Das Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hat in seiner aktuellen Ausgabe einen Artikel über den illegalen Handel mit Kältemitteln veröffentlicht. In dem Beitrag wird unter anderem über verdeckte Recherchen und Kontakte zu illegal agierenden Kältemittelhändlern berichtet. Bei den Recherchen wurde die Spiegel-Redaktion vom VDKF unterstützt.
Unter dem Titel „Wie verbotenes Kältemittel nach Deutschland gelangt“ berichtet der Spiegel in seiner neusten Ausgabe (49/2024) über den weltweiten illegalen Kältemittelhandel. Neben verdeckten Recherchen zu illegal agierenden Kältemittelhändlern geht der Spiegel in dem Beitrag auch auf den Kältemittelmarkt an sich, die Auswirkungen der F-Gase-Verordnung und die Gefahren bei der Verwendung von Kältemitteln aus dubiosen Quellen ein. Für die Recherchen hat das Hamburger Nachrichtenmagazin zusammen mit Reportern der österreichischen Tageszeitung „Standard“, Wien, verdeckt auf mehreren Plattformen nach Angeboten für Kältemittel gesucht und sich als Kaufinteressenten ausgegeben. Die Reporter haben nach eigenen Angaben mehr als 15 Händler per Mail, WhatsApp oder telefonisch angefragt. „Eines der Unternehmen bot sogar R22 zum Verkauf an, ein Kältemittel, das der Ozonschicht schadet und für Neuanlagen bereits seit über 24 Jahren streng verboten ist“, heißt es im Artikel. Acht Händler boten laut Spiegel die Lieferung von illegalen Einwegbehältern an, zwei deutsche Händler wollten die rechtlich verpflichtenden Dokumente zur Herkunft des Kältemittels nicht ausstellen. „Dabei sind genau diese Angaben seit 2021 gesetzlich verpflichtend, da durch sie die Quote überprüft werden kann“, heißt es weiter. In der F-Gase-Verordnung 2024/573 ist der schrittweise Phase-down, also die kontinuierliche Verringerung der verfügbaren Menge an F-Gasen, die in der EU jährlich neu auf den Markt gebracht werden dürfen, vorgeschrieben. Im Artikel weisen die Autoren darauf hin, dass bereits kleinste Mengen von Kältemitteln großen Schaden anrichten, wenn sie entweichen. Deswegen gäbe es laut Spiegel die EU-Beschränkungen für den Verkauf. Die Nachweise der Quoten müssen beim Weiterverkauf vorliegen. „Doch das System ist löchrig“, zeigt die Spiegel-Recherche.
Unterstützung hat der Spiegel vom Verband Deutscher Kälte-Klima-Fachbetriebe (VDKF), Bonn, erhalten, der auch in einem aktuellen Post auf LinkedIn (siehe hier) darüber berichtet. Christoph Brauneis, Beauftragter für Politik und Medien beim VDKF, gegenüber cci Branchenticker: „Vor einem guten halben Jahr ist eine Spiegel-Redakteurin, die online einen Beitrag von mir dazu gelesen hatte, mit ein paar Fragen zum Thema Kältemittelhandel auf mich zugekommen. Und daraus hat sich dann eine intensive Zusammenarbeit ergeben. Wir konnten die Spiegel-Redaktion bei den Recherchen in den vergangenen Monaten intensiv unterstützen; zahlreiche Hintergrundinformationen und Bewertungen im Artikel basieren auf diesen Gesprächen.“ Der VDKF hatte in diesem Zusammenhang auch einen Aufruf in seinem Mitgliederkreis gestartet. „Wir konnten Kontakte zu Behörden und Kälte-/Klimafachbetrieben vermitteln, E-Mail-Angebote von Online-Händlern weiterleiten und standen für Nachfragen im regelmäßigen Austausch mit der Spiegel-Redaktion“, so Brauneis.
Erst vor einer Woche hatte der VDKF auf LinkedIn über die vom Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) geleitete gemeinsame Zollaktion „KHIONE“ berichtet, die von Mai bis Oktober 2024 lief (siehe hier). OLAF gehe davon aus, dass ein Großteil der problematischen Kältemittel aus China stammt und oftmals über Schiffscontainer oder auf dem Landweg über die Türkei oder die Ukraine in die EU gelangen.
„Seitdem legale F-Gase aufgrund der EU-Auflagen immer knapper werden, steigt der Anreiz für Kriminelle, die Mittel illegal einzuführen und zu verkaufen, vorbei an der Quote. (…) Experten schätzen, dass allein 2021 F-Gase mit einer möglichen Klimawirkung von bis zu 39 Mio. t CO2 illegal über die EU-Grenze gelangten“, so der Spiegel. Ende Oktober beschlagnahmten die niederländischen Behörden im Hafen von Rotterdam vier Container mit illegalen Kältemitteln, 4.800 Zylinder im Wert von schätzungsweise 1,5 Mio €. Und das sei nur die Spitze des Eisbergs, heißt es bei OLAF. „Die Kontrollen finden kaum statt und sind daher nicht abschreckend“, wird Brauneis im Spiegel-Artikel zitiert. Das sei nicht nur für das Klima gefährlich. „Bei illegalen Gasflaschen weiß niemand, mit welchem Gasgemisch sie wirklich befüllt wurden. Manche Kältemittel sind brennbar oder giftig. Zudem können Geräte kaputtgehen, wenn sie mit falschen Kältemitteln befüllt werden“, so Brauneis weiter.
Immer wieder berichten auch cci Branchenticker und cci Zeitung über den illegalen Handel mit Kältemitteln. Anfang März hatte auch die ARD das Thema aufgegriffen und eine 45-minütige Dokumentation „Eco-Crimes – Gefährlicher Gas-Schmuggel“ gesendet. Mehr dazu in der Meldung „ARD-‚Krimi‘ über Kältemittel-Schmuggel“ (siehe cci270168).
cci287548
Jede Art der Vervielfältigung, Verbreitung, öffentlichen Zugänglichmachung oder Bearbeitung, auch auszugsweise, ist nur mit gesonderter Genehmigung der cci Dialog GmbH gestattet.