Der Wüste: Recycling

Zwei leicht schräge Meldungen aus dem Umwelt- und Gesundheitsschutz

(Abb. cci Dialog GmbH) Alter Schwede

„In Schweden funktioniert das Recycling so effizient, dass Abfall aus Norwegen und Deutschland importiert werden muss“, las ich neulich. Die Formulierung machte mich stutzig und ich recherchierte. „Schweden recycelt über 99 % seiner gesamten Abfallmenge. Gerade 1 % landet auf Mülldeponien“, fand ich heraus. So weit so gut. Aber jetzt kommt’s: „Schwedens Recyclingprogramm ist bisher enorm erfolgreich, und fast die Hälfte der gesamten Haushaltsabfälle wird durch die Verbrennungsanlagen in nutzbare Energie umgewandelt.“ Mit anderen Worten: Müllverbrennung und Recycling werden in Schweden (oder zumindest in der Pressemeldung) synonym gebraucht. Da die Schweden so begeisterte Verbrenner sind, haben sie auch jede Menge Verbrennungsanlagen erbaut – und zwar so viele, dass man den Abfall, um die Verbrennungsanlagen am Laufen zu halten, jetzt in den Nachbarländern kauft, obwohl man gegenüber 1985 drei Mal so viel Abfall generiert. Die heutigen 32 schwedischen Verbrennungsanlagen generieren Wärme für 810.000 und Elektrizität für 250.000 private Haushalte (die skandinavische Nation hat insgesamt 9,5 Millionen Einwohner). Die übriggebliebene Asche mit ihren schädlichen Dioxinen wandert übrigens zurück auf die heimischen Mülldeponien. Schweden bleibt sauber und hat ganz toll „recycelt“. Unter Recycling hatte ich mir bisher allerdings etwas Anderes vorgestellt als Verbrennung.

Freie Bahn für fette Raucher

Kosten Raucher, weil sie irgendwann krank werden? Oder entlastet ihr frühes Ableben die Rentenkassen, sodass die Beitragszahler profitieren? Zwei Forscher haben das für Deutschland ausgerechnet. Die Wirtschaftswissenschaftler Florian Steidl und Berthold Wigger vom Karlsruher Institut für Technologie verglichen in Modellrechnungen die reale Gesellschaft des Jahres 2011 mit einer, die nur aus Nichtrauchern besteht. In der realen Gesellschaft rauchen rund 30 % der Männer ab 15 Jahren, 24 % sind Ex-Raucher und 46 % haben nie geraucht. Bei den Frauen sind 21 % Raucherinnen und 15 % haben früher geraucht. 64 % nie. Anderen Untersuchungen zufolge sterben Raucher im Schnitt zwölf Jahre früher als lebenslange Nichtraucher, Raucherinnen verlieren durch die Sucht durchschnittlich elf Lebensjahre.
Die Forscher beziffern die sogenannten externen Nettokosten der medizinischen Behandlungen von Raucherkrankheiten auf 65 Mrd. €. Dazu kommen 18,5 Mrd. € an Erwerbsminderungsrenten und 6,8 Mrd. €, die aufgrund des Rauchens dienstunfähige Beamte erhalten. Renten und Gelder für verwitwete Partner verursachen Mehrkosten von 67,1 Mrd. €. Dem gegenüber stehen Einsparungen von 158,4 Mrd. € der Rentenkasse sowie 35,5 Mrd. €, die nicht an pensionierte Beamte ausgezahlt werden müssen.
Unterm Strich entlastet Rauchen die Sozialversicherten und Steuerzahler also, denn die reale Gesellschaft ist um 36,4 Mrd. € günstiger als eine nur aus Nichtrauchern bestehende. Dazu kommen noch staatliche Tabaksteuereinnahmen von 375,7 Mrd. €, die die Raucher laut dem Modell Zeit ihres durchschnittlichen Raucherlebens von 27 Jahren zahlen (Zuletzt lagen die Einnahmen durch die Steuer bei rund 14 Mrd. € im Jahr).
Andere Forscher beziffern die jährlichen Kosten des Rauchens in Deutschland teils auf 30 bis 35 Mrd. €, teils auf bis 90 Mrd. €. „Das sind Bruttorechnungen, wir haben Nettoeffekte ermittelt“, so Wigger. Wenn zum Beispiel ein Raucher mit 70 Jahren dem Lungenkrebs erliege, könne er nicht mehr mit 80 Jahren an Darmkrebs sterben. Bereits 2008 waren niederländische Forscher zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen: Gesunde, schlanke Menschen sind demnach für das Gesundheitssystem letztendlich teurer als Übergewichtige oder Raucher.

Im Übrigen kann man tote Raucher ja vielleicht auch noch recyclen, aufgrund ihres Teergehalts etwa als Straßenbelag. In diesem Sinne bis nächsten Donnerstag.

Artikelnummer: cci35349

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