Vier LüKK-Profs kontern gegen die „Regenschirm-Schullüftung“

Schematische Darstellung der Lüftungsanlage des Max-Planck-Instituts in einem Klassenraum. (Abb. © Andrea Koppenburg)

Haben auch Sie in den vergangenen Tagen im TV einen Beitrag zu der vom Max-Planck-Institut für Chemie (MPI) entwickelten günstigen „Abluftanlage für Klassenräume“ gesehen? Vier führende LüKK-Professoren haben dieses System nun unter die Lupe genommen und dazu kritische Stellungnahmen veröffentlicht.

Die ungewöhnliche Art der Abluftentnahme aus Klassenzimmern, die wegen ihrer von der Decke abgehängten schalenförmigen Absaugehauben auch als „Regenschirmlüftung“ bezeichnet wird, schaffte es in den letzten Tagen sogar in die Tagesschau, in die Tagesthemen, in das heute journal und in weitere Sendungen. Das System ist simpel und kann im Do-it-yourself-Verfahren mit Materialien aus dem Baumarkt erstellt werden, siehe Link am Ende des Beitrags. Die Anlage soll ausgeatmete, warme und daher aufgestiegene Luft, die möglicherweise Viren oder Bakterien enthält, mithilfe von Abzugshauben über den an Tischen sitzenden Schülern absaugen. Danach gelangt die Abluft in ein Zentralrohr und wird von einem Ventilator durch ein gekipptes Fenster nach draußen abgeführt. In einer gemeinsamen Stellungnahme haben sich die LüKK-Professoren Christoph Kaup, Martin Kriegel, Dirk Müller und Ulrich Pfeiffenberger kritisch mit den lüftungstechnischen Grundlagen und der Wirksamkeit dieses Systems auseinandergesetzt. Dabei geht es zum Beispiel um eine kaum ausreichende Wirksamkeit der Ablufterfassung über die Schirme (schlechte Senkenströmung, viel zu geringe Abluftvolumenströme), eine nicht sichergestellte kontrollierte Nachströmung von Luft in den Raum und um weitere Aspekte. Das Resümee der Stellungnahme lautet: Ein sicherer Systembetrieb aus Abluft- oder Absauganlage ist nicht gewährleistet. Die Lösung kann weder als nachhaltig noch als wirtschaftlich bezeichnet werden und kann daher nicht empfohlen werden. Mit konsequenter Umsetzung einer regelmäßigen Stoßlüftung gemäß den Empfehlungen des Umweltbundesamtes können wahrscheinlich bessere Luftwechselraten bei höherem Komfort erreicht werden. Für eine sichere, komfortable und energieeffiziente Lüftung von Klassenräumen sollten marktübliche raumlufttechnische Anlagen verwendet werden.

Links zu diesem Beitrag finden sich beim Fachverband Gebäude-Klima (FGK) unter dem Titel
„Kritische Auseinandersetzung mit dem Konzept einer „Abluftanlage für Klassenräume“ des Max-Planck-Instituts für Chemie (MPI)“:
– Gutachten von Prof. Christoph Kaup hier
– Gemeinsame Stellungnahme Kaup, Kriegel, Müller, Pfeiffenberger
Beitrag des SWR am 19. November zur MPI-Lüftung hier.

Kritische Kommentare zu diesem Thema gab es bereits am 5. November von Lesern von cci Branchenticker, hier.

cci121355

3 Kommentare zu “Vier LüKK-Profs kontern gegen die „Regenschirm-Schullüftung“

  1. Nachdem dieses Problem nun abschließend und eindeutig von kompetenter Seite geklärt ist, können wir uns damit der nächsten Corona-Bastellösung widmen. In Bremen hat ein ehemalige Lehrer „Conny-Gun“ für ein Vegesacker Klassenzimmer „erfunden“. Das ist ein Umluftentkeimungsgerät auf der Basis von UV-C- Strahlung.
    (https://www.weser-kurier.de/region/die-norddeutsche_artikel,-licht-an-viren-tot-_arid,1946415.html)
    Für nicht 200 Euro, nein für nur 100 Euro bauen die Schüler ein Umluft-Entkeimungsgerät.
    „Es braucht nur ein paar Rohre, Endklappen, Abdeckung aus Kunststoff, Kabel, Stecker und nicht zuletzt natürlich eine UV-C-Lampe.“ Hoffentlich die richtige UV-C-Lampe!
    Und wieder spielen angeblich Mitarbeiter eines Max-Planck-Institutes mit. Dieses Mal die Bremer Filiale. MPI scheint sehr vielseitig und für Bastellösungen auf Entwicklungslandniveau aufgeschlossen zu sein.
    Wir vergessen eben mal die letzten 100 Jahre technischer Entwicklung und fangen nochmal von vorn an.
    Peter Rietschel, BGN

  2. Erschreckend aus meiner Sicht:
    Das sich die LüKK überhaupt erst rechtfertigen muss angesichts solcher DIY-Lösungen und der Verdacht aufkommt, die Branche hätte keine technischen Lösungen, welche schnell umsetzbar sind, verfügbar.

    Hier wird das Pferd von hinten aufgezäumt. Die Verhinderung der Umsetzung der vorhandenen hervorragenden technischen Lösungen findet bei Schulträgern und Verwaltungen statt, welche lediglich auf Budget und Kosten schauen statt Effizienz, Nachhaltigkeit und Gesundheitsschutz an erste Stelle der Anforderungen zu setzen. Wie oft muss ich mir sagen lassen, das für eine Lüftung kein Geld vorhanden ist, aber für die hochwertige Designfassade und die künstlerische Figur vor der Schule über deren Bedeutung auch noch nachfolgende Generationen sich bei schlechter Raumluft die Köpfe zermartern.

  3. Es wurde aber auch höchste Zeit, dieser Scharlatartanerie einmal den gesunden Menschenverstand entgegen zu setzen.
    Schlimm finde ich jedoch, dass diese Dummheit noch von unserem Ministerium unterstützt wird und Geld dafür ausgegeben
    werden soll.
    Danke den Autoren für die Klarstellung.

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