Meinung: Digitale Messen müssen nicht forciert werden

Peter Reinhardt (Abb. © cci Dialog GmbH)

Während sich rund 33.000 Besucher und Aussteller vom 8. bis 10. Oktober auf der Chillventa in Nürnberg getummelt haben, hat das Robert-Koch-Institut für Deutschland rund sieben Millionen akute Atemwegserkrankungen gemeldet. Das weckt in mir Erinnerungen an die Corona-Pandemie und den zum Schutz der Bevölkerung verhängten Lockdown. Trotzdem bin ich überzeugt, dass digitale Messeformate nicht forciert werden müssen.

Während der Corona-Pandemie kamen digitale Messeformate wie Pilze aus dem Boden geschossen. Und so hatte auch die NürnbergMesse 2020 mit einem digitalen eSpecial versucht, die in Präsenz untersagte Chillventa ins Internet zu transformieren. Ein nachvollziehbarer Versuch, aber auch „ein Schuss aus der Hüfte, mitten hinein ins Blaue“, wie der Marketingleiter des Kälte- und Klimatechnikanbieters Swegon Deutschland anschließend befand. Was folgte, waren Verlautbarungen, das Format weiterentwickeln zu wollen. Man will schließlich gewappnet sein, sollten Live-Veranstaltungen erneut untersagt werden.

Doch ist das wirklich geschehen? Das habe ich mich nach der diesjährigen Chillventa gefragt, die vom 8. bis 10. Oktober wie gewohnt live vor Ort in Nürnberg stattgefunden hat. Nein, ganz sicher nicht! Ist das ein Problem? Nicht wirklich. Denn seien wir einmal ehrlich: Echte Begegnungen von Mensch zu Mensch sind nicht zu ersetzen. Nicht durch Online-Chats, nicht durch Video-Calls, nicht durch digitalen Content. Wie die aktuellen Aussteller- und Besucherzahlen (1.010 Aussteller 32.796 Besucher, siehe hier) der Chillventa zeigen, sind wir wieder zurück zur Normalität gekommen. Und ich bin überzeugt, das Erlebnis persönlicher Begegnungen auf der Messe lässt sich nicht digital nachahmen.

Insofern kann ich verstehen, dass seitens des Veranstalters nicht viel mehr unternommen wurde, als die Messe-Website der Chillventa aufzufrischen und mit zusätzlichen Inhalten zu bespielen. Das gilt analog für nahezu andere Messen. Auch wenn die Anfang der 2000er Jahre aufgekommene Idee der virtuellen Messe nun schon bald 25-jähriges Jubiläum feiert, ist und bleibt Deutschland ein Land der Präsenz-Messen. Etwa 166 internationale und nationale Messen mit gut 7,5 Millionen Besuchern hat der Verband der deutschen Messewirtschaft AUMA 2023 hierzulande gezählt. Die Anzahl an Messen liegt damit knapp über dem Wert von 2019, dem letzten Messejahr vor der Corona-Pandemie, die Besucherzahl liegt nur noch 15 % hinter dem 2019er Wert zurück. Und so wie ich gehen die meisten Aussteller und Besucher ausgesprochen gerne auf Messen. Daher fehlt mir der Glaube, dass eine digitale Messe auch nur annähernd das ersetzen kann, was es live vor Ort im wahrsten Sinne des Wortes zu begreifen gibt. Allen technischen Möglichkeiten zum Trotz sind und bleiben digitale Messen für mich allenfalls Lückenbüßer, deren Koexistenz mit echten Messen nicht forciert werden muss.

In diesem Sinne blicke ich heute schon erwartungsvoll auf die GET Nord vom 21. bis 23. November in Hamburg und die ISH, die vom 17. bis 20. März des nächsten Jahres in Frankfurt stattfindet.

Peter Reinhardt, peter.reinhardt@cci-dialog.de

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2 Kommentare zu “Meinung: Digitale Messen müssen nicht forciert werden

  1. Mutige Messe-Meinung, Herr Reinhardt! Die (Steigerung der) Besucherzahlen bei der Chillventa 2024 haben gezeigt, dass es wohl noch eine nicht unbeträchtliche Anzahl an LüKK-Leuten gibt, die das Live-Erlebnis auch noch schätzen. Mutig zudem auch deshalb, weil es selten geworden ist, digitale Formate und Transformation um jeden Preis auch mal zu hinterfragen. Noch leben wir in einem freien Land und ein jeder möge für sich herausfinden, wie Informationen und Erlebnisse am besten organisiert werden. In diesem Zusammenhang finde ich den Kommentar von Herrn Siegismund interessant, seinen Vorschlag verfolgenswert. Ich für meinen Teil war jedenfalls wieder gerne in Nürnberg und freue mich schon jetzt auf kommende Wiederbegegnungen, nachdem ich meine Erkältung auskuriert habe. An alle, denen es ebenso geht: Gute Besserung. An alle anderen auch viele Grüße… Bernhard Schöner

  2. Ich erlebe jeden Werktag am Morgen, wenn ich den Rechner einschalte eine digitale Messe. Schon mit cci Dialog und dann vielen Werbemails! Und so sind schnell die ersten 30 Minuten täglich verbracht – die Löschtaste muss schnell das für mich unnütze entfernen, denn Zeit ist kostbar! Und manchmal sieht man etwas Neues, kann es speichern, lesen, kennenlernen und Unterlagen anfordern. – Digitale Messen, wenn überhaupt noch gewünscht, sollten sich vielleicht besser auf kleine Gebiete eines Fachs beschränken und dann nicht die ganze Lufttechnik zeigen wollen. Z.B. nur „Sensoren Luftqualität“, „Wärmerückgewinn aus Abwasser“ etc. eben nur spezielle Teilgebiete mit den Produkten verschiedener Hersteller – dann sehe ich eine Chance, die vielleicht beachtet wird. Und das Thema sollte schon in der Betreffzeile stehen.
    Freundliche Grüße Reinhard Siegismund

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