Meinung: Das BAFA versinkt in Förderanträgen – und nun?

Dr. Manfred Stahl, manfred.stahl@cci-dialog.de (Abb. © cci Dialog GmbH)
Dr. Manfred Stahl, manfred.stahl@cci-dialog.de (Abb. © cci Dialog GmbH)

Innerhalb von nur drei Wochen erhielt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) rund 300.000 Anträge zu Maßnahmen im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Das sind fast so viele wie im ganzem Jahr 2021. Diese plötzliche immense Antragsflut belegt zwar den riesigen Erfolg des BEG-Programms, aber sie hat auch Schattenseiten.

Zunächst die positiven Fakten. Von Januar bis Mitte August gingen beim BAFA über 600.000 Förderanträge zu BEG-Effizienzmaßnahmen ein. Diese zeigen das riesige Interesse an energetischen Gebäudesanierungen – zumindest dann, wenn sie mit attraktiven Konditionen gefördert werden. Zum Vergleich: 2020 wurden 280.000 und 2021 rund 330.000 Anträge gestellt. Was allerdings dann im Sommer 2022 passierte, hatten die BEG-Verantwortlichen so kaum vorhergesehen: Als am 27. Juli eine zum 15. August wirksame Neufassung des BEG mit spürbar geringeren Förderungen angekündigt wurde (siehe cci Branchenticker am 29. Juli), wurde das BAFA binnen knapp drei Wochen mit 300.000 Anträgen, die die damals noch aktuellen höheren Zuschüsse kassieren wollten, überflutet.
Nun zur Schattenseite. Bereits vor dem massiven Antragseingang im August dauerte es meist mehrere Monate, bis Antragsteller vom BAFA einen Bescheid zu ihren beantragten Fördermaßnahmen erhielten. Zur aktuellen Antragsflut teilt das BAFA mit, dass trotz Aufstockung des Personals „Antragsteller mit längeren Bearbeitungszeiten rechnen müssen“, aber „Jeder Antrag wird bearbeitet“. Und mit einer Statusabfrage könne der Stand des Antrags digital eingesehen werden. Doch das alles kann dauern, und wann werden die Bauherren dann erfahren, ob ihr Antrag angenommen wurde? Und wann bekommen sie das Fördergeld? Werden sie die geplanten Maßnahmen auch ohne konkrete Förderzusage durchführen?
Um durch den voraussichtlich riesigen Bearbeitungsstau der Anträge die Umsetzung der Effizienzmaßnahmen nicht zu stark zu behindern, beschloss das BAFA eine Lockerung der Förderrichtlinien, die aus meiner Sicht längst überfällig war. Bisher durfte eine beantragte Maßnahme erst bei einer Förderzusage des BAFA umgesetzt werden. Bei Verstößen entfiel die Förderung. „Die Antragsteller können mit der Maßnahme ab Antragsstellung auf eigenes finanzielles Risiko beginnen und müssen nicht auf einen Bescheid warten“, teilt dazu das Amt nun mit. Man beachte die Passage „auf eigenes finanzielles Risiko“. Wer zum Beispiel in seinem Haus die fossile Heizung für etwa 20.000 bis 30.000 € durch eine Wärmepumpe ersetzen will und dazu eine Förderung beantragt hat, bekommt bei positivem Bescheid einen Zuschuss bis zu 35 %. Wird der Antrag aber abgelehnt, steht der Modernisierer wirtschaftlich im Regen, da können schnell 10.000 fest eingeplante Euro weg sein. Gleichzeitig muss der erwartete Förderbetrag zwischenfinanziert werden, ohne genau zu wissen, wie lange das dauern wird. Bleibt die Frage: Werden modernisierungswillige Bauherren diese Risiken eingehen?
Wenn ich aus diesen Entwicklungen für mich ein Fazit ziehe, komme ich zu folgenden Ergebnissen: Ich halte das BEG weiterhin für sehr sinnvoll und zwingend notwendig, um im Gebäudesektor die vorgegebenen Energiesparziele zu erreichen. Allerdings sollten die Verantwortlichen mit der BEG künftig vorsichtiger umgehen. Wie das Beispiel von August zeigt, können kurzfristige Änderungen der Förderbedingungen unkalkulierbare Folgen haben, und zu kaum zu bewältigenden administrativen Herausforderungen führen. Hier braucht es bei der BEG, auch zur längerfristigen Planungssicherheit für Bauherren, dringend eine Verstetigung mit eindeutigen Förderbedingungen über mehrere Jahre. Letzter Punkt: Bei der Bearbeitung der Förderanträge und den Bestätigungen für Antragsteller muss sehr rasch der Turbo zugeschaltet werden. Für mich sind Wartezeiten von mehreren Monaten nicht ärgerlich, sondern absolut inakzeptabel, meint 

Ihr Dr.-Ing. Manfred Stahl 
manfred.stahl@cci-dialog.de

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