Wann ist eine Norm eine anerkannte Regel der Technik? – Es gibt Neuigkeiten!

Bereits im Juni hatte der Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger (BVS) mit rund 70 Teilnehmern seine Delegiertenversammlung in Bremen abgehalten, und aktuell wurde ein Vorstoß aus der Zusammenkunft umgesetzt: Es geht um die immer brennende Frage „Wann ist eine Norm eine anerkannte Regel der Technik?“ 2017 wird es eine Veranstaltung zu dem Thema geben – so lautet der Beschluss aus der Sitzung. Mehr dazu in der folgenden Meldung.

Dipl.-Ing. Helge-Lorenz Ubbelohde, BVS-Vizepräsident und öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden (Abb. BVS) DIN-Normen werden immer komplexer. Mit der Normenvielfalt und -fülle steigen auch die Anforderungen an die Konstruktionen. Bauwerke werden somit verteuert. Eine einfache Anwendung der Regelwerke scheint unmöglich. So sah es der Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger (BVS) bei seiner Delegiertenversammlung in Bremen und beklagte den Missstand: Mit der steigenden Normenflut werde ein Anforderungsniveau beschrieben, das in den meisten Fällen über dem Bedarf und über einer üblichen Gebrauchstauglichkeit liege. Im Entstehungsprozess sind primär interessierte Kreise – Lobbyisten und Industrie – und im Wesentlichen nicht betroffene Kreise eingebunden, sodass die Normungstätigkeit in verstärktem Maße durch wirtschaftliche Interessen beeinflusst ist.

„Durch den Deutschen Richter- und Staatsanwaltstag wurde erneut eine Diskussion initiiert, ob, und in welchem Maße DIN-Normen die technischen Sachverhalte als sogenannte anerkannte Regeln der Technik widerspiegeln, die im Falle des Rechtsstreits bei Bauprozessen häufig die Grundlage der Urteilsfindung werden“, erklärte Dipl.-Ing. Helge-Lorenz Ubbelohde, BVS-Vizepräsident und öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden.
Dagegen, so der BVS, sind langfristig bewährte technische Lösungen nicht mehr anwendbar. BVS-Tenor ist, dass der Bauprozess in Planung und Ausführung unnötig komplexer wird und durchdachte, vereinfachte Lösungen missen lässt. Nach Einschätzung des Verbands sind Kostenerhöhungen für die Bauherren eine Folge. Ubbelohde erläutert hierzu: „Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige werden häufig, so auch bei Gericht, um ihre Einschätzung gebeten. Nicht wie oft angenommen, ist eine Norm tatsächlich auch eine anerkannte Regel der Technik. Hier gilt es zu differenzieren, wenn wir auch in der Praxis oft erleben, dass die Norm quasi mit der anerkannten Regel der Technik gleichgesetzt wird. Dies erklärt auch, warum in jedem Fall technisch fundiert begründet werden muss, dass im Einzelfall eine DIN-Norm nicht als allgemein anerkannte Regel der Technik gilt. Hierin begründet sich häufig ein nicht unerhebliches Prozessrisiko, da eine Orientierung in der Einschätzung bezüglich des Regelwerks oder einer DIN- Norm nur selten gegeben ist.“

Der BVS sieht daher den dringenden Bedarf, aktiv zu werden. Insbesondere die BVS-Bundesfachbereiche Bau und Technische Gebäudeausrüstung setzen sich aktiv ein. Ergebnis der BVS-Bundesdelegiertenversammlung ist daher ein Deutscher Bausachverständigen-Tag, den Verbände der Bau- und Immobilienwirtschaft, Beratende Ingenieure sowie Mitglieder des Sachverständigenwesens gemeinsam ins Leben rufen wollen. Die Erstveranstaltung soll 2017 stattfinden.
Ziel ist es, dahingehend zu bewerten, ob eine betreffende Norm als allgemein anerkannte Regel der Technik anzusehen ist und ob eine Empfehlung ausgesprochen werden kann, eine DIN-Norm bauaufsichtlich einzuführen. Als Ergebnis soll eine neutrale und unabhängige Sachverständigenmeinung dazu formuliert werden, in welchem Maße neue Normen als anerkannte Regel der Technik anzusehen sind.

Artikelnummer: cci46635

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