Rückblick über die Entwicklungen der letzten Woche.
(Abb. Imtech) Verkauf
Der vorläufige Insolvenzverwalter Peter-Alexander Borchardt hat die Unternehmensberatungsgesellschaft Ernst & Young angeheuert, um den Verkauf von Imtech Deutschland zu organisieren. Die Chancen für einen Verkauf hatte Borchardt als gut bewertet, da das Angebot am Markt gefragt sei und gerade zur Realisierung von Großprojekten für große Auftraggeber wie beispielsweise die Automobilindustrie eine bundesweite Präsenz wie die von Imtech nötig sei. In Gesprächen mit Imtech-Kunden zeige sich zudem, dass das Know-how der Imtech-Mitarbeiter sehr geschätzt werde. Das Unternehmen habe immer noch einen fachlich außerordentlich guten Ruf. Umso wichtiger sei es, nun zügig einen Käufer zu finden und der Belegschaft zu zeigen, dass es bei Imtech eine Zukunft für sie gebe. Es gebe über 40 ernsthafte Interessenten für das Unternehmen, einzelne Teile oder Standorte. Der Gebäudespezialist soll möglichst als Ganzes verkauft werden: „Es ist die wirtschaftlich beste Lösung, Imtech unter neuer Eigentümerschaft fortzuführen.“ Experten glauben jedoch, dass er sich nur in Teilen verkaufen lässt.
Insolvenzgeld
Die Bezahlung der 3.500 Mitarbeiter von Imtech Deutschland ist gesichert. Die Belegschaft soll in dieser Woche Insolvenzgeld bekommen, das die Löhne ersetzt. Das Geld kommt von der Bundesanstalt für Arbeit und soll insolvente Unternehmen vorübergehend entlasten.
Korruptionsvorwürfe
Die Korruptionsvorwürfe, derentwegen seit zwei Jahren ermittelt wird, seien ein schwerer Schlag für Imtech gewesen, so der vorläufige Insolvenzverwalter . Seither aber sei das Management auf allen Ebenen ausgetauscht und erhebliche Ressourcen in die Aufarbeitung und Vermeidung solcher Vorfälle gesteckt worden. Einen Zusammenhang zur Insolvenz sieht Borchardt nicht.
Gläubigerausschuss
Mitglieder im vorläufigen Gläubigerausschuss und in den Verkaufsprozess eingebunden sind auch Vertreter der Beschäftigten, so der Imtech-Betriebsratschef und die Gewerkschaft IG Bau. Das neunköpfige Gremium soll die Interessen der Gläubiger schützen und wacht über den Ablauf des Insolvenzverfahrens. Weitere Mitglieder sind Vertreter der Bundesagentur für Arbeit, des Pensions-Sicherungs-Vereins, der Warenkreditversicherer Atradius und Euler Hermes, einer Hamburger Kommunikationsagentur sowie der Commerzbank.
Umsatz und Verlust
Rund zwei Drittel seines Jahresumsatzes von 800 Mio. € macht Imtech Deutschland mit Projektgeschäft – also mit Neu- und Umbauten. Der Rest entfällt auf das lukrative Wartungsgeschäft. Imtech Deutschland schrieb 2014 über 86 Mio. € Verlust. Es deute vieles darauf hin, dass Imtech Deutschland strukturelle Probleme habe. Beispielsweise belasteten hohe Mietkosten für überdimensionierte Immobilien den Konzern.
Massekredit
Ein Massekredit „in signifikanter Millionenhöhe“ sichert dem insolventen Baudienstleister Imtech vorerst die Finanzierung der nächsten Monate. Das Geld kommt von der Commerzbank, die damit auch verhindern will, dass ihre Kreditbürgschaften für Imtech Deutschland fällig werden. Ein Massekredit wird aus der Insolvenzmasse vorrangig zurückgezahlt und gilt daher als relativ sicher. Derzeit sei allerdings nicht absehbar, ob der Kredit überhaupt gebraucht wird. Der vorläufige Insolvenzverwalter: „Die Liquidität von Imtech Deutschland entwickelt sich deutlich besser als erwartet.“ Zahlreiche Auftraggeber hatten mit Vorschusszahlungen die Weiterführung der Bauarbeiten gesichert. Der Insolvenzverwalter hat für mehr als 500 der bundesweit 950 Baustellen bereits die nötigen Finanzmittel freigegeben, bei den anderen werde noch geprüft. Borchardt muss zuerst herausfinden, ob Imtech dort jeweils kostendeckend arbeitet. Für sämtliche ertragreiche Bauvorhaben werde auf Basis der bestehenden Liquidität entsprechende Budgets zur Fortführung bewilligt.
Baustellen
- Berlin
Auf dem neuen Hauptstadtflughafen BER macht Imtech weiter. - Bochum
Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes NRW (BLB) hat Imtech Baustellenverbot auf dem Gesundheits-Campus in Bochum erteilt. Zur Begründung sagte ein Sprecher, der BLB habe „Vorsorge treffen“ wollen, dass Imtech „Material und Unterlagen von der Baustelle entfernt“. Die Gebäudeteile B und C des Gesundheits-Campus, für die Imtech tätig war, stehen nach BLB-Angaben kurz vor der Fertigstellung. Es seien noch Restarbeiten auszuführen. Bei dem Bauprojekt kam es zu erheblichen Verzögerungen von rund einem Jahr. Der NRW-Betrieb hatte dafür auch Imtech verantwortlich gemacht. Ein Imtech-Sprecher zeigte sich vom Baustellenverbot überrascht. Nach seinen Angaben steht der BLB mit einer „beträchtlichen sechsstelligen Summe“ in Zahlungsverzug gegenüber Imtech. Wegen Bauskandalen steht der BLB selbst im Fokus der Ermittlungen mehrerer Staatsanwälte und eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Der BLB gehört zu den größten Imtech-Kunden in Nordrhein-Westfalen. - Bremen
Die Arbeiten am Klinikum Mitte können fortgesetzt werden, die Bezahlung der Subunternehmer von Imtech ist gesichert. Zwischen der Klinik-Holding Gesundheit Nord (Geno), dem Insolvenzverwalter und Imtech wurde eine Vereinbarung unterzeichnet, die beinhaltet, dass Geno weiterhin Rechnungen von Imtech bezahlt. Das Geld geht auf ein gesondertes Konto, von dem der Insolvenzverwalter die Subunternehmen und das Material für die Baustelle am Klinikum bezahlt. Die Vereinbarung gilt bis Ende Oktober. Voraussichtlich im November wird dann das reguläre Insolvenzverfahren eröffnet. Imtech ist am 290-Mio.-€-Projekt mit einem Auftrag in Höhe von 25 Mio. € beteiligt. Etwa ein Drittel der Arbeiten ist bereits ausgeführt. Imtech hat in Bremen lediglich die Projektleitung. Die Ausführung der Arbeiten ist an Subunternehmen vergeben, und die fürchteten angesichts der drohenden Insolvenz um ihr Geld und blieben der Baustelle zum Teil fern. - Köln
Die Stadt Köln soll sich darauf vorbereiten, Imtech den Vertrag wegen nicht erbrachter Leistungen zu kündigen, sollte das Unternehmen die Verträge weiterhin nicht erfüllen. Das Unternehmen ist bei der Sanierung der städtischen Bühnen für die Elektro- und Kältetechnik sowie den Baustellenstrom zuständig. Die beteiligten Planer sollen aufgefordert worden sein, Imtech klare Fristen zu setzen und für den Fall einer Nichteinhaltung Kündigungsdrohungen auszusprechen. Für die Elektroarbeiten etwa soll der 26. August als Zieltermin festgesetzt worden sein, anderenfalls drohe ein Auftragsentzug. Imtech soll explizit auf die Bereiche der Baustelle hingewiesen werden, in denen ein Arbeiten zurzeit möglich sei. Imtech soll über 400 Mängel beseitigen. Das Unternehmen soll einen neuen verbindlichen Terminplan und eine Liste angefordert haben, auf der die Missstände aufgeführt sind. Die Imtech-Monteure haben seit 12. August nicht mehr auf der Opernbaustelle gearbeitet. Würden die Verträge mit Imtech gekündigt, müsste der Auftrag für die Elektro- und Klimatechnik neu ausgeschrieben werden. Das könnte die Bauzeit um acht Monate verzögern und ein Ausweichquartier für die Oper müsste dann deutlich länger zur Verfügung stehen als das bislang veranschlagte eine Jahr. - Siegburg
Imtech wurde 2014 nach einem europaweiten Vergabeverfahren mit den Arbeiten zur Erneuerung der Sanitärinstallationen und der Ertüchtigung der Kälteanlagen im Rahmen der Sanierung des Siegburger Kreishauses beauftragt. Die Abteilung Gebäudewirtschaft des Rhein-Sieg-Kreises hat Imtech aufgefordert, die im laufenden 2. Bauabschnitt noch ausstehenden Brandschutzsanierungsmaßnahmen am Kreishaus kurzfristig fertigzustellen. Allerdings ist zu befürchten, dass der vorläufige Insolvenzverwalter einer Fortführung des bestehenden Auftragsverhältnisses mit dem Rhein-Sieg-Kreis nicht zustimmt, da es sich nicht um ein „ertragreiches Bauvorhaben“ handelt. Sollte dies bestätigt werden, wird der Rhein-Sieg-Kreis die noch ausstehenden Leistungen in den Gewerken Sanitär und Kälte schnellstmöglich neu ausschreiben. Für die noch ausstehenden Arbeiten im laufenden 2. Bauabschnitt werden nun Interimsvergaben sowie für die Arbeiten der folgenden Bauabschnitte die jeweils notwendigen Vergabeverfahren vorbereitet. - Südwesten
Aufträge im Umfang von siebenstelligen Millionenbeträgen hat Imtech im Südwesten beispielsweise von BASF, von Bosch, der Universität Tübingen und dem Stuttgarter Marienhospital. All diese Projekte sind vom vorläufigen Insolvenzverwalter freigegeben. - Werder
Auf der zurzeit ruhenden Großbaustelle Blütentherme in Werder ist Imtech wichtiger Auftragnehmer. Deren noch zu erbringende Leistungen seien mit einer Bürgschaft über 1,4 Mio. € abgesichert. „Die Leistungen kann auch jedes andere Unternehmen erbringen.“, wird ein Sprecher des Investors, Kristall Bäder AG, zitiert.Ungeachtet dieser Entwicklungen erscheint es aber immer fraglicher, wie es mit der Blütentherme weitergeht. Nachdem das Projekt wegen millionenschwerer Mehrkosten und massiver Streitigkeiten, unter anderem über Sicherheiten, ins Stocken geraten war, hatten sich Stadt und Investor gegenseitig auf die Zahlungen erheblicher Summen verklagt.
Neue Insolvenz
Nun hat auch die Imtech Holding GmbH Insolvenz angemeldet. Tjark Thies von Reimer Rechtsanwälte, Hamburg, wurde am 17. August zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Die Holding hat für das Geschäftsjahr 2014 einen Verlust von 195,6 Mio. € und Verbindlichkeiten über 125,1 Mio. € ausgewiesen.
Artikelnummer: cci39557
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