Darf von den a.a.R.d.T. abgewichen werden?

Ist es rechtlich möglich, von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abzuweichen? Ein Gerichtsurteil schafft Klarheit.

LüKK-relevante Gerichtsurteile in cci Branchenticker (Abb. © Rafa Irusta/Fotolia.com) Grundsätzlich ist es möglich, von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abzuweichen. Allerdings bedarf dies einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien und hat dort Grenzen, wo Gefahren für Leib und Leben drohen. So das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf (16. Juni 2017 – I-22 U 14/17*.

Ein Werkunternehmer oder Planer, der von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abweichen will, muss seinen Auftraggeber deutlich darauf hinweisen und über mögliche Folgen umfassend belehren. Ein solcher Hinweis sollte aus Gründen der Beweislast schriftlich erfolgen und sorgfältig dokumentiert werden. Fehlt eine solche Vereinbarung, hat der Auftragnehmer Nacherfüllung zu leisten. Wenn der Auftragnehmer die Aufklärung nicht sicherstellt, kann auf keinen Fall von einer Zustimmung des Auftraggebers mit der abweichenden Leistung ausgegangen werden.

Vereinbarung von Abweichungen
Soll eine Werkleistung das Risiko bestimmter Gefahren abwehren, ist das Werk bereits dann mangelbehaftet, wenn nur das Risiko des Gefahreintritts besteht. Muss beispielsweise die Dämmplatte einer Fußbodenheizung ausgetauscht werden, gehören die De- und Remontage des Estrichs, also auch Arbeiten außerhalb des Gewerks, zum Nacherfüllungsumfang. Auch der baubegleitende Planer ist betroffen. Im Rahmen der Leistungsphase 5 ist der Architekt verpflichtet, die Ausführungsdetails umfassend zeichnerisch darzustellen. Die Ausführungsplanung muss bei schadensträchtigen Details besonders differenziert und für den Unternehmer in einer jedes Risiko ausschließenden Weise deutlich sein (in Bezug auf die Wärmedämmung ggf. bis zum Maßstab 1:1). Fertigt der Architekt die notwendigen Ausführungspläne nicht, ist das ein Planungsfehler. In diesem Fall kommt eine Gesamtschuldnerschaft in Betracht.

Was sind a.a.R.d.T.?
Laut dem Oberlandesgericht Nürnberg (Urteil vom 25. Juli 2002 – 13 U 979/02) sind allgemein anerkannte Regeln der Technik „auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischen Erfahrungen beruhende, allgemein bekannte, anerkannte und bewährte technische Regeln für den Entwurf, die Ausführung und die Unterhaltung baulicher Anlagen“.

* Berufungsurteil auf das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 30. Dezember 2016. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Artikelnummer: cci62661

Ein Kommentar zu “Darf von den a.a.R.d.T. abgewichen werden?

  1. GASWARNER Nachrüstung zu Lasten der Fachunternehmer bei Split Klima?

    Nach diesem Urteil wäre dem so, wenn es jemandem gelänge, rechnerisch ein Risiko für Leib und Leben der Nutzer festzustellen, wenn Leckagen im Gebäude entstehen und größere Mengen Kältemittel austreten.

    Weder die Einhaltung von Normen und Richtlinien, noch die Installation nach den anerkannten Regeln der Technik entbinden, nach diesem Urteil, den Fachunternehmer von der Pflicht, sein Werk Nachzubessern sofern das Risiko besteht.

    To big to fail oder etwas, auf das ein Unternehmer sich vorzubereiten hat?

    Legt doch gerade die Diskussion über brennbare Kältemittel die Sicherheitsdatenblätter in den öffentlichen Fokus. Ist doch die Brennbarkeit nur Punkt Eins der Risiko Analyse. Punkt Zwei, die Wirkung bei Einatmen und Punkt Drei, die toxischen Zersetzungsprodukte im Brandfall ein Thema, das mich persönlich seit Mitte der 90er beschäftigt.

    Wichtig wäre zu wissen, ob in diesem Fall eine Verjährung überhaupt eintreten kann.

    Ein y2k Problem der Klima Branche?

    Aktuell weist Panasonic für größere Anlagen in der Dokumentation aus, das die Installation einer Gaswarnanlage „dringend empfohlen“ ist.
    Weitere kündigen integrierte Gaswarner und pump down bei Detektion für die Zukunft an.
    Die Unterlassung in der Vergangenheit bietet dann eventuell die Möglichkeit zur Weiterbelastung der Kosten.

    Das Schöne für Meister, Techniker und Ingenieure an dem Urteil: Solange unser Werk sicher ist und funktioniert, können wir machen was wir wollen sofern nichts Anderes im Vertrag steht

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