Meinung: Wie detailliert sollte eine LüKK-Planung sein?

(Abb. © cci Dialog GmbH)
Dr. Manfred Stahl (Abb. © cci Dialog GmbH)

Wie ich unlängst erfahren habe, sollen künftig mehrere technische Regeln zur Projektierung von Lüftungsanlagen um Berechnungen zu deren dynamisch-instationärem Betrieb erweitert werden. Die Frage ist: Ergeben sich aufgrund von dann detaillierteren, aber aufwändigeren Planungen tatsächlich effizientere und nachhaltigere Anlagen? Ich habe dazu eine klare Meinung – aber wie beurteilen Sie das Thema?

Simulationen und Berechnungen zum dynamisch-instationären Betrieb von RLT-Anlagen sollen möglich realistisch deren spätere Nutzung in der Praxis widerspiegeln. Dazu werden als Grundlagen Erfahrungswerte zum Beispiel für Raumbelegungen und Komfortparameter im Tages-, Wochen- und Jahresbetrieb vorgegeben und darauf basierend von Planern Luftvolumenströme und thermische Leistungen zur Luft- und Raumkonditionierung berechnet. Das Ziel solcher Simulationen besteht darin, über das Sicherstellen der gewünschten Raumluftqualität und des thermischen Komforts hinaus die Anlagen so auszulegen, dass deren Effizienz und Nachhaltigkeit verbessert werden und der Energieverbrauch sinkt.

Ich habe über dieses Thema mit mehreren Planern diskutiert. Ergebnis: Einige akademisch-wissenschaftlich orientierte Planer begrüßen durchaus eine höhere, in Normen vorgegebene Detaillierung der Berechnungsgrundlagen. Andere verweisen auf eine heute schon herrschende Überbürokratisierung bei technischen Planungsregeln. Sie sehen in einer weiteren Detaillierung durch instationäre Berechnungen einen unnötigen Mehraufwand sowie einen eher vernachlässigbaren Nutzen für ihre Planungen und für den späteren Anlagenbetrieb.

Ich halte solche dynamischen Simulationen in der täglichen Planungspraxis von Standard-Lüftungsprojekten für verzichtbar. Meiner Meinung nach werden vielmehr eher möglichst einfache, schnell umsetzbare, aber dennoch ausreichend genaue Planungsgrundlagen für stationäre Auslegungen benötigt. Und um „einfach“ geplante RLT-Anlagen dann bestmöglich energieeffizient zu betreiben, empfehle ich folgende, meist leicht umsetzbare zusätzliche technische Maßnahmen:

  • Die Mindestaußenluftvolumenströme und Nennluftvolumenströme von RLT-Anlagen werden auf Basis geltender technischer Regeln für den stationären Betriebszustand berechnet.
  • Einstellen einer möglichst geringen Luftgeschwindigkeit in den Luftleitungen von zum Beispiel < 4 m/s. Dadurch ergeben sich geringe Druckverluste und Leistungsaufnahmen der Ventilatoren.
  • Die Zuluftvolumenströme sollten für alle Räume in Abhängigkeit vom CO2-Gehalt in der Raumluft bedarfsgesteuert geregelt werden. So werden erhebliche Mengen an elektrischer Energie zur Luftförderung eingespart.
  • Zur Konditionierung der Luft im RLT-Gerät sollte so viel regenerative Energie wie möglich eingesetzt werden.

Wenn diese Maßnahmen in neuen RLT-Anlagen und bei Modernisierungen konsequent umgesetzt werden, erhält der Betreiber ein Lüftungssystem, das über viele Jahre mit einer hohen Effizienz und geringen Betriebskosten arbeitet. Und dann kann man meiner Meinung nach getrost auf normativ vorgegebene dynamische Berechnungen verzichten.

Beste Grüße,

Dr. Manfred Stahl

manfred.stahl@cci-dialog.de

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10 Kommentare zu “Meinung: Wie detailliert sollte eine LüKK-Planung sein?

  1. Sehr geehrter Dr. Stahl

    bezugnehmend auf ihre Fragestellung in cci Branchenticker möchte ich folgendes ausführen.

    Theorie:
    Die bestehenden Richtlinien und Normen sind ausreichend, um eine RLT-Anlage richtig zu dimensionieren und zu planen, auch wenn sie von stationären Randbedingungen (Heizlast, Kühllast, Außenluftbedingungen) ausgehen.
    Es ist aber zu berücksichtigen, dass die Randbedingungen seitens des Gebäudes (zum Beispiel Fenster, Speicherfähigkeit), der Belastungen (thermisch, hygrisch, stofflich) und die geplanten Nutzungsbedingungen in der Phase Grundlagenermittlung und Vorentwurf einen Genauigkeitsgrad von 10 bis 15 % aufweisen.
    Für den Vorentwurf ist es ausreichend, Vorbemessungsverfahren zu nutzen (siehe auch VDI 2078 „Berechnung der thermischen Lasten und Raumtemperaturen“, Vormessung sommerlicher Wärmeschutz), um unter anderem einen notwendigen Außenluftvolumenstrom oder zu erwartende Raumlufttemperaturen zu bestimmen – siehe dazu auch Beitrag „Zur Vorbemessung des sommerlichen Wärmeschutzes“ in der Anlage.
    In der Phase „Entwurf“ sind Simulationsprogramme sinnvoll und zweckmäßig, um Variantenuntersuchungen hinsichtlich des Einflusses zum Beispiel von Lasten, Außenluftbedingungen, Außenluftvolumenströmen und Nutzungszeiten durchzuführen. Wobei nicht nur „bunte Bilder“ erstellt werden sollten, sondern verifizierbare Eingangsdaten formuliert und eindeutige Ergebnisse zur Entscheidung für die weitere Planung dokumentiert werden.

    Praxis:
    Ursachen, dass es in der Praxis anders aussieht, sind vielfältig. Dazu zählen zum Beispiel das (zu geringe) Wissen der Architekten um die TGA, die Ausbildung der Architekten (im Allgemeinen nur Entwerfen), kaum Kenntnisse zum Platzbedarf von RLT-Anlagen (Kanäle möglichst zwischen Putz und Tapete), Ignoranz von Normen und Richtlinien, Reduzierung der TGA-Ausbildung an den Unis und Hochschulen, Dominanz der Kosten (bei Forderung Reduzierung der Kosten im Allgemeinen prozentual gleich für alle Gewerke), Einfluss der Projektsteurer (Terminplanung), Auftragsabhängigkeit des TGA-Planers vom Architekten.

    Prof.(em) Dr.-Ing. Achim Trogisch, HTW Dresden, Fakultät Maschinenbau

  2. Wie detailliert sollte eine LüKK-Planung sein?
    Liebe Kollegen, liebe Fachplaner und Lüftungsbauer, sehr geehrter Herr Stahl.
    Alle meine Vorredner haben sich dafür Stark gemacht, das eine Änderung eintreten sollte. Es wurde viel über HOAI, Projekte, Zenarien, Installationen, Dynamik, BGB, Planer etc. geschrieben. Alle haben wirklich zielgenau ihr Anliegen vorgetragen zu diesem Thema, dem kann ich mich nur anschließen.
    Mir sind bei diesen ganzen Thema zwei wichtige Aussagen oder Darstellungen aufgefallen.
    -1- Das eine ist die Beschreibung mir dem Wortlaut Planer. Jetzt könnte man sich ja fragen, was das soll. Das habe ich mich auch gefragt. Zu meiner Zeit sprachen wir in unserer Branche immer vom „Fachplaner“ und ich denke, dass hat auch eine besondere Bedeutung. Die in unserer heutigen Zeit kaum noch vorkommt.

    -2- Das zweite ist die Beschreibung mit dem Wortlaut Praxis. Jetzt könnte man erneut fragen, was soll denn das jetzt. Zu meiner Zeit wurde für die Praxisarbeiten auch die „Basic“ vermittelt. Dieses findet heute in vielen Branchen nicht mehr statt oder wird nicht als wichtig betrachtet.

    Und jetzt legen wir noch eine Schüppe oben drauf, anstatt bei der „Basic“ anzufangen. Ich möchte mich mit dem Zitat von Hernn Blumenthal aus der heutigen Diskussionsrunde verabschieden und würde mir wünschen, dass auch wir eines Tages auf die Straße gehen und unser aller Anliegen einmal kundtun. „Wir sind Erkenntnisstark und immernoch Handlungsschwach“. Danke an Alle die Vorgetragen haben. Da brennt gerade was an!!
    Sonniges Wochenende.
    Euer
    Olaf Mayer(SV)

  3. Guten Tag Herr Stahl,
    bezugnehmend auf ihre Frage, wie detailliert sollen Lüftungsanlagen projektiert werden, würde ich mich gerne in die Diskussion als HOAI-Sachverständiger einschalten.

    Technisch:
    Um Lüftungsanlagen auf dem Stand der Technik zu planen, sind Simulationen jeglicher Art sehr hilfreich.
    Es beginnt jedoch schon bei der grundsätzlichen Auslegung der Vorparameter, also zum Beispiel thermischen Simulationen des Gebäude, der Nutzung, der gesamten Rahmenparameter, die Einluß auf eine Lüftungsanlage haben können. Und natürlich müssten dann auch die Gebäude in ihrem thermischen und nutzungsspezifischen Bedingungen simuliert werden. Bisher werden Gebäude überwiegend in statischen Betrachtungen bewertet. Aus meiner Sicht gehören auch Strömungssimulationen mit den Raumkonditionen dazu. Denn hier liegt ein erhebliches Einsparpotential, aber auch eine der Quelle für Probleme und Unzulänglichkeiten.
    Letztendlich ist jede Information, die eine Gebäude und die technischen Anlagen passgenau machen, aus technischer Sicht zu begrüßen.

    Honorar:
    Die HOAI ist hier eindeutig. Simulationen jeglicher Art sind besondere Leistungen, müssen zusätzlich vergütet werden. Wenn jetzt Simulationen in die Regelwerke aufgenommen werden, stellen sich mehrere, zum Teil hochkomplexe juristische Fragen:
    – Sind die Simulationen dann vertraglich geschuldeter Inhalt einer nach HOAI beauftragten Planung?
    – Wird mit einer Novelle von Regelwerken dann die Vergütung „quasi über die Hintertür“ ausgehebelt?
    – Wer liefert die Grunddaten und wer kann die Grunddaten einer Simulation überhaupt ermitteln, vorgeben?
    Soll dies der Bauherr leisten?
    Ist das ein Thema der Bedarfermittlung, also §650p BGB? Oder wird das ebenfalls zur Grundleistung nach HOAI im Rahmen der Grundlagenermittlung?
    -Wer simuliert und wer haftet für die Annahmen einer Simulation. Denn „Simulanten“ sind nicht gleich auch die Projektierenden. Gerade in multikomplexen Zusammenhängen wird es vermutlich früher oder später speziell ausgebildete Fachkräfte geben, die sich um alle Simulationsthemen kümmern (Gebäude, Energieversorgung, Schall, Schwingung, etc. und dann wohl auch Lüftungsanlagen?). Oder sollen die Simulationen, dann losgelöst durch die Lüftungsplaner erfolgen? Wer sorgt dafür, dass die Simulationen dann im multikomplexen Gesamtkontext richtig eingebettet sind. Wird es also einen Simulations-Koordinator geben, ähnlich einem BIM-Koordinator?
    – Wo beginnt dann die besondere Leistung nach HOAI und was sind dann die besonderen Leistungen? Denn die Planenden schulden vermutlich weiterhin eine Planung nach den anerkannten Regeln der Technik, also Regelwerken, sowie oftmals nach dem Stand der Technik.

    Baurecht:
    Spannend wird es, wenn wir die auf Simulationen basierenden baurechtlichen Genehmigungsaspekte ansehen. Wenn eine Anlagenauslegung auf Simulation basiert, die Simulation aber in den baurechtlichen Berechnungsvorschriften (z.B. GEG) nicht ausreichend berücksichtigt ist, hier einfache Näherungen verwendet werden:
    – Sind die Annahmen der Simulationen dann baurechtlich bindend, weil sie Gegenstand der Baugenehmigung sind?
    – Was ist, wenn die Annahmen der Simulationen sich im realen Betrieb als nicht zutreffend erweisen und im Rahmen der Möglichkeiten dann nachjustiert werden? Sind dann Tekturen in den Baugenehmigungen notwendig?
    – Sind dann parallele Berechnungen zu erstellen?
    – Werden die parallelen Berechnungen dann als Wiederholung von Grundleistungen zusätzlich zu vergüten sein?

    Mein Fazit:
    – Die hier aufgeführten Themen sind nur ein subjektives und erstes Blitzlicht auf dieses sehr komplexe Themenfeld.
    – Aus meiner Sicht ist es lobenswert, wenn wir die technischen Möglichkeiten ausschöpfen. Überdimensionierte Anlagen werden uns bei der Erreichung der Klimaziele nicht helfen.
    – Es hat wenig Sinn, Regelwerke zu verändern, ohne sich das gesamte Spannungsfeld mit allen Wechselwirkungen anzusehen und die sich verändernden Themen ausreichend zu würdigen.
    – Die Folgen von unüberlegt eingeführten Regelwerken haben wir in den letzten Jahren deutlich vernommen. Gute Ideen und notwendige Veränderungen haben eine kurze Halbwertszeit, wenn diese von der Fachwelt und den Auftraggebern / Bauherren nicht angenommen werden.
    – Durch die immer komplexer werdenden Erwartungen sind viele Planungen bereits jetzt in einer finanziellen Überforderung. Planende können nur begrenzt, im Kontext endlicher Honorare, unentgeltliche Zusatzleistungen trage. Mal ganz abgesehen, dass bereits jetzt die Hausforderungen durch den Fachkräftemangel dadurch nicht geringer werden.

    Überlegung:
    Seit etlichen Jahren ist es Betreiberpflicht, die energetische Inspektionen an Lüftungsanlagen durchzuführen. Obwohl baurechtlich verpflichtend ist dieses einfache Tool sträflich vernachlässigt. Wie sollen vor diesem Hintergrund angenommen werden, dass die Parameter einer Simulation, dann vor Ort nachgehalten werden. Statt die Regelwerke zu verschärfen, sollte das Augenmerk eher verstärkt auf die Umsetzung im Betrieb der Anlagen gelegt werden.
    Es steht bereits jetzt jedem Planenden und jedem Bauherren frei, Simulationen für die Auslegung von Gebäuden und Anlagen einzusetzen. Es können freiwillig, entsprechende Vereinbarungen getroffen werden. In vielen Projekten werden Simulationen daher bereits jetzt mit Augenmaß und Fachverstand eingesetzt. Wer daher will, der kann jetzt schon und braucht dazu keine weitere, übergeordnete Regulierung.

    Bei Rückfragen stehe ich zur Verfügung.
    Mit freundlichen Grüßen
    Thilo Bauschke

    1. Guten Tag Herr Bauschke,

      vielen Dank für die Erweiterung des Betrachtungsraumes. Sie beleuchten sehr gut einen weiteren sehr wichtigen Bereich.

      Spannend finde ich den Exkurs in die Bedarfsplanung. Wenn wir als Stadt eine Schule planen, dann erstellen die Kollegen der Schulverwaltung eine Aufgabenstellung in Bezug auf die Nutzung und wir als Abt. Hochbau eine Aufgabenstellung für die Planung. Wir geben jedoch global das Ziel vor, nicht den Weg dahin. Insofern kann die Notwendigkeit einer Simulation in der Bedarfsplanung ggf. noch gar nicht erkannt werden. Daher fragen wir im Rahmen der VgV Verfahren für Planungsleistungen immer diese besondere Leistung mit ab.

      Auch Ihre Ausführungen zum Thema Hintertür in die Grundleistungen finde ich sehr spannend. Vor allem wenn man dies in Bezug auf § 633 BGB „Sach- und Rechtsmangel“ betrachtet. Kurz gesagt heißt es dort, dass die Leistung so beschaffen sein muss wie man es normalerweise erwarten kann. Das bedeutet in Bezug auf Planungen die Umsetzung von Gesetzen und auch von a.a.R.d.T. wie z.B. einige DIN Normen es sind. So ähnlich wie auch beim Themenkomplex BIM werden sich hier Juristen darüber auseinandersetzen müssen, was noch einer Grundleistung entspricht und was nicht. Ggf. sollte man die HOAI auch mal novellieren. Abgesehen vom Wegfall von Honoraruntergrenzen ist seit 2013 nicht viel geschehen.

      VG M. Blumenthal

  4. Sehr geehrte Herren,

    auch ich schließe mich den Komentaren an und möchte auch ein bisschen Prosa loswerden:

    Zitat: „wir sind Erkenntnisstark und Handlungsschwach“

    Allen am Planungs- und Bauprozeß Beteiligten ist klar, das das System krankt. Unzureichende Planungen, Bauüberwachungen und Bauausführungen und IBN sind ein Teil des Problems. Das in Gewerken aufgegliederte Planungssystem, das übergreifende bzw. integrale Planung verhindert ebenso. Das dies dann durch die HOAI entsprechend flankiert wird, ist der Geschichte geschuldet und nur logisch.
    Aus meinen Gesprächen als Vertreter des Bauherrn und Betreiber von öffentlichen Gebäuden kann ich Ihnen auch bestätigen, das viele Fachplaner überhaupt keine Vorstellung davon haben, wie sich eine reale Anlage der TGA (hier RLT) tatsächlich verhalten und jeden in den technischen Randbedingungen der Anlage möglichen instationären Zustand einnehmen kann und dies auch tut. Technisches Monitoring wie wir und sicher viele andere Betreiber es mittlerweile umsetzen zeigt dies deutlich. Dieses Wissen steht Fachplaner jedoch nicht zur Verfügung!
    Das kommunale Haushaltsrecht und der Anspruch verantwortungsvoll mit den Steuermitteln und Fördergeldern umzugehen, führt ebenfalls dazu das der billigste Bieter mit dem wirtschaftlichsten verwechselt wird. LCC Betrachtungen finde in Vergaben keine Rolle. Versuchen Sie mal mit einem Fördermittelgeber über dieses Thema zu sprechen und zu erklären, das die Planungs- und Baukosten lediglich 10-15% der Gesamtkosten eines Gebäudes ausmachen.
    Sicherlich gibt es Speichermassen Modelle nach VDI 6007, wie sie auch der VDI 2078 zu Grunde liegen. Aber das sind halt Modelle und die Nutzungsprofile sind subjektive Einschätzungen oder einfach normative Vorgaben. Mit der Realität haben diese weniger zu tun. Trotzdem finde ich den genannten Ansatz der Lastverschiebung spannend (wenn man die technischen Anlagen dazu plant und baut). Sollte es gelingen einen kompletten digitalen Zwilling zu schaffen, der nicht einfach nur eine statische IFC Leiche darstellt, der auch das Gebäude in seinem realen städtebaulichen und klimatischen Umfeld abzubilden, nähern wir uns vllt. der Wahrheit.
    Die von Herrn Malinowsky aufgezählten und sich alltäglich wiederholenden Punkte können dadurch jedoch nicht beseitigt werden. Es ist eher davon auszugehen, das das noch viel schlimmer wird. Fachkräftemangel und immer schlechtere Schüler, die kaum die Ausbildungsreife erreichen führen dazu, das die Normenwelt tatsächlich zu einem akademischen Wolkenkukuksheim degradiert, in dem sich Industrielobbyisten austoben dürfen, um aktive Marktgestaltung umzusetzen.

    VG M. Blumenthal

  5. Liebe Kollegen und Herr Dr. Stahl,

    ich meine Sie haben mit Ihren Bemerkungen dazu Recht!
    Vor 24 Jahren habe ich mein Planungsbüro abgegeben und wollte nur noch als öbuv Sachverständiger einige Jahre arbeiten und jetzt sind es schon 24 Jahre! Als SV bekomme ich allerdings die Negativ-Auslese von Anlagen und Planungen zu sehen. Ich habe immer mehr Anlagen zu beurteilen bei denen angefangen bei der Kühllast alles nur geschätzt wurde. Es gab Anlagen mit 7 m/s an den letzten Verteilleitungen (in Wohnräumen) und 16 m/s im Untergeschoss , hydraulischer Abgleich sowie bei der Hydraulik als auch bei der Luft fehlt. Nachlässe auf das Honorar sind natürlich dabei auch gewaltig. Der Bauherr suchte den billigsten Planer, nach der Ausschreibung den billigsten Anlagenbauer und für die Abnahme dann den billigsten Sachverständigen – und zum Schluss ich als Gutachter vom Gericht. Und dann wird von beiden Seiten der Vergütungssatz für den Gerichts-SV kritisiert. – Da sind so die negativsten Erlebnisse. 50 % der Luftmenge die nach den Normen notwendig wären halte manche für „Fachleute“ vertretbar.

    Nach meinen Erfahrungen sind die Angaben der Normen- und Regelwerke wirklich als Mindestwert einzuhalten und nicht als den Wert, den die Anlage unter günstigsten Umständen und höchster Drehzahl gerade so erreicht. – Ich wäre schon froh, wenn die heutigen Regeln eingehalten werden und auch wirklich gerechnet wird. – Sachverständige im Fachbereich TGA sind heute fast alle mit Arbeit überlastet. – Wir haben Länder in Europas, bei denen der billigste Anbieter nicht in den Vergleich der Angebote einbezogen werden darf. – Wir sollten wirklich überlegen hier anders zu handeln.

    Wenn wir früher als Planer nicht den billigsten Bieter für die Vergabe vorgeschlagen haben, war viel Aufwand nötig dies den Auftraggebern, insbesondere den öffentlichen AG, zu begründen. Und fast nie durchsetzbar.

    Freundliche Grüße Reinhard Siegismund
    (Ich bin auf Reisen und tippe auf meinem Reiserechner, bitte Schreibfehler berichtigen, ich bin nicht immer zielsicher.)

  6. Hallo Herr Dr. Stahl,

    Ihr Ansatz gefällt mir zunächst.
    Aber:
    – Architekten müssten dann ausreichend Platz zur Installation bereit stellen – Mehr Platz=mehr Material=weniger Nachhaltigkeit
    – Wenn sie bedarfsgerechte Regelungen fordern, begrüße ich das aus Komfortgründen
    Aber jeder Volumenstromregler braucht auch einen Schalldämpfer, Kabel und ISPs – das alle verschlingt Ressourcen, Strom und Unterhaltsleistungen mehr Wartung=mehr Aufwand=mehr Energieaufwand
    – Ihre Forderung nach <4m/s ist gut gemeint – haben sie sich schon mal die Platzverhältnisse in den Fluren der großen Verwaltungsgebäude angesehen …
    – Und dann der Versuch der Entfeuchtung und Befeuchtung … ich weiß gar nicht wie die Millionen von Menschen es in ihren unklimatisierten Wohnungen und Häusern aushalten … aber am Arbeitsplatz (meist der öffentlichen Verwaltung) muss alles bestens sein
    – Betreibern und Nutzern weniger Komfortrechte zuzusprechen und damit die Vorgaben zu vereinfachen wäre wohl der nachhaltigste aller Ansätze
    Gefolgt von Nachweisen der ordnungsgemäßen Inbetriebnahme und ein qualifiziertes EMS zur Dokumentation der Energieflüsse – dann ginge sogar eine Betriebskostenabrechnung und wer zahlen muss schraubt bekanntlich seine Ansprüche zurück ….

    Also: lasst uns einfache aber intelligente Anlagen in Gebäuden mit sinnvoll bemessenen Installationsebenen planen und die Dokumentation des wirtschaftlichen Betriebes zum Muss machen.

    Ps: bei der Kälteverschwendung ist es noch schlimmer … und ist ja zumeist auch eine Lufttechnische Maßnahme

  7. Ich schreibe jetzt mal aus der Sicht eines Inbetriebsetzers von RLT-Anlagen und spreche aus Erfahrungen von über 10.000 TGA-Anlagen. Sehr geehrter Herr Stahl, wenn Sie schreiben: „sollen künftig mehrere technische Regeln zur Projektierung von Lüftungsanlagen um Berechnungen zu deren dynamisch-instationärem Betrieb erweitert werden“ bekomme ich eine flaues Gefühl im Bauch.
    Wir haben sehr viele Probleme RLT-Anlagen in den Planungsauslegungszustand für die Abnahme zu bekommen, da wir hier vor sehr großen Herausforderungen stehen.
    Diese sind unter anderem:
    – Unvollständige Planungen.
    – Planungen die leider nicht systemübergreifend erfolgt sind.
    – Planungen aus der Theorie, so dass die Anlagen kaum vom Installateur gebaut werden können.
    – Fehlender Hydraulischer Abgleich bzw. Einregulierung von Luftmengen (diese Positionen lässt der Planer einfach weg oder akzeptiert unrealistische Preise).

    Die Liste würde dieses Format sprengen.

    Und nun schreiben Sie Herr Stahl, dass die Planer sollen noch genauer und ausführlichere Berechnungen durchführen.
    Ich bekomme wieder ein Grummeln im Magen, sollten die Planer nicht erst mal zu über 90% seine Hausaufgaben machen und ein Projekt über alle Leistungsphasen der HOAI Erfahrungen erleben um nicht immer die gleichen Fehler einzuplanen.

    Von daher, Herr Stahl ich stehe voll hinter Ihren Aussagen.

    Ein Appell an die LÜKK: Weniger Bürokratie, mehr Praxis, mehr Systemdenken.
    Und wenn wir unser Handwerk beherrschen können wir anfangen hinter dem Komma rechnen.

    Eine RLT-Anlage wird nicht effizienter weil wir diese genauer rechnen, Sie wird effizienter weil wir diese effizient betreiben und dies Bedarf u.a praktisches Wissen für eine ausgewogene Planung.

    Ein Planer ohne ausreichende Praxis auf der Baustelle (alle HOAI Leistungsphasen + Anlagenbetrieb + Optimierungsmaßnahmen) ist eine Beamter und damit haben wir auch hier eine lähmende Bürokratie!

    Unser Hochschulen können nur Grundwissen vermitteln, da diese zu weit von der Praxis entfernt sind.

  8. Hallo Herr Dr. Stahl,
    ich schließe mich den Ausführungen von Herrn Prof. Fieberg an und möchte ergänzen, dass man durch die instationäre Betrachtung auch die Gleichzeitigkeit des Bedarfs im Gebäude besser berücksichtigen kann. Das betrifft nicht nur die Zentrale, sondern auch jede Teilstrecke des Versorgungsnetzes. Außerdem kann man für die Übergangsjahreszeit Heiz-/Kühl-Verschiebungen innerhalb eines Gebäudes planen. Weiterhin können Ein- und Ausschaltszenarien – z.B. nach §14a EnWG – untersucht werden, die Einfluss auf die Dimensionierung haben.
    Beste Grüße
    Norbert Nadler

  9. Lieber Herr Stahl,

    ich bin kein Planer, sondern eher im Lager der akademisch-wissenschaftlich orientierten LÜKK-Freunde anzusiedeln. Ich denke daher, dass eine „Dynamisierung“ der Auslegung helfen kann. Im Bereich der Kühllast (VDI 2078) tun wir das schon seit langem und keiner würde sagen, eine pauschale Abschätzung über Watt pro Quadratmeter reicht völlig aus. In der Heizlastberechnung ist es (noch) nicht gefordert, mit Blick auf Wärmepumpen , aber m.M. nötig. Die Programme zur Kühllast können meist auch die dynamischen Heizlasten abbilden und geben so einen guten Überblick über Lastspitzen und Ausnutzungsgrade von Speichern etc. Zudem lassen sich Regelstrategien testen und bewerten. Diese Daten ermöglichen eine genaue Nachhaltigkeitsberechnung (Energiebedarf) des Gebäudes. Damit lassen sich zukünftig Finanzierungsmodelle verbessern (EU green deal). Mit BIM können wir dann auch noch die graue Energie mit einbeziehen.
    Den Berechnungsaufwand halte ich für überschaubar, da die verfügbaren Softwareprodukte das heute schon können und z.B. die öffentliche Hand dies schon seit Jahren für ihre Projekte einfordert. Es ist daher eher eine Anpassung an gute Projektpraxis.
    Letztlich habe ich es vergleichsweise einfach: Ich vermittle die Methoden an unsere Studierenden; die Umsetzung im Projekt müssen Planer machen und dabei Energieeffizienz und die eigene Wirtschaftlichkeit im Blick haben.

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