Meinung: Ausbildungsberatung, kostenlose Meisterausbildung und mehr

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Florian Fischer, Geschäftsführer der cci Dialog GmbH (Abb. © cci Dialog GmbH)

Als Vater von drei Jungs, die alle auf ein allgemeinbildendes Gymnasium gehen, frage ich mich aus aktuellem Anlass, was eigentlich getan wird, um auch dort für das Handwerk oder andere Ausbildungsberufe zu werben.

Einer meiner Söhne besucht die 10. Klasse eines allgemeinbildenden Gymnasiums. Am Ende des Schuljahres wird die Klasse in der Oberstufe auseinandergehen. Einige machen ein Auslandsjahr, aber viele verlassen die Schule. Mein Sohn wird in ein berufliches Gymnasium wechseln, wo er den Schwerpunkt Mechatronik gewählt hat. Warum erzähle ich Ihnen das? Ich habe meinen Sohn gefragt, ob es bei ihm in der Schule eine Berufsberatung für Ausbildungsberufe gab. Fehlanzeige! Auch für seinen Schulwechsel gab es keine Unterstützung, wir haben uns die Informationen dazu selbst beschaffen müssen. So ist es kein Wunder, dass keiner seiner Mitschüler eine Ausbildung beginnt. Stattdessen gibt es jetzt die Idee aus der Elternvertretung, dass Eltern ihre Berufe in einem Onlineformat vorstellen.
Ich finde, das ist ein Unding in einer Situation, in der aktuell rund 40.000 Ausbildungsplätze nicht besetzt sind, davon viele auch in der LüKK. Tendenz steigend. Die Zukunft braucht Handwerker, daher sollten Lehrer aller Schulen ihre Schüler zu handwerklichen Berufen ermutigen.
Wie schaffen wir das? Hier ein paar Vorschläge von mir dazu:
Statt nur Studienberatung anzubieten, sollten auch an Gymnasien Beratungstage in der 10. Klasse zu Handwerksberufen verpflichtend stattfinden. Ich finde, das ist viel wichtiger und besser investierte Zeit, als am Ende des Schuljahres Projekttage mit den Klassen zu machen. An diesen Beratungstagen sollte dann aber die Chance bestehen, Einblick in die Praxis einzelner Ausbildungsberufe zu bekommen.
Zweitens: Denken wir ein paar Jahre über die reguläre Schulzeit hinaus. Ich finde, die Meisterschulen beziehungsweise die Meisterausbildung sollten kostenfrei sein. Damit erhöht man ganz sicher die Attraktivität der betrieblichen Berufsausbildung. Der Meister ist genauso gut wie der Master. Mit diesem Schritt würden wir vielen jungen Menschen eine tolle Perspektive aufzeigen. Das Bundesland Bayern ist hier Vorreiter und hat die Meisterausbildung bereits kostenfrei gestellt. Dieses Modell sollte bundesweit Schule machen.
Und noch eine Idee: Wir brauchen mindestens so viele Azubiwohnheime wie Studentenwohnheime. Und: Warum nicht einfach beides zusammenlegen und Bildungswohnheime schaffen? So entstehen Freundschaften, ergeben sich Netzwerke und man kann voneinander lernen – über die Grenzen der Uni oder des Ausbildungsbetriebs hinaus.
Das alles hilft aber nichts, wenn nicht folgende Botschaft in Gesellschaft und Schule ankommt: Nirgendwo sonst sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche und glückliche berufliche Entwicklung, bis hin zur Chance des Unternehmertums, so gut wie im Handwerk.
Was meinen Sie dazu? Ich freue mich auf Ihr Feedback!
Ich wünsche Ihnen einen sommerlichen Start in den Juni!

Ihr Florian Fischer
florian.fischer@cci-dialog.de

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5 Kommentare zu “Meinung: Ausbildungsberatung, kostenlose Meisterausbildung und mehr

  1. Unsere jüngste Tochter ist eine der wenigen in der 10. Klasse, die erst mal eine Ausbildung als „Technische Systemplanerin“ beginnen wird.
    Sie ist froh ihr erstes Geld zu verdienen und nach Ihrer Ausbildung der Weg zum Abitur oder Studium offen ist. Ich selbst sehe hier nur Vorteile für unser Tochter z.B.:
    • Selbstständigkeit steigern
    • Selbstvertrauen steigern
    • Natürlich ihr erstes Geld verdienen
    • Unabhängiger werden
    • Das „wahre“ Leben kennenlernen
    • Einen gesunden Menschenverstand entwickeln
    • Einen gesunden Sinn für das Leben entwickeln
    Ihr jüngerer Bruder wird übrigens gleich nach der 9.Klasse mit dem Ausbildungsberuf „Mechatroniker Kältetechnik“ durchstarten, da er ein Praktiker und die Schule für Ihn ein Graus ist. Und auch Ihm stehen nach der Ausbildung alle Wege offen, dass sehe ich übrigens nicht bei „nur“ Studierten.
    Ich habe die Meinung, dass jeder eine Ausbildung zur persönlichen Entwicklung machen sollte und dass gilt besonders für Menschen die später in einer gesellschaftlichen Verantwortung stehen (Lehrer, Politiker, …).
    Ich wäre dankbar, wenn es wieder mehr Praktiker als Theoretiker geben würde.

  2. Hallo zusammen. Herr Plücker hat es schon auf den Punkt gebracht. Da ja anscheinend nur die Eltern auf die Schule gehen und bestimmen wie es weiter gehen soll mit ihrem Schützling. Da fehlt doch schon die eigene Meinungsbildung für einen Beruf. Es hat sich auch eine Abnormität eingeschlichen. Der Respekt und die Wertschätzung für das Handwerk, ist doch gänzlich verloren gegangen. Wie Herr Fischer erklärt, das die Meisterausbildung kostenfrei sein sollte, halte ich persönlich für keine gute Idee. Man muss sich sein Handwerk schon verdienen, so wie viele andere Meisterschüler vorher. Wo bleibt da die Wertschätzung für diesen Handwerksberuf, wenn es denn auch noch „Kostenlos“ gibt? Das kann doch bestimmt nicht wertvolles sein! Da wir unser Schulsystem irgend wann vor ca. 25 Jahren haben langsam umzubauen, hat das Handwerk keinen Platz bekommen. Selbst die Möglichkeit von der Hauptschule, wie es früher einmal möglich war, Auszubildene zu bekommen, geht in das Leere. Selbst die Werkrealschule etc. kannst du einfach vernachlässigen. Es fehlt an Bildung, Lust und Motivierung der Schüler. Die Botschaft ist schon da, nur will es keiner Hören, dann würde der eigene Traum vom nichts tun zerstört Wir könnten noch mehr darüber schreiben, es ist aber im Moment „noch“ nicht jemand da, der erstens zuhören würde und zweitens den Ernst der Lage begreift.
    Vielen Dank und eine sonnige Woche
    Olaf Mayer(SV)

    1. Hallo Herr Mayer,

      ich bin sonst auch kein Freund von „kostenlos“. Aber die Berufsausbildung im Handwerk steht im starken Wettbewerb zum Studium und da denke ich, dass finanzielle Aspekte eine Rolle spielen.
      Viele Grüße
      Florian Fischer

  3. Ich bin da ganz Ihrer Meinung, mein Betrieb hat letztes Jahr bei fünf Gymnasien in unserer Nähe angefragt ob die Schüler eine Berufsberatungen bekommen oder wir als Ausbildungsbetrieb unseren Beruf „Mechatroniker für Kältetechnik“ vorstellen dürfen, dies wurde von allen fünf Gymnasien mit der Begründung abgelehnt oder verneint „das Gymnasium ist eine Vorbereitung auf das Studium“, eine Berufsausbildung im Handwerk ist nicht das Ziel.
    Auch gesellschaftlich ist es nicht anerkannt mit den Händen zu Arbeiten. Solange die Eltern Ihren Kindern vermitteln, dass man ohne ein Abi nichts ist oder wird, können wir nicht damit rechnen, dass sich junge Menschen mit gutem Bildungsstand im Handwerk einfinden. Die Eltern vergessen oder verdrängen dabei, dass es wesentlich mehr Akademiker gibt, die nur Praktika, Zeitverträge oder gar keine Arbeit bekommen als im Handwerk.
    Unser aller Wohlstand bricht ohne das Handwerk zusammen.
    Gruß Stefan Plücker

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