Eine klare Verpflichtung zur aktiven Raumkühlung in der Arbeitsumgebung, die Florian Fischer fordert, beschäftigt unsere Leser und sorgt für eingeschränkten Zuspruch – und für Gegenwind aus der LüKK-Community. Aber auch die Frage eines Lesers zur Klimatisierung eines Hotels (Betonkernaktivierung oder konventionelle Ventilatorkonvektoren?) hat einen weiteren Kommentar generiert. Nachfolgend die Leserkommentare zu Meldungen in cci Branchenticker.
Über unerträgliche Hitze am Arbeitsplatz hat sich diese Woche Florian Fischer in seinem Kommentar „Arbeiten bei 35 °C? Ein unhaltbarer Zustand!“ (siehe cci303069) ausgelassen. Er meint: „Es ist schlicht realitätsfern anzunehmen, dass bei 33, 34 oder gar 35 °C noch konzentriert und effizient gearbeitet werden kann. Fehler häufen sich, die Leistungsfähigkeit sinkt rapide – und die gesundheitliche Belastung steigt dramatisch. Das ist kein Umfeld, das modernes Arbeiten fördert, sondern ein klarer Rückschritt.“ Fischer bemängelt: „Die aktuellen Vorgaben der Arbeitsstättenregel ASR A3.5 erlauben es, dass Beschäftigte in Nichtwohngebäuden bis zu 35 °C Raumtemperatur aushalten müssen – und das, ohne dass eine Pflicht zur aktiven Kühlung besteht. Während europäische Normen wie die DIN EN 16798 („Energetische Bewertung von Gebäuden – Lüftung von Gebäuden“) und die Leitlinien zur Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) deutlich strengere Empfehlungen geben – maximal 26 °C in gekühlten Räumen und 30 °C in ungekühlten Gebäuden –, bleibt die deutsche Rechtslage weit hinterher. Deutschland braucht deshalb dringend eine Anpassung der gesetzlichen Vorgaben. Der Schutz der Beschäftigten darf nicht nur Mindestanforderungen erfüllen, sondern muss die Grundlage für gesunde und produktive Arbeitsplätze bilden. Dazu gehört eine klare Verpflichtung zur aktiven Raumkühlung.“
Dazu meint David Burkhardt: „Natürlich sind 35 °C Raumtemperatur für produktive Arbeit nicht zumutbar, das zeigen uns die verschiedenen geltenden Standards wie EN 16798-1, EN ISO 7730 und weitere Empfehlungen. Als HLK-Ingenieur in einem Schweizer Planungs-Unternehmen profitiere ich im Büro von einem top Klima in einem Neubau von 2023 mit TABS, maschineller Lüftung, außenliegendem Sonnenschutz, großer Speichermasse usw. Die Forderung nach einer gesetzlichen Verpflichtung der normativen Empfehlungen ist aus meiner Sicht trotzdem nicht sinnvoll – und zwar aus verschiedenen Gründen.
In Deutschland wie in der Schweiz wird es kaum genügend finanzielle und personelle Ressourcen geben, um ein solches Gesetz zu vollziehen. Sie sprechen von „Gebäudetyp E“ und Bürokratie-Abbau, wollen aber eine maschinelle/aktive Kühlung für (Büro-)Arbeitsplätze gesetzlich verankern? Die Umsetzungsprobleme beginnen bereits bei einer korrekten Messung der Raumtemperatur an jedem der betroffenen Arbeitsplätze (nach EN ISO 7726).
Dann müssten die Arbeitgeber praktisch alle Homeoffice-Arbeitsplätze aufheben, weil sie im privaten Bereich keinen Einfluss nehmen könnten auf die baulichen und technischen Gegebenheiten. Ich als Mieter könnte gar keine aktive Kühlung installieren lassen. So müsste ich mich an heißen Tagen wieder fünfmal pro Woche in stickige Züge und Busse setzen.
Die Wärmeabfuhr im Raum (über konvektive Systeme oder Strahlungsflächen) stellt nur den erste Teil einer Klimakälteanlage dar. Wie können Sie in einer gebauten Umgebung (z. B. einer Altstadt) unter Einhaltung aller anderen Vorschriften – insbesondere Schallschutz – die Aufstellung einer Kälteanlage mit Rückkühlung (über Erdsonden, Grundwasser, Oberflächenwasser, Aussenluft, Fernkälte usw.) gewährleisten? Wir sollten unsere Ressourcen eher darauf konzentrieren, dass die geltenden Standards bei Neubauten (und Sanierungen, soweit wirtschaftlich und energetisch sinnvoll und machbar) in die Planungs- und Werkverträge aufgenommen und umgesetzt werden. Ein gesetzlicher „Zwang“ zur aktiven Kühlung aller (Büro-)Arbeitsplätze würde zu unzähligen Rechtsstreitigkeiten führen und die Auftragsbücher von Juristen, Gutachtern und Sachverständigen sowie die Kalender von Gerichten füllen. Beraten, Motivieren und Überzeugen anstatt Vorschreiben wäre meine Empfehlung.“
Tobias Mühlauer sagt: „In der Sache gebe ich Herrn Fischer recht. 35 °C im Büro sind kein tragbarer Zustand. Die Lösung ist allerdings nicht, neue Vorschriften oder Gesetze zu fordern (oder gar zu erlassen). Wenn es eines gibt, wovon wir in Deutschland genug haben, dann sind es gesetzliche Regelungen! Ich habe selbst erlebt, welchen Produktivitätsschub der Einbau einer Klimatisierung bringt. Es ist daher ureigenstes Interesse der Unternehmen, Arbeitsplätze zu schaffen, an denen die Mitarbeiter volle Leistung bringen – und zwar unabhängig von der Jahreszeit. Vertrauen wir doch – gerade als Unternehmen – wieder ein bisschen auf Eigenverantwortung. Auch in Deutschland. Auch in 2025.“
„Überall wird Bürokratieabbau gefordert und jetzt kommt einer daher und will wieder neue Gesetze, Verordungen und Normungen“, moniert Ulli Precht. „Davon gibt es ausreichend, auch für dieses Thema. Wann fassen wir uns in den Interessenverbänden endlich mal an die eignene Nase und sorgen zum Beispiel erst mal dafür, das umgesetzt wird, was jetzt schon geht? Wenn ein Arbeitgeber produktive Arbeitsplätze haben will, wird er sich aus eigenem Interesse selber darum kümmern, dafür gibt es ausreichend Vorlagen, Gesetze, Richtlinien Empfehlungen. Das kann jeder AG/Bauherr bei Sanierungen und Neubauten beachten und – vor allem bei Sanierungen – soweit wirtschaftlich vertretbar nach geltenden Regeln umsetzen. Konzentrieren wir uns doch darauf, erst mal das umzusetzen, oder auch alle dazu anzuhalten, es auch wirklich zu tun, was jetzt schon alles möglich ist, bevor wieder nach neuen Regularien rufen. Meist wird noch nicht mal umgesetzt, – gerne aus Kostengründen – was heute schon möglich ist.
Da der Arbeitgeber über den Privatwohnbereich keinerlei Mitbestimmungsrechte hat, und gegebenfalls diese Vorgaben dort nicht sicherstellen kann, die hier gefordert werden, fällt dann eventuell mit den (neuen) Forderungen das Thema Homeoffice unter den Tisch.“
Udo Jung schließt sich dem Kommentar von David Burkhardt an: „Herr Burkhardt weist zu Recht auf die praktischen Schwierigkeiten einer gesetzlichen Verpflichtung zur aktiven Kühlung hin – angefangen bei der messtechnisch korrekten Erfassung von Raumtemperaturen bis hin zu Vollzugs- und Umsetzungsfragen. Diese Bedenken sind ernst zu nehmen. Dennoch sollten wir die Diskussion nicht auf Temperatur allein reduzieren.
Gesundheit im Arbeitsumfeld bedeutet mehr als die Abwesenheit von Hitze. Das Raumklima wird durch mehrere Faktoren bestimmt: Temperatur, Luftfeuchtigkeit, CO₂-Gehalt, Luftreinheit und Luftbewegung. Aus dieser Perspektive geht es nicht nur um die ‚Zumutbarkeit‘ von 35 °C, sondern um die Grundlage gesunder Arbeitsbedingungen. Räume, in denen Menschen über Stunden konzentriert arbeiten müssen, benötigen nicht nur Kühlung, sondern vor allem eine kontrollierte Frischluftversorgung, eine stabile Luftfeuchtigkeit und eine Begrenzung von Schadstoffen. Moderne Klima- und Lüftungssysteme erfüllen diese Aufgabe: Sie kombinieren Kühlung, Frischluftzufuhr, CO₂-Management und Luftfeuchte-Regelung zu einem hygienischen und produktiven Raumklima. Wenn wir also über Anpassungen von Gesetzen und Regeln sprechen, sollte das Ziel nicht primär ‚aktive Kühlung‘ heißen, sondern ‚ganzheitlicher Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz‘! Hierzu gehören klare Anforderungen an Luftqualität – ähnlich wie in vielen europäischen Ländern, wo Mindestvolumenströme für Außenluft gesetzlich verankert sind. Ein Richtwert von 25 m³/h Außenluft pro Person ist hier ein tragfähiger und wissenschaftlich belegter Mindestwert. Diese Perspektive hilft, die Debatte aus der Ecke von ‚mehr Bürokratie‘ herauszuführen und hin zu einer fachlich fundierten Definition von gesunden Arbeitsumgebungen. Die Debatte über Hitzewellen und Arbeitsstättenrichtlinien sollte daher dringend erweitert werden: von der einseitigen Temperaturgrenze hin zu einer modernen Definition von gesunden und produktiven Innenräumen.“
Florian Fischer hat auf jeden Kommentar reagiert – seine Reaktionen sind unter dem jeweiligen Kommentar zu finden.
Und auch weiterhin hat der Beitrag „Leser helfen Lesern: Dicke Luft wegen Klimatisierung im Hotel“ (siehe cci302771) vom 18. August für Kommentare gesorgt. Hier geht es darum, dass ein Sachverständiger die Klimatisierung eines Hotels beurteilen soll. Was ist für die Gästezimmer des Hotels besser geeignet: Betonkernaktivierung plus Induktionsgeräte mit Kühl- und Heizungsanschluss oder konventionelle Ventilatorkonvektoren, ebenfalls mit Frischluftversorgung? Der verantwortliche Planer bezeichnet letztere Technik als veraltet.
Nachdem sich bereits Georg Tale, Arwid Theuer-Kock und Hans Christian Sieber (ihre Kommentare sind unter dem Beitrag zu finden) geäußert haben, hat Christian Schneider den Beitrag nun wie folgt kommentiert: „Weder konventionelle Ventilatorkonvektoren noch die Betonkernaktivierung halte ich für die geeignete Lösung zur Klimatisierung von Hotelzimmern. Ventilatorkonvektoren gelten zwar als bewährte Technik, bringen aber im Hinblick auf den Raumkomfort erhebliche Nachteile mit sich: Zuglufterscheinungen, Geräuschentwicklung, trockene Luft sowie ein hoher Platzbedarf im Gebäude und Wartungsaufwand. Auch die Energiekosten sind ein nicht zu vernachlässigender Faktor. Die Betonkernaktivierung ist für mich für Hotelzimmer aufgrund ihrer Trägheit ungeeignet. Gäste erwarten eine schnelle und flexible Anpassung an ihre individuellen Komfortwünsche. Zudem entsteht beim Kühlen stets die Notwendigkeit einer Entfeuchtung, die sich mit einer reinen Betonkernaktivierung nicht abbilden lässt, so dass ich die Frischluft über eine Lüftungsanlage vortrocknen muss. Als zukunftsfähige Lösung sehe ich moderne Klimadecken, die neben dem Heizen und Kühlen auch Feuchte zwischenlagern können. Dadurch lässt sich die Lüftungstechnik auf den hygienisch erforderlichen Luftwechsel reduzieren – ohne Zugluft, Geräuschbelastung oder trockene Raumluft.“
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Lieber Herr Christian Schneider, es werden viele Energien genannt, die alle ihre Daseinsberechtigungen haben. Was immer wieder auffällig ist, dass wir ständig über Komfortwünsche-Komfortzonen etc. sprechen. Um Klimafreundlich zu werden(das hört sich schon wieder so Neumalklug an) sollten wir eigenmtlich auch die Wünsche und in besonderem die Komfortwünsche einmal neu betrachten und auch ändern. Welche Mögichkeiten hätten wir den hier zur Verfügung. Ich denke eine Menge. An diesem Kernpunkt sollte sich doch einemal die Gebäudetechnik neu ausrichten.
Dann wünsche ich ihnen allen ein erholdahmes Wochenende.
Olaf Mayer (SV)