
In einem Wohngebäude hat eine Klimafachfirma zwei Split-Klimageräte installiert. Nun klagt der Hausbesitzer vor Gericht, dass die auf Pauschalwerten berechnete Kühlleistung der Anlagen zu gering sei. Der hinzugezogene Sachverständige schildert den Fall und bittet die Leser um Erläuterungen zu deren Vorgehen und Erfahrungen bei solchen Klimaprojekten.
Der Sachverständige schildert den Fall wie folgt:
Eine Klimafachfirma hat in einem sanierten Mehrfamilienhaus (höchste Klimazone 4 mit viel Sonnenschein) zur Kühlung des Wohn-/Esszimmers und eines großflächig verglasten Studios im Dachgeschoss je ein Monosplit-Klimagerät installiert. Nun klagt der Hausbesitzer, dass die Kühlleistung der Splitanlage insbesondere für das Dachstudio zu gering ausgelegt sei und es dort zu warm werde. In dem Rechtsstreit bin ich als Gutachter mit der Beurteilung der Klage beauftragt worden.
Die Klimafachfirma trägt vor, dass bei solchen Klimaprojekten in Wohngebäuden „eine konkrete Raum-Zieltemperatur von keinem Unternehmen der Branche seriös zugesagt wird“. Der Rechtsvertreter der Klimafachfirma ergänzt: „In solchen Fällen erfolgt die Dimensionierung nach dem in VDI 2078 „Berechnung der thermischen Lasten und Raumtemperaturen“ (2015) im Anhang D beschriebenen vereinfachten Abschätzverfahren“. Hierbei werde die benötigte Kühlleistung auf Basis des Volumens des zu kühlenden Raums ermittelt und mit einem anerkannten Richtwert von 30 bis 35 W/m³ für normal gedämmte Wohngebäude bei mittlerem Fensteranteil und üblichem Sonnenschutz multipliziert. Daraus ergeben sich Kühlleistungen von rund 75 bis 90 W/m². Diese Vorgehensweise würde auch von der Landesinnung Kälte-Klimatechnik Hessen-Thüringen/Baden-Württemberg als praxisgerechtes Verfahren anerkannt, wenn keine vollständigen Planungsdaten vorliegen. Zudem würden auch führende Hersteller von Klimageräten auf diese Vorgehensweise hinweisen, so der Anwalt.
Ich habe die VDI 2078 durchgesehen und konnte darin die Angabe 30 bis 35 W/m³ nicht finden. Auf meine Anfrage bei der vom Anwalt genannten Landesinnung im Hinblick auf die Vereinfachung „30 bis 35 W/m²“ bei der Kühllastberechnung antwortete diese wie folgt:
„Wir müssen leider den Ausführungen der Kälte-Klima-Fachfirma widersprechen. Einen ‚anerkannten Richtwert von 30 bis 35 W/m³ für die Kühllast von klimatisierten Gebäuden gibt es in der Fachliteratur und in unseren Manuskripten nicht.“
Meine Prüfung der tatsächlichen Kühllasten für die beiden Räumen auf Basis eines von uns genutzten Rechenprogramms der VDI 2078 hat ergeben: Das im Wohnzimmer installierte Klimagerät hat in etwa die benötigte Kühlleistung, während das Klimagerät im Dachstudio nur etwa 50 % der benötigten Kühlleistung aufweist. Mir ist durchaus bewusst, dass im Tagesgeschäft eines Klimafachbetriebs mit vielen Angeboten und dann schneller Lieferung und Montage von kleinen Splitklimageräten der Aufwand für eine ordentliche Berechnung der Kühllast nach VDI 2078 zu zeitraubend und damit zu teuer sein dürfte.
Nun meine Fragen an die Leser, insbesondere Planer und Klimafachfirmen:
– Auf welcher Basis ermitteln Sie für ähnliche wie zuvor dargestellte Klimaprojekte im Privatbereich die benötigte Kühlleistung? Erfolgt das auf Basis von Pauschalwerten oder nutzen Sie dazu eine exakte oder überschlägige Kühllastberechnung nach VDI 2078? Und welche Formulare verwenden Sie dazu?
– Welche durch die Klimatisierung erzielbare Raumtemperatur würden Sie einem Kunden angeben?
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Für die Auslegung der Klimaanlagen von besonderen Bauarten hier ggf. die „Dachböden“ ist nach meiner Erfahrung die VDI 2078 nur mit Einschränkungen zu nutzen, die Äquivalenzwerte bei den Durchdringungen sind für die Leichtbauweise „Schuhkarton“ nicht richtig, da die Speichermassen gering sind und schnell aufgebraucht.
In einem ähnlichen Fall mit Gerichtsgutachten zeigte sich, dass die Leicht-(Holz-)bauweise keinerlei Speichermasse an 5 von 6 Seiten des Wohnraumes wirklich vorhanden ist und die Fußbodenheizung mit geringer Massivauflage wenig Speicher zu bieten hat.
Auch bei äußerer Beschattung ist dennoch über die Wärmeleitung mit einem erheblichen Wärmeeintrag bei Sonnenschein im Tagesgang einer Dachgeschosswohnung von 09:00 Uhr bis 16:00 zu rechnen.
Wobei für mich hier nicht die Grundflächen entscheidend sind sondern die für den sommerlichen Wärmeschutz belasteten Wände.
Wärmedämmung der Umfassungswände nützen nichts wenn keine Speichermassen im Raum vorhanden sind.
Ein guter Anhaltswert sind die schon seit Jahrzehnten verwendeten 100 W Kühlleistung pro m² Raumfläche für Büroräume mit mittleren Lasten. Jeder von uns weiß, dass es in einem ausgebauten Dachboden recht warm wird, wenn dieser nicht sehr gut gedämmt ist. Also hätte ich hier einen Zuschlag von 50% für angebracht gehalten. Mit dieser simplen Auslegung hätte es wahrscheinlich funktioniert.