Gericht bestätigt Recht auf saubere Luft und Ruhe

Anwohner erzwingt per Verwaltungsgericht für Hauptverkehrsstraße Tempo 30.

(Abb. © Rafa Irusta/Fotolia.com) Anwohner können die Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auch auf Hauptverkehrsstraßen verlangen, wenn ein Luftreinhalteplan dies vorsieht. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden (Urteil der 11. Kammer vom 4. Januar 2016 – VG 11 K 132.15).

Der Kläger ist Anwohner der Bundesstraße 2, die pro Fahrtrichtung zwei bis drei Spuren aufweist. Auf ihr verkehren drei Bus- und vier Straßenbahnlinien. Die Verkehrslenkung Berlin lehnte den Antrag des Klägers, die vorgesehene Höchstgeschwindigkeit zum Zweck der Verminderung der Luftschadstoffe auf 30 km/h zu reduzieren, unter Berufung auf die überregionale Bedeutung der Verkehrsverbindung ab. Zur Sicherung eines leistungsfähigen Verkehrsnetzes müsse es bei Tempo 50 bleiben.
Die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin verpflichtete die Verkehrslenkung Berlin nun zur Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz bestehe diese Verpflichtung immer dann, wenn ein Luftreinhalteplan dies vorsehe. Ein solcher Plan liege hier mit dem von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt beschlossenen Luftreinhalteplan 2011 bis 2017 vor. Danach soll Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen in solchen Abschnitten eingeführt werden, in denen mit einer Überschreitung des NO2-Grenzwertes zu rechnen ist. Die Grenzwerte für NO2 seien bereits im Jahre 2012 um 10 % überschritten worden, und es gebe keine Anhaltspunkte für Verbesserungen. Ein überwiegend stetiger Verkehrsfluss sei auch bei einer Geschwindigkeitsreduzierung gesichert, und die Belange des öffentlichen Personennahverkehrs sowie der anderen Verkehrsteilnehmer würden ausreichend berücksichtigt.

Das Urteil ist ein Erfolg für den Umweltschutz. Im Berliner Fall wurde entgegen einer ausdrücklichen Empfehlung der Fachabteilung auf Druck von höherer Stelle das angeordnete Tempo 30 nicht umgesetzt. Umwelt- und Verkehrssenator Geisel muss nun offenlegen, warum und wie oft es zu solch einer Missachtung der fachlichen Ratschläge für saubere Luft und Lärmreduzierung kam. Der Senat ist aufgefordert, sich an seinen eigenen Luftreinhalteplan zu halten. Damit die Luft verbessert wird, müssen alle möglichen Optionen in Betracht gezogen werden – von Geschwindigkeitsbeschränkungen bis zur Ausweitung der Umweltzone.

Berlin gehört bei der Luftverschmutzung zu den Top 3 der schmutzigsten Städte Deutschlands. Deswegen droht dem Land Berlin ein EU-Vertragsverletzungsverfahren mit erheblichen Geldstrafen.

Artikelnummer: cci39863

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