Ein Jahr nach Viessmann-Verkauf an Carrier: „Kunden trauen dem Braten nicht“

(Abb. © Viessmann Climate Solutions)
Thomas Heim, Leiter Viessmann Climate Solutions (rechts) mit Max Viessmann, Mitglied des Verwaltungsrats von Carrier und größter privater Einzelaktionär des Unternehmens (Abb. © Viessmann Climate Solutions)

Gut ein Jahr nach dem Verkauf von Viessmann an Carrier (siehe cci202195) hat die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) mit Thomas Heim, Leiter Viessmann Climate Solutions, ein Interview geführt. Dabei geht es unter anderem um die deutsche Wärmepumpen-Konjunktur und die wirtschaftliche Lage von Viessmann im Wärmeerzeugersegment. cci Branchenticker fasst die Inhalte zusammen.

Derzeit gibt es (wieder) viele Nachrichten über Viessmann, hier und da Zukäufe und Kooperationen. Nicht so spektakuläre Neuigkeiten wie der damalige Paukenschlag des Verkaufs an Carrier, aber stetig: cci Branchenticker berichtete jüngst über Kooperationen mit Energieversorgern (Artikelnummern cci272934 , cci272020, cci270412) und weitere Zukäufe von SHK-Betrieben (cci272530). Klar zu erkennen: Viessmann verstärkt seine Vertriebswege. Denn man erinnere sich: Nach Abschluss der Viessmann-Carrier-Transaktion sollte Viessmann Climate Solutions unter der Leitung von Thomas Heim zu einem der wesentlichen Treiber der Wachstumsstrategie von Carrier bei Klimalösungen im Wohn- und Gewerbesegment in Europa werden. Das große Wachstum gibt es derzeit nicht, eher einen schwächelnden Wärmepumpenmarkt. Was sagt Heim dazu? Das erste Viessmann-Quartal sei sehr gut gewesen, was aber auch an der Stärke eines global aufgestellten Unternehmens liege, wodurch Schwankungen in einzelnen Regionen oder Geschäftsfeldern besser ausgeglichen werden können – zum Beispiel das schwache Geschäft in Europa. Heim: „Wir agieren also aus einer neuen Position der Stärke heraus, auch wenn es in Europa ein extrem schwieriges Marktumfeld gibt. Nach dem sehr guten Jahr 2023 wird der Markt für Wärmepumpen in diesem Jahr rückläufig sein. Die Politik hat zwar ehrgeizige Ziele für den Gebäudesektor formuliert, aber im ersten Quartal ist die gesamte Branche sehr weit hinter diesen Erwartungen zurückgeblieben. Mit Viessmann Climate Solutions liegen wir etwa 10 % unter Vorjahr.“ Auf Kurzarbeit wie bei Stiebel Eltron (siehe cci273039) müsse man aber nicht zurückgreifen, da man andere Lösungen gefunden habe: Beispielsweise werden Arbeitszeitkonten in Minimumbereiche gefahren und Zeitarbeitskräfte reduziert. Die Ursache der schwachen Wärmepumpen-Nachfrage sieht Heim in den politischen Rahmenbedingungen. Das Hin und Her in der Gesetzgebung und bei Förderprogrammen habe zur Verunsicherung der Kunden geführt. Auch die maximale Förderung von 70 % ziehe (noch) nicht: „Die Kunden trauen dem Braten nicht“, analysiert Heim. Gut für Viessmann, dass man doch noch andere Wärmeerzeuger produziert: So war das Invest von einer Milliarde Euro unter anderem in ein Werk in Polen nicht vergebens. Die Produktion könne zwischen den Viessmann-Werken hin- und hergeschoben werden. Auf die Frage „Die Produktion wie vieler Wärmepumpen trauen Sie sich in diesem Jahr zu?“ schätzt Heim 180.000 bis 200.000 Stück. Und schließlich verkaufen sich Gas- und Ölheizungen in Europa auch noch gut, vor allem im vergangenen Jahr – was Heim darauf zurückführt, dass sich viele Verbraucher angesichts eines bevorstehenden Verbots noch einmal eindecken. Jedoch räumt er ein, dass dieser Trend in diesem Jahr zu einem Ende kommen werde.
Dem Vorwurf, dass die kommunale Wärmeplanung noch auf Jahre den Wärmepumpenabsatz bremst, stimmt Heim nicht zu: „Die kommunale Wärmeplanung ergibt Sinn. Aber ich muss den Menschen, die jetzt eine Wärmepumpe kaufen, die Sicherheit geben, dass dieser Kauf durch die Ergebnisse der Wärmeplanung nicht infrage gestellt wird. Das belegt auch ein aktuelles Rechtsgutachten des Bundesverbandes Wärmepumpe. Nah- und Fernwärme haben ihre Berechtigung, aber sie dürfen das Massenprodukt Wärmepumpe nicht blockieren.“

Zum FAZ-Interview geht es hier. (Zugänglich nur für FAZ-Abonnenten)

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