Kommentar: Es ist mal wieder sehr dringend

Thomas Reuter (Abb. © cci Dialog)

Die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) setzt den Rahmen für Nichtwohngebäude: Ab 1. Januar 2028 müssen in Deutschland (und allen EU-Staaten) die Lebenszyklus-Treibhausgasemissionen von Neubauten (über 1.000 m² Nutzfläche) erfasst und im Energieausweis ausgewiesen werden. Ab 2030 gilt dies für alle Neubauten – und auch bei Sanierungen mit Baugenehmigung. Ist die Branche vorbereitet?

Der CO₂-Fußabdruck von Gebäuden umfasst alle Emissionen: von der Herstellung (Stahl, Beton, Luftleitungen, MSR-Technik) über Transport, Einbau und Betrieb bis zum Rückbau. In Deutschland wird dies über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) geregelt.

Man könnte denken: „2028 ist noch weit weg“ – doch der Fahrplan ist eng. Schon bis 1. Januar 2027 müssen auf nationaler Ebene Grenzwerte und Zielvorgaben für CO₂-Äquivalente (je nach Klimazone und Gebäudetyp) festgelegt werden – bleiben also nur noch 14 Monate. Noch früher, bis Mai 2026, muss die EPBD ins GEG überführt werden. Wieder einmal scheint die Politik die Branche vor sich herzutreiben. Die LüKK- und TGA-Branche wird mit neuen Vorgaben belastet – ähnlich wie bei der F-Gase-Verordnung (seit 2015) oder den Regeln zu synthetischen Kältemitteln im PFAS-Kontext. Beispiele wie die unterirdische Quote energetischer Inspektionen oder die energetische Sanierung zeigen: Auf dem Papier gibt es klare Vorgaben, doch in der Praxis hinkt die Umsetzung hinterher.

Doch beim CO₂-Fußabdruck ist die Lage anders: Banken als Finanziers von Neubauten lassen keinen Spielraum. Hohe Treibhausgasemissionen führen zu schlechteren Kreditratings, höheren Zinsen – oder im schlimmsten Fall zu keiner Baufinanzierung. Große Banken haben bereits CO2-Grenzwerte  definiert, denn auch sie müssen ihr Kreditportfolio an den Klimazielen (Netto-Null bis 2050) ausrichten. Ohne Dekarbonisierungsstrategie fließt kein Geld.

Was sagen die Verbände der LüKK und TGA dazu? Letzte Woche veranstaltete der Herstellerverband RLT ein Webinar, in dem die Dringlichkeit und die konkrete Rolle der TGA beim CO₂-Fußabdruck thematisiert wurden – meiner Meinung nach verpflichtend für alle Beteiligten! Zudem veröffentlichten VDKF und die Landesinnung Kälte-Klima-Technik Hessen-Thüringen/Baden-Württemberg ein Positionspapier mit einem Appell an die Politik: Statt einer „Mini-Novelle aus wahltaktischen Gründen 2025 und einer erneuten GEG-Änderung bis Mai 2026“ fordern sie einen ‚großen Wurf‘ – also eine vollständige, zügige Umsetzung der EPBD-Vorgaben ins GEG. Dem kann ich mich nur vollumfänglich anschließen.

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Thomas Reuter

thomas.reuter@cci-dialog.de

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Ein Kommentar zu “Kommentar: Es ist mal wieder sehr dringend

  1. Die RLT-Branche hat bereits erste Ansätze zur CO2-Bilanzierung ihrer Geräte. Das ist gut und wichtig. In anderen Bereichen ist die graue Energie und der energetische Bedarf noch nicht eindeutig erfasst. Was hierbei hilft, ist ein digitales Abbild des Gebäudes (digitaler Zwilling). Um diesen zu erstellen bietet sich bei Planung, Bau und Betrieb die BIM-Methode an (Building Information Modeling). Nach dem ersten BIM-Hype der vergangenen Jahre wurde es ruhiger um BIM. Mit den politischen Vorgaben erfährt BIM eine neue Bedeutung, die ganz nebenbei das Miteinander der Gewerke verbessert. Das wirkt sich erfahrungsgemäß positiv auf die Qualität und die zeitliche Planung der Gebäude aus. Und damit letztlich auch auf die Kosten.

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