IQ.Wissensforum bei Hosch: Hochleistungsgebäude brauchen Gebäudeautomation

von links: Frank Burkhardt (Geschäftsleiter Hosch Neue Systeme und Schaltanlagenbau), Prof. Michael Krödel (Geschäftsführer des Instituts für Gebäudetechnologie), Heike Marcinek (Leiterin Innovation & Transformation Deutsche Energie-Agentur), und Hosch-Geschäftsführer Holger Schaefe (Abb. © U. Manzke)

Am 23. Januar hat in Teltow bei Berlin zum neunten Mal das „IQ. Wissensforum“ bei Hosch stattgefunden. Das Motto der Veranstaltung, „Das Gebäudeenergiegesetz und die Gebäudeautomation – Anforderungen und Handlungsfelder“, hat offenbar großes Interesse erzeugt und für voll besetzte Reihen gesorgt. Für cci Branchenticker vor Ort war Uwe Manzke, freier Journalist aus Berlin.

„Mit vernetzten Systemen und Daten können wir den Energieverbrauch auf einfachste Art optimieren. Den intelligenten vernetzten Systemen und der Kommunikation in Gebäuden gehört die Zukunft! Wir steigern die Energieeffizienz und tragen so auch zur Senkung der Kosten, Transparenz, und dem Komfort für Betreiber und Vermieter bei.“ – Mit diesen Worten eröffnete Holger Schaefe, Geschäftsführer der Hosch Gebäudeautomation GmbH, Teltow, das neunte „IQ.Wissensforum“ am 23. Januar in der Unternehmenszentrale. Die Referenten Heike Marcinek, Leiterin Innovation & Transformation bei der Deutschen Energie-Agentur GmbH, und Prof. Michael Krödel, Geschäftsführer des Instituts für Gebäudetechnologie (IGT), Neubiberg, und Professor für Gebäudeautomation und -technik an der Technischen Hochschule Rosenheim, teilten ihre Perspektiven auf die letzte Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), die mit Paragraf 17a erstmals Vorgaben für eine automatisierte Gebäudetechnik in Nichtwohngebäuden regelt.
Seit der Gründung des IGT vor 13 Jahren beobachtet Prof. Krödel die Marktentwicklung und die jüngsten Auswirkungen durch das novellierte GEG in der Gebäudeautomation. Er berichtete über den juristischen Interpretationsspielraum und die Ermittlung von Einsparpotenzialen intelligenter Gebäudeautomation (GA). In seinem Vortrag ging er auch auf die Aktualisierungen der EU-Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden 2024 (EPBD) und einer diesbezüglichen Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz ein. Basierend auf der EPBD-Richtlinie aus dem Jahr 2018 wurden, so Krödel, die Vorgaben für die im GEG nach §71a geregelte verpflichtende Gebäudeautomation in Nichtwohn- und Bestandsgebäuden abgeleitet und geregelt. Darin wurden auch die Energieeffizienznormen durch die bereits abgekündigte EN 15232 „Energieeffizienz von Gebäuden“ (2017) festgeschrieben. Diese gilt zwar noch in Deutschland, wird aber künftig zur Bestimmung der GA-Effizienzklassen A bis D durch die weltweit geltende ISO 52120 (Titel ebenfalls „Energieeffizienz von Gebäuden“, 2021) abgelöst. Neubauten sind mit einer Gebäudeautomatisierung entsprechend dem Automatisierungsgrad B nach DIN V 18599 Teil 11 „Energetische Bewertung von Gebäuden, Teil 11: Gebäudeautomation“ (2018) auszustatten. Der Teil 11 der DIN enthält eine reduzierte Checkliste und ist die Grundlage für die Bestimmung der im GEG aufgeführten Automatisierungsgrade. Das GEG schreibt bei Neubauten vor, dass die Heizungs-, Klima- oder Lüftungsanlage mit einer Nennleistung der Heizungs- und Klimaanlage größer als 290 kW mit einer kontinuierlichen elektronischen Überwachung versehen sein müssen. Dieser Schwellwert soll bis zum 31. Dezember 2029 auf 70 kW gesenkt werden. Zusätzlich wird bei betroffenen Gebäuden laut EPBD auch die Überwachung der Raumluftqualität gefordert. Dies gilt ebenfalls für die Installation von selbstregulierenden Einrichtungen und der Umsetzung eines „Intelligenzfähigkeitsindikator“ SRI – Smart Readiness Indicator, der bis Mitte 2027 vorgegeben ist. Diese Anforderungen gelten nach der EPBD 2024, voraussichtlich ab 2029, für Nichtwohngebäude sowie für Wohngebäude. Immerhin wird an anderer Stelle separat zu Wohngebäuden aufgeführt, dass diese mit „wirksamen Steuerungsfunktionen“ auszustatten sind und in der Lage sein sollten, „auf externe Signale zu reagieren und den Energieverbrauch anzupassen.
Was gilt heute bei Bestands-Nichtwohngebäuden? Wenn nach dem GEG die Nennleistung der Heizungs-/Klimaanlage den Wert von 290 kW nicht überschritten wird, sind laut Krödel keine Anforderungen zu beachten. Sollte dieser Schwellwert überschritten werden, ist auf jeden Fall eine Energieüberwachungstechnik inklusive Datenaustausch über firmen- und herstellerunabhängige Schnittstellen sowie Dokumentation zu gewährleisten. Unklar ist, ob dann auch der „Automatisierungsgrad B oder besser“ umgesetzt werden muss. Im GEG 2024 steht in § 71a Absatz 1 zunächst sehr deutlich, dass „große“ Gebäude (das heißt solche mit > 290 kW Nennleistung der Heizung oder Kühlung) bis Ende 2024 mit einem „System der Gebäudeautomatisierung und -steuerung“ nachgerüstet werden müssen. “Die Frage ist somit nicht, ob ein GA-System erforderlich ist, sondern nur, welche die Merkmale eines solchen Systems sind“, so Krödel. Grundsätzlich richtet sich das GEG an der Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen aus. Kann nachgewiesen werden, dass eine Anforderung nicht wirtschaftlich erfüllbar ist, muss sie nicht umgesetzt werden. In diesen Fällen hilft eine gründliche Dokumentation mit entsprechender Begründung”, empfiehlt Krödel.

Heike Marcinek, Leiterin Innovation & Transformation, Deutsche Energie-Agentur GmbH, Berlin, verwies in ihren Ausführungen auf die Sinnhaftigkeit von Gebäudeautomation, indem sie ein Gutachten zur Prüfung der Treibhausgas-Projektionsdaten aus dem Jahr 2024 heranzog. Laut Expertenrat für Klimafragen überschreitet der Gebäudesektor die THG-Emissionen für die Jahre 2020 bis 2030 mit 33 Mt CO2-Äq. “Im deutschen Gebäudesektor haben wir mit der Raumwärme einen entscheidenden Hebel, diese Emissionen zu senken. Unser Gebäudereport vom Jahr 2023 hatte für den Wohnungsbau einen Verbrauch von 557 TWh für Wärme- und Kälteversorgung und Beleuchtung ermittelt. Im Nichtwohngebäudebereich lagen wir bei 330 TWh,” zitiert sie die Ergebnisse. Auch der jüngst erschienene Gebäudereport zeigt: Mit den Ansätzen und Lösungen der Gebäudeautomation, HLK-Technik und Digitalisierung könne der Gebäudesektor energieeffizient gestaltet und die Sanierung im Bestand vorangetrieben werden. Marcinek verwies dabei auch auf eine aktuelle Bitkom-Studie, demnach werden bis 2030 mit Hilfe der Digitalisierung und Betriebsoptimierung der Gebäudetechnik bis zu 15 t CO2 prognostiziert.

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