Viessmann-Pressekonferenz zum Verkauf an Carrier

(Screenshot der Pressekonferenz: Abb. © Viessmann)
Max Viessmann führt die Viessmann-Gruppe in vierter Generation. (Screenshot der Pressekonferenz: Abb. © Viessmann)

Inzwischen hat sich die Nachricht wie ein Lauffeuer in der internationalen Medienlandschaft verbreitet: Viessmann verkauft den äußerst einträglichen (inzwischen auf 3,4 Mrd. € bezifferten Umsatz) Geschäftsbereich Climate Solutions – zu dem unter anderem Wärmepumpen gehören – an die Carrier Global Corporation. Gestern um 16 Uhr fand eine Pressekonferenz von Viessmann statt, in der Max Viessmann (Geschäftsführer Viessmann Group) und Thomas Heim (Geschäftsführer Viessmann Climate Solutions) erklären wollten, was diese „Partnerschaft“ bedeutet und welche Chancen der Zusammenschluss bietet.

Auf diese kurzfristig einberaumte Pressekonferenz war wohl die gesamte internationale Tages- und Wirtschaftspresse sowie die LüKK-Fachpresse gespannt. Der Einladungstext lautete wie folgt: „Die Energiewende ist eines der größten Themen unserer Zeit. Besonders Klimalösungen im Gebäudesektor spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Wir können die weltweite Energiewende nur erfolgreich meistern, wenn Unternehmen global denken, handeln und zusammenarbeiten. Wie Sie der aktuellen Pressemitteilung entnehmen können, stellen wir uns als Viessmann Group neu auf und führen unseren Geschäftsbereich ‚Climate Solutions‘ mit dem führenden US-Unternehmen Carrier zusammen. Mit diesem Schritt schaffen Viessmann Climate Solutions und Carrier einen neuen globalen Champion in der Klimalösungsbranche.“

Max Viessmann leitete seine Präsentation mit den Worten ein: „Heute ist ein sehr spezieller Tag für unser Familienunternehmen“ und erklärte im Folgenden den Weg der Überlegungen, die zur „transatlantischen Partnerschaft“ mit Carrier geführt haben. Die soziale Verantwortung für alle Mitarbeiter in einem extrem dynamischen Marktumfeld weiter zu tragen, sei ein entscheidender Punkt. Lieferengpässe, Klimawandel, das außereuropäische Wettbewerbsumfeld (vor allem große „Kälte-Klima-Konglomerate“ aus Asien, die auf den Wärmepumpenmarkt drängen) waren weitere Gründe. „Wir müssen den Gebäudesektor dringend dekarbonisieren und haben Verantwortung für die nachfolgenden Generationen und wir müssen die Lieferketten in den Griff kriegen“, so Viessmann, „all dies bedarf einer erheblichen Investition.“ Der „Familienrat“ habe sich mit diesen und weiteren Kriterien auseinandergesetzt. Wie kann man langfristig die Wettbewerbsfähigkeit sichern, wie kann das Wachstum finanziert werden? Man sei zu dem Schluss gekommen, dass die beschränkten Ressourcen des Familienunternehmens nicht reichen, um das Unternehmen weiter zu entwickeln. „Unsere emotionale Heimat wäre es eigentlich gewesen, so weiterzumachen wie bisher“, aber aus den genannten Gründen sei dies nicht möglich. „Wir sind offenbar nicht der beste Eigentümer“, so Viessmann, und so habe man auch erwogen, das Unternehmen vollständig zu verkaufen, was aber schnell verworfen wurde. M+A kam auch nicht in Frage.
Und dann kam Carrier mit einem Umsatz von 20 Mrd. €. „In Carrier haben wir den richtigen Partner für alle Beteiligten gefunden. Carrier hat in Amerika den Status wie Viessmann in Deutschland und vertritt gleiche Werte und Ziele, wie zum Beispiel Nachhaltigkeitsziele.“ Carrier sei bereit, Milliarden in Viessmann zu investieren „und kann damit die Umsetzung der Energiewende realisieren“ – und Viessmann zu erheblich größerer Reichweite verhelfen.
Der Unternehmenszusammenschluss, Kauf, Partnerschaft – oder wie immer man die Transaktion nennen möchte – führt zu einem Unternehmen mit einem Umsatz von 15,6 Mrd. € und 44.700 Mitarbeitern. „Damit können wir auf Augenhöhe mit den großen Klimatechnikherstellern agieren“, sagte Viessmann.
Die Fragen der zugeschalteten Journalisten bekräftigten immer wieder die Hauptaussage von Max Viessmann: Viessmann Climate Solutions soll unverändert weitergeführt werden (auch nach Ablauf der Garantien) – nur eben auf einer „höheren“ Ebene. Produkte, Standorte, Tarifverträge: Alles soll weitergehen und erhalten werden, auch die Ersatzteilverfügbarkeit besteht weiter. „Es geht nicht ums Rationieren, die leistungsfähigen Standorte sollen ausgebaut werden“, betonte Viessmann.

Hier noch einmal alle Fakten aus der eingangs angesprochenen Pressemitteilung in Kürze:

  • Die Viessmann Group führt ihren Geschäftsbereich ‘Viessmann Climate Solutions’ mit Carrier Global Corporation („Carrier”) zusammen. Carrier ist ein weltweit führender Anbieter von intelligenten Klima- und Energielösungen mit Hauptsitz in Palm Beach Gardens, Florida/USA).

Vorteile (aus Viessmann-Sicht) des Zusammenschlusses:

  • Das Familienunternehmen wird nach Abschluss der Transaktion einer der größten Anteilseigner von Carrier. Max Viessmann wird Mitglied des Verwaltungsrats von Carrier und größter privater Einzelaktionär des Unternehmens. Dies sichere die Einbindung der unternehmerischen Gründerfamilie und ermögliche eine klare Ausrichtung auf langfristiges Wachstum.
  • Weiteres Wachstum durch neue Größe und Reichweite: Carrier ist ein führendes Unternehmen bei Klimalösungen im Wohn- und Gewerbesegment in Nordamerika sowie im europäischen großen Gewerbemarkt. Der Geschäftsbereich Climate Solutions der Viessmann Group ist Marktführer im europäischen Premium-Wohnsegment. Durch den Zusammenschluss entsteht somit sowohl in Nordamerika als auch in Europa ein Marktführer im Wohn- und Gewerbesegment. Darüber hinaus hat Carrier über seine lokale Marke Toshiba Carrier Corporation eine starke Präsenz in Asien.
  • Führungsrolle in Europa: Nach Abschluss der Transaktion, der bis Ende des Jahres erwartet wird, soll Viessmann Climate Solutions unter der Leitung von Thomas Heim zu einem der wesentlichen Treiber der Wachstumsstrategie von Carrier bei Klimalösungen im Wohn- und Gewerbesegment in Europa werden. Der Hauptsitz des Unternehmens bleibt – zumindest für die nächsten zehn Jahre – in Allendorf.
  • Kunden und Installationspartner beider Unternehmen können auf ein breiteres Produkt- und Serviceportfolio, mehr digitale Angebote und weitere Zusatzleistungen zugreifen. Außerdem werden sie von höheren Produktionskapazitäten und kürzeren Lieferzeiten für Lösungen im Bereich der erneuerbaren Energien profitieren. Das Angebot an Wärmepumpen, Batteriespeichern, Photovoltaik- und Klima- und Lüftungslösungen wird erheblich erweitert.
  • Beide Parteien haben sich auf langfristige Garantien geeinigt: Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen (drei Jahre), Garantien für die wichtigsten Produktions-, Forschungs- und Entwicklungsstandorte (fünf Jahre) sowie den Hauptsitz in Allendorf (zehn Jahre). Das Unternehmen profitiert dabei von der globalen Aufstellung in den Bereichen Beschaffung, Logistik, Produktion, Lieferkette, Produktentwicklung, Vertrieb und Service.
  • Die Viessmann Group – ohne Climate Solutions – bleibt ein eigenständiges Familienunternehmen im vollständigen Besitz der Unternehmerfamilie Viessmann. Der Erlös aus dem Zusammenschluss mit Carrier wird größtenteils in die Viessmann Group reinvestiert. Die Viessmann Group (1 Mrd. € Umsatz) wird auch Eigentümerin ihrer Marke bleiben. Carrier lizenziert die Marke Viessmann im Wärmesektor und baut sie weiter aus.

Spätestens bis 2030 soll die Viessmann Group auf eine Größe wachsen, die den Geschäftsbereich Climate Solutions übertrifft.

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