Aktive Nachwuchsförderung sollte bereits im Kindergarten beginnen. Frei von irgendwelchen Vorbehalten könnten Kinder somit frühzeitig beispielsweise den Wert des Handwerks verstehen und weitertragen.
Wenn ich an meine Kindergartenzeit zurückdenke – lange ist es her –, erinnere ich mich daran, dass ständig gesungen wurde. Ein Dauerbrenner war das Volkslied „Wer will fleißige Handwerker seh‘n“. Es ist schon über 120 Jahre alt und thematisiert verschiedene Handwerksberufe wie Maurer, Glaser, Maler aber auch Tischler, Schuster und Schneider. Anlagenmechaniker SHK oder Mechatroniker für Kältetechnik kommen zwar nicht darin vor, die Strophen ließen sich aber entsprechend erweitern. Worauf ich jedoch hinaus will und was ich gut finde, ist, dass schon früher im Kindergarten durch Spiel- und Bewegungslieder das Handwerk aufgegriffen und den Kindern nähergebracht wurde, wenn auch nur rudimentär.
Heutzutage sind die Geschichten von „Bob der Baumeister“ angesagt, der mit einem Team aus sprechenden Baumaschinen sämtliche Arbeiten erledigt, die in seiner Gemeinde anfallen. Dabei werden auch Konfliktauflösung und Teamarbeit durch Geschichten übers Reparieren, Bauen, Baggern, Malern oder Klempnern vermittelt. Letztes Jahr ist das Kinderbuch „Bella Baumädchen“ erschienen. Autorin ist Sandra Hunke, eine junge SHK-Anlagenmechanikerin, die mit ihrem Buchdebüt Nachwuchswerbung betreiben und mit Geschlechterklischees vor allem im Handwerk aufräumen möchte. Das ist richtig und wichtig, zumal junge Frauen, die mit einer handwerklichen Ausbildung liebäugeln, sich auch heute noch gegen vielerlei Widerstände behaupten müssen – auf dem Ausbildungsmarkt, aber auch innerhalb der eigenen Familie. Dabei sollten gerade Eltern ihren Sprösslingen ausreichend Freiraum bieten, die eigenen Interessen und Stärken zu entfalten – und dabei geistige wie manuelle Fähigkeiten gleichermaßen fördern. Ich denke, dass eine (früh)pädagogische Thematisierung helfen kann, Schubladendenken zu überwinden. Somit erhielten auch Eltern, die von ihrem Nachwuchs eher eine akademische Laufbahn erwarten, einen Denkanstoß.
Ich würde mir wünschen, dass Bücher wie „Bella Baumädchen“ nicht nur den Weg in die Kinderzimmer, sondern auch in die Kitas finden. Meines Erachtens sollten Kinder möglichst früh ans Handwerk herangeführt werden. Von meinen Kindern weiß ich, dass es in ihrem Kindergarten und in ihrer Grundschule kaum der Fall ist. Das ist schade, doch es gibt auch positive Beispiele, wie den Kita-Wettbewerb des Handwerks “Kleine Hände, große Zukunft”. Dort erhalten 3- bis 6-Jährige praxisnahe Einblicke in die Vielfalt des Handwerks. Das Projekt gibt es seit zehn Jahren, 1.700 Kindertageseinrichtungen haben bisher mitgemacht, bei bundesweit rund 60.000 Kitas ist also noch viel Luft nach oben. Das Ganze steht und fällt allerdings mit dem Engagement der Handwerksbetriebe – auch aus der LüKK –, die Hand in Hand mit den Erziehern zusammenarbeiten. Eine aktive Nachwuchsförderung ist gefragt und man sollte diese Chance, möglichst schon heute die Fachkräfte von morgen zu gewinnen, auf jeden Fall nutzen.
Ihr Torsten Wiegand
torsten.wiegand@cci-dialog.de
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Lieber Herr Wiegand,
natürlich gebe ich Ihnen recht: Je früher, desto besser! Bedenken müssen wir jedoch auch den Trend der letzten Jahrzehnte, bloß nicht im Geringsten den Anschein erwecken zu wollen, dem Kind und damit Nachwuchs etwas vorzuschreiben. Es soll sich frei und ungezwungen entwickeln. Das geht bekanntermaßen in Einzelfällen so weit, dass es Ideen gibt, grundsätzlich auch die Wahl des Geschlechtes und der Religion auf einen Zeitpunkt zu verschieben, wo die Person selbst entscheiden kann. Somit ist „bedenken“ durchaus doppeldeutig zu sehen, denn Ihr lobenswerter Vorschlag trifft eben auch auf Kitas, wo selbst das Basteln für ein Muttertagsgeschenk als bedenklich eingestuft wurde und abgeschafft werden sollte (https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/region-und-hessen/basteln-fuer-den-muttertag-verboten-katholische-kita-entschuldigt-sich-18880527.html).
Das Umdenken muss nach wie vor auch gesellschaftlich und von Seiten der Eltern stattfinden. Zwar unterstütze ich durchaus Freiheit und Selbstbestimmung, sehe aber die Auswüchse in den letzten Jahren auch als Grund für den Fachkräftemangel. Natürlich nur als Teilaspekt und nicht verallgemeinernd, aber eben auch als stellenweise hausgemachte Orientierungslosigkeit einer heranwachsenden Generation, mit welchem Buchstaben des Alphabets man sie auch immer versehen mag.