Schullüftung zum selber bauen

Schematische Darstellung der Lüftungsanlage des Max-Planck-Instituts in einem Klassenraum. (Abb. © Andrea Koppenburg)

Das Max-Planck-Institut hat eine Lüftungsanlage konstruiert, die sich mit Materialien aus dem Baumarkt bauen lässt. Das rheinland-pfälzische Bildungsministerium prüft nun den Einsatz an Schulen.

Mit Schere und Bastelkleber eine Lüftungsanlage bauen. Was sich für Hersteller von Lüftungsanlagen erstmal verstörend anhört, hat das Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz ausprobiert. Hintergrund ist die aktuelle Pandemiekrise und das Bedürfniss vieler Schulträger, mit Hilfe von Lüftungsanlagen das Infektionsrisiko in Schulen zu reduzieren. Laut den Forschern entfernt Ihre Anlage 90 % der Aerosolpartikel aus den Klassenzimmern. Die Konstruktion ist denkbar einfach und wurde mit Materialien aus dem Baumarkt im Wert von etwa 200 Euro umgesetzt. Da ist es also nicht schlimm, wenn die neue Do-it-yourself-Lüftungsanlage nicht unter die neue BAFA-Richtlinie zur Corona-gerechten Um- und Aufrüstung raumlufttechnischer Anlagen in öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten, fällt. Die BAFA-Richtlinie greift nämlich nur bei Bestandsanlagen.
Eine ausführliche Beschreibung der Anlage und des Konzepts gibt es hier .

Nun möchten wir gerne wissen was unsere Leser von dem Konzept der Do-it-yourself Lüftungsanlage halten. Ist das Problem von schlechter Luftqualität in Klassenzimmern nun gelöst? Haben Sie einen technischen Verbesserungsvorschlag?

Schicken Sie uns Ihre Meinungen und Vorschläge bitte an redaktion@cci-dialog.de . Anschließend leiten wir die Antworten weiter an das Max-Planck-Institut.

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6 Kommentare zu “Schullüftung zum selber bauen

  1. Wo bleiben da die einzelnen VDI- und DIN-Richtlinien sowie Brandschutz und BGN? In der TGA sind wir Fachfirmen immer in der Pflicht, wie geht so was bei Selbstbau durch Laien? Wer macht die Wartungen und wie kann man Kunststoffschläuche hygienisch pflegen? Ohne Stabilität keine korrekte Reinigung. Zuluft über kontaminierte Flure, Nebenräume oder offene Fenster ohne Filter, sind sehr dubios und teilweise nicht erlaubt.
    Helmut Schneiker

  2. Ich kann Herrn Tale-Yazdi nur voll zustimmen. Es ist erschreckend, mit welchem Unfug man derzeit in der Presse ganz groß herauskommen kann, wenn es nur der Bekämpfung der Pandemie dient. Einzige Voraussetzung scheint ein großer Institutsname oder ein deutscher Professorentitel zu sein. Vielleicht sollten sich die Physiker bei rein ingenieurwissenschaftlichen Themen ein wenig mehr zurückhalten. (Und ich bin selbst so einer!) Irgendwie will mir da der Begriff Fake-News nicht aus dem Kopf gehen, obwohl ich den doch gar nicht mag.
    Bei dieser Lösung fehlt ganz klar die Zuluft. Ein typischer Laienfehler. Die Annahme über die senkrecht aufsteigende Luft ist ohne eine entsprechende Zuluftführung über Quellluftauslässe völlig naiv. Diese würden allerdings das knappe Buget deutlich sprengen. Es wird auch nicht klar, wie der Baumarkt-Lüfter in dieser strömungstechnisch katastrophalen Anordnung den für eine Schulklasse erforderlichen Luftwechsel bringen soll.
    Aber es sieht so aus, als sprängen derzeit tatsächlich schon einige Schulen aufgrund klammer Kassen auf den Zug auf. Mit der vor dem derzeitigen Hintergrund schnellsten, besten und billigsten Lösung, der Stoßlüftung können sich die meisten Lehrer wohl leider nicht anfreunden.
    Vermutlich wäre es das beste, wenn sich ein Lüftungs-Profi die Mühe gäbe, dieses System mal gründlich zu prüfen.
    Dr-Ing. Peter Rietschel, BGN

  3. Sehr geehrte Fachkolleg*innen,

    wenn ich richtig schaue, dient das offene/ gekippte Fenster der Fortluftausbringung. Das dokumentieren auch die nicht ganz so elegant gesetzten Fließpfeile. Damit stellen sich für mich, der ein solch laienhaftes System (im Netz bereits als „Regenschirmlüftung“ belächelt) aus dem Baumarkt ohnehin sehr kritisch betrachtet, nachfolgende Fragen:

    1. Wenn es in den Raum keine Zuluft über Fenster/ Fassade gibt, muss die Nachströmung logischerweise über den Flur erfolgen?
    2. Leider sind keine Volumenströme durch den Ventilator bekannt …. angenommen 1.000 m3/h. Bei 6 Klassen an einem Gebäudeflügelflur macht das in der Summe 6.000 m3/h. Eine zugige Veranstaltung im Flur und auch die Türen müssten ganztägig geöffnet bleiben in allen Klassen.
    3. Was ist mit dem Lärmpegel in einer solchen Situation?
    4. Wenn angenommen eine hoch infizierte Person „Superspreader“ im Gang zwischen den Klassen abhustet … haben dann alle Klassen ihren Anteil an der Verteilung der Virenlast, da die Luft ja erst durch den Raum, an den Schülern vorbei und nach oben abgesaugt wird?
    5. Welchen Anlagenschalldruckpegel erzeugt der Ventilator, wenn die Klassenraumtür geschlossen ist gegen den erzeugten Unterdruck oder grundsätzlich? Ist dieser regelbar nach Lüftungsbedarf und Klassenstärke?
    5. Wie erfolgt die elektrische und arbeitsrechtliche Absicherung, um elektrische Unfälle durch Manipulation durch die Schüler zu vermeiden?
    6. Wenn sich Eltern dazu in ihrer Verzweiflung hingeben, so etwas in einem Klassenraum einzubauen. Übernehmen diese dann auch die rechtliche Haftung für Unfälle und gesundheitliche Schäden bei Schülern?

    Zu anderen kritischen Punkten hatten sich ja bereits Kollegen dankenswerter Weise geäußert.

    Solche Themen und Lösungen sollten doch die Kolleg*innen vom MPI bitte den Fachleuten der Lüftungstechnik überlassen.

  4. In den folgenden Überlegungen lasse ich die Thema: Normen, Richtlinien, GEG, Vorschriften mal weg. Hier meine Gedanken:

    Sommerbetrieb: Besser dauerhaft über die Fenster Lüften hat wahrscheinlich einen größeren Effekt und Luftwechsel als über das vorgestellte Luftsystem.

    Übergangszeit: Besser regelmäßig über die Fenster zu lüften hat wahrscheinlich einen größeren Effekt und Luftwechsel als über das vorgestellte Luftsystem.

    Winterbetrieb:
    •Luftverteilung:
    ◦Die Wirkung, gezielt über den Tischen die Luft abzusaugen, bezweifele ich.
    ◦Die Luftabsaugung wird über die einzelnen Luftdurchlässe nicht gegeben sein.

    Der laienhafte Aufbau ist im Dauerbetrieb sicherlich ein Hygieneproblem.

    •Das gekippte Fenster als Fortluftöffnung zu nutzen, birgt möglicherweise viele neue Probleme:
    ◦Es wird Betriebsfälle geben, in der die gerade durch offene Fenster geblasene Fortluft wieder in den Klassenraum einströmt (Kurzschluss von Fortluft zur frischen Außenluft).
    ◦Durch das ständig geöffnete Fenster wird es im Klassenzimmern immer kälter werden, die Heizleistung wird auf Dauer nicht ausreichen, um den Raum auf Min-Temperatur zu halten.
    ◦Von ständigen Zugerscheinungen durch das geöffnete Fenster und damit verbundenen Erkrankungen der Kinder möchte ich gar nicht reden.
    ◦Erhöhte Heizkosten
    •Hoffentlich fällt den Kindern die laienhafte Konstruktion nicht mal auf den Kopf
    •Geräuschprobleme durch den Lüfter und ständigen Lärm von draußen

    Es gibt bestimmt noch viel weitere Nachteile – was ist mit der Haftungsfrage – die möglichen nachhaltigen Vorteile kann ich momentan nicht sehen.

    Aktionismus wie der Umgang mit der Covid-19-Krise (passt eigentlich gut zusammen).

    Detlef Malinowsky (Sachverständiger, Referent für TGA-Technik, KfW und BAFA gelisteter Berater, Vorstand Energiegenossenschaft und Gewerbeverband)

  5. Eine wirklich interessante Idee. Denn alle bisher von „Fachleuten“ in die Runde geworfenen technischen Lösungen kosten eine Unmenge an Geld und werden weder eine echte Lösung erbringen noch dauerhaft eingesetzt werden. Luftreiniger egal von welchem Hersteller sind allesamt mit sehr aufwändiger Filtertechnik ausgestattet und haben Wartungskosten zur Folge. Dabei wird aber immer außer Acht gelassen, dass Luft, die nicht angesaugt wird, auch nicht gefiltert wird. Ist ein Klassenraum groß genug, wird ein Teil der Luft niemals angesaugt und daher auch nicht gereinigt. Die Geräte kosten eine Menge Geld und wenn die Corona-Pandemie vorbei ist werden diese Geräte sofort abgeschaltet und irgendwann wahrscheinlich verschrottet. Ganz abgesehen davon machen alle diese Geräte Geräusche und das ist in einem Klassenraum in der Regel störend. Diese vorgeschlagene Lösung des Max-Planck-Institutes kann man in sehr kurzer Zeit in Eigenleistung erbringen. Das sollte auch jede Klasse tatsächlich selber zusammen bauen, so wird vielleicht auch noch handwerkliches Geschick gefördert. Allerdings ist das gezeigte Material eines Tages unerwünschter Kunststoffmüll, was die Umwelt belasten wird. Daher schlage ich vor das Ganze aus Textilien zu fertigen, was zudem den Vorteil hätte, dass man dieses reinigen kann. Dazu müsste die Anlage aber so aufgebaut werden, dass man diese einfach abbauen und in eine Waschmaschine stecken kann. Ein Nachteil kann bei dieser Lösung allerdings auftreten. Sollte eine Schule um sich herum Straßen oder andere Geräuschquellen haben, so kann ein geöffnetes Fenster ebenfalls sehr störend sein. Es handelt sich hierbei um meine private Meinung zu obigem Thema.

    Rüdiger Geier

  6. Es ist schon bemerkenswert, dass wir uns technisch dem Stand eines Entwicklungslandes annähern und das dann auch noch als große Innovation feiern.

    Dipl.-Ing. Georg Tale-Yazdi
    Sachverständigenbüro Tale-Yazdi

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