug, einsichtsvoll). Der große Durchschnitt müsste eher „pongo delirens“ (faselnder Schimpanse) heißen.

Typischerweise verwechseln wir – magisch denkend – Wörter mit Taten. Ein Beispiel: Lebensmittel mit dem Label „Fitness“ machen uns glauben, dass wir durch ihren Verzehr fitter würden. Ob Fitness-Riegel, Fitness-Müsli oder ein Joghurt mit dem Label „fit“: „Fitness“-Lebensmittel suggerieren – mit Erfolg -, dass diese Produkte besonders gesund sind, für sportliche Menschen bestens geeignet und auch schlank und fit machen. Dass (natürlich) das Gegenteil der Fall ist, zeigt ein Experiment der TU München und der Pennsylvania State University: Abnehmwillige essen mehr von dem Zeug und bewegen sich hinterher weniger.

Die Hälfte der Teilnehmer des Versuchs erhielt eine als „Fitness“-Studentenfutter deklarierte Packung, auf der ein Paar Turnschuhe abgebildet war. Die andere Hälfte bekam denselben Inhalt in einer neutralen Verpackung. Die Fitness-Kennzeichnung zeigte Wirkung: Diejenigen, die angegeben hatten, abnehmen zu wollen, griffen stärker zu als andere Studienteilnehmer. Im Durchschnitt nahmen sie dadurch zwischen 50 und 100 Kilokalorien mehr auf. Und hinterher auf dem Ergometer waren sie weniger aktiv. Offenbar glaubt pongo delirens, ‚fitte‘ Nahrung sei ein Ersatz für körperliche Bewegung.

Kopfschmerzen bekommen Schüler in deutschen Klassenzimmern offenbar nicht nur vom Denken. Fast ein Drittel aller Unterrichtsräume ist laut TÜV Rheinland mit Schadstoffen aus Möbeln, Bodenklebern oder Anstrichen belastet. Diese Volatile Organic Compounds (VOC) genannten flüchtigen organischen Verbindungen sind ein Risiko für die Gesundheit. Insbesondere nach Renovierungen, Reparatur- oder Reinigungsarbeiten steigen die temporären Belastungen an. Häufig werden die entsprechenden Schülersymptome aber erst gar nicht mit diesen Arbeiten in Verbindung gebracht.

In diesem Zusammenhang stieß ich kürzlich im IHKS-Fachjournal auf einen schönen Artikel mit dem Titel „Wirksamkeit der natürlichen Lüftung durch Fenster in Parallelabstellung“.
Marcus Hermes, Fraunhofer Institut für Bauphysik, legt darin – zustimmend – „immer mehr Architekten“ folgende Worte in den Mund: „Es kann nicht sein, dass wir Gebäude konzipieren, in denen auch im Sommer die Lüftungsanlage durchgängig läuft – wodurch ein unnötiger Stromverbrauch durch Ventilatoren und andere Komponenten entsteht. Nicht zu vergessen der ganze Reparatur- und notwendige Wartungsaufwand zur Erhaltung der Hygiene einer solchen Anlage.“
Immerhin räumt Christoph Kern, Leiter Innovationsmanagement D+H, im Artikel ein: „Es ist erstmal zu bezweifeln, dass eine reine Parallelabstellung einen ausreichenden Luftaustausch für einen Klassenraum erreicht. Allerdings ermöglicht diese einen permanenten Luftwechsel ohne Zugerscheinungen im normalen Nutzungsbetrieb, wodurch die Luftqualität deutlich langsamer abnimmt.“
Der etwas höhere Wärmeenergiebedarf scheint übrigens kein Problem darzustellen. Die Investitions-, Wartungs- und Stromkosten einer mechanischen Lüftungsanlage seien in der Summe wesentlich höher als diese Lösung – und damit sei es immer noch die deutlich wirtschaftlichere Lösung.

Apropos ein (alter) Witz:

Ein Mann sucht nachts neben einer Laterne auf dem Boden herum.
Ein Passant kommt vorbei und fragt: „Suchen Sie was?“
„Ja, meinen Autoschlüssel.“
Der Passant hilft beim Suchen. Nach einer Weile fragt er: „Sind Sie sicher, dass Sie Ihren Schlüssel genau hier verloren haben?“
„Nö, den habe ich dahinten verloren.“
„Aber warum suchen Sie dann hier?“
„Na, weil hier mehr Licht ist.“

In diesem Sinne bis nächsten Donnerstag.

Artikelnummer: cci35029

Ein Kommentar zu “Der Wüste denkt magisch

  1. Ein eigenes Erlebnis zu diesem Thema:
    RG schrieb:
    >Kopfschmerzen bekommen Schüler in deutschen Klassenzimmern offenbar nicht nur vom Denken. Fast ein Drittel aller Unterrichtsräume ist laut TÜV Rheinland mit Schadstoffen aus Möbeln, Bodenklebern oder Anstrichen belastet. Diese Volatile Organic Compounds (VOC) genannten flüchtigen organischen Verbindungen sind ein Risiko für die Gesundheit. < Vor einiger Zeit durfte ich an einem Münchner Gymnasium einen Vortrag über Energieeffizienz durch Gebäudeautomation halten. Dabei habe ich auch auf die Notwendigkeit der mechan. Lüftung zur Erhaltung der Luftqualität gesprochen. Eines der Argumente waren die VOC wie oben von RG beschrieben. Nach dem Vortrag wurde ich vom anwesenden CSU Stadtrats-Abgeordneten streng zurechtgewiesen, dass ich solche Äußerungen - die ja nicht bewiesen sind - niemals öffentlich, und schon gar nicht an Schulen von mir geben dürfe. Nun ja - ich bekam nie mehr eine Einladung nach München, der Stadt von Max Josef Pettenkofer. Ja, ja: "pongo delirens" oder schlimmer. ----- Auch zum Thema Architekten, die ihrem Bauherren versprechen, ein "enttechnisiertes" Gebäude zu bauen, habe ich praktische Erfahrungen. Am Ende hat sich jeder Abteilungsleiter so ein "Kühlgerät" mit Abluftschlauch aus dem geöffneten Fenster zugelegt, um wenigstens etwas "arbeiten" zu können. Diese Enttechnisierung war dann unter dem Strich "äusserst energieeffizient"!

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