Meinung: Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?

(Abb. © cci Dialog GmbH)
Sabine Andresen (Abb. © cci Dialog GmbH)

Wie sehr definieren Sie sich eigentlich über Ihren Beruf, Ihre Tätigkeit und Ihre Rolle in der LüKK?

Ich fange noch einmal anders an. Immer wieder wird man ja in bestimmten Situationen gefragt, was man denn beruflich eigentlich so mache. Wenn ich dann sage, ich sei Journalistin, erlebe ich oft eine Art „Ehrfurcht“ im Gesicht meines Gegenübers. Oder ich werde gefragt: „Sag mal, du bist doch bei der Zeitung, oder?“ – gerade wieder passiert. „Bei der Zeitung“ ist ja ungefähr so präzise wie „was mit Medien“. Wenn ich dann sage, dass ich im Grunde auch „nur“ einen handwerklichen Beruf ausübe – nur eben mit Worten – bin ich gleich schon weniger schein-glamourös. Eine Freundin von mir ist Kriminalkommissarin, und ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, als ich sie fragte, was sie denn arbeite. Wir waren mit den Kindern gerade im Freibad, und sie schaute sich um und flüsterte dann: „Ich bin bei der Kripo, aber das sage ich nicht jedem.“
Wir verbringen ja viel Zeit mit unserer Arbeit und definieren uns auch ein Stück weit darüber. Dass das nicht unbedingt immer so gesund ist, ist auch allgemein bekannt. Den eigenen Beruf toll zu finden und sich mit dem Unternehmen zu identifizieren, ist natürlich etwas Positives. Und trennen kann man auch nicht alle Lebensbereiche voneinander. Wenn ich – wie im Pfingsturlaub geschehen – irgendwo ein Dachklimazentralgerät mit sauber glänzenden Luftleitungen erblicke, freue ich mich darüber. Aber es gibt auch Arbeitnehmer, die ihren Wert über ihre berufliche Tätigkeit definieren. „Burnout droht die nächste Pandemie zu werden“, warnt hierzu Alain Dehaze, CEO des Personaldienstleisters Adecco. Auch der Fachkräftemangel und die verschwimmenden Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben haben einen Anteil daran, dass die Zahl von Burnout-Betroffenen steigt. Eine Studie will nun herausgefunden haben, dass bereits jetzt jeder zehnte Arbeitnehmer in Deutschland süchtig nach der eigenen Arbeit ist. Helfen kann da auf jeden Fall als Kollegen aufeinander zu achten und Hilfestellung anzubieten.
Aber kommen wir auf die Frage im Vorspann zurück. Wie viel Beruf, wie viel „Ansehen“ (Rolle), wie viel Privatleben, wie viel Hobby, wie viele Interessen machen uns anteilig aus? Wer bin ich – und wenn ja, wie viele? Über eine oder mehrere Antworten muss ich selbst noch nachdenken, aber ich persönlich brauche in meinem privaten Umfeld einen Gegenpol zur Arbeitswelt. Betrachten Sie diese „Meinung“ eher als einen Anstoß zu einer interessanten Selbstreflexion.

Ihre
Sabine Andresen
sabine.andresen@cci-dialog.de

cci205419

6 Kommentare zu “Meinung: Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?

  1. Zunächst einmal vielen Dank Frau Andresen, ich lese immer wieder mit großem Interesse Ihre Impulstexte, die zum Nachdenken anregen.

    Ich bin jetzt seit ca. 30 Jahren in der LükK als Inbetriebnehmer, Gutachter, Planer, Optimierer und jetzt als Komponentenentwickler für die TGA-Technik tätig.

    Mich treibt es fast jeden Tag aus dem Bett zur Arbeit, um Dinge umzusetzen, die mir einfach Spaß machen.
    Durch diese Einstellung gab es aber auch Zeiten, in denen ich unsere Familie vernachlässigt habe. Aber hier habe ich den Weg zurück gefunden und das gibt mir u.a. den Sinn für die Arbeit an einer „besseren“ Welt.

    Mein Beruf ist eigentlich zu meinem Hobby geworden und ich brauche heute neben meiner Familie, Freunden und meinem Sport nur wenig zusätzliche Zeit für mich.
    Ich mache alles was ich lebe mit Freude und Neugier.

    Auch im Unternehmen pflege ich den persönlichen Kontakt zu meinen Mitarbeitern und genieße unser zwischenmenschliches „Wohlfühlklima“.

    Denn „Wohlfühlklima“ ist nicht nur ein physikalischer Zustand.

    Das ist meine Work-Life-Balance-Formel.

  2. Liebe Frau Andresen,

    heute gibt es ja einen schönen Begriff dafür: Work-Life-Balance.
    Zitat: „Aber es gibt auch Arbeitnehmer, die ihren Wert über ihre berufliche Tätigkeit definieren.“. Menschen, die eine gewisse Position oder berufliche Aufgabe benötigen, um sich damit zu definieren, gibt es ja schon immer. Auch mitunter als Napoleon-Komplex bekannt. Aber es gibt einfach auch Menschen, die den Erfolg für sich brauchen, ohne den Schein nach außen zu leiten. Stiller Erfolg. Auch die Ermüdung über die viele Anstrengung, die meist dahinter steckt und das ewige Ringen „Erster“ oder „Bester“ zu sein, oder einfach seine Arbeit zu 150 % perfekt zu machen. Heute nennt man die Ermüdung eben Burnout.
    Und das Idealbild des Mitarbeiters der sich mit seiner Firma und dem Produkt indentifiziert, ist sicherlich für Firmen wünschenswert. Ob es für den Mitarbeiter erstregenswert ist. Aus meiner Sicht sollte sich ein guter Mitarbeiter mit seinem Talent und Können identifizieren. Wenn dies dann zum Produkt, zur Marke und zum Firmenleitbild passt – perfekt.
    Ich persönlich bin da bei Bloch: „Ich bin. Aber ich habe mich nicht. Darum werden wir erst.“
    Meine Interpretation: Immer weiter an seiner eignene Persönlichkeit arbeiten und ihr die Freiheit lassen sich weiter entwickeln zu können.
    Ich habe mein Berufleben meinen Hobbys angepasst. Gelernt habe ich klassisch einen „ordentlichen“ Beruf des Technischen Zeichners in Fachrichtung Klimatechnik. Meine Eltern hatten den „Wunsch“ an mich: Entweder machst Du eine Banklehre oder etwas Technisches! Ok, da blieb mir wenig Spielraum. Gezeichnet habe ich schon immer gerne, Mathe lag mir auf der Schule, also warum kein Technischer Zeichner?! Nach 3,5 Jahren war ich dann fertig mit der Lehre und auch mit dem Beruf. Ich bedankte mich nach der bestandenen Abschlussprüfung bei meinem Ausbildungsbetrieb und ging meinen eigenen Weg. Abi nachgeholt, Grafik Design erlernt an einem der ersten MACintosh Computer mit Frabmonitor (Performa 630) und nach 5 Jahren Berufserfahrung dann Marketing studiert. Werbung faszinierte mich schon immer. Dann kam die Fotografie von privaten Umfeld auch in die berufliche Schiene durch die fachliche Fortbildung zum Studiofotografen. Somit entwickelte ich mich immer weiter, aber nur in die Richtung, die ich privat mochte. Die Pressearbeit lernte ich durch viele Jahre auf Verlagsseite tätig, denn das Schreiben gefiel mir schn immer und irgendwann (man denkt es sich schon) transferierte ich es in den Job mit rein. Udn am Ende der ganzen Jahre: Ich arbeite bei SEW in der Lüftungstechnik und bin für die gesamte Presse- und Marketingbereiche zuständig. Aber im Privaten erzähle ich wenig über meinen Beruf. Denn hier stehen die Hobbys (Motorradfahren, Motorräder umbauen, Fotografie, Reisen, stetiger Hausumbau), Familie und Freunde im Zentrum. Mein Job endet, sobald ich vom Firmenparkplatz fahre.
    Ok, hin und wieder sehe ich auch Rückkühlwerke auf den Gebäuden und denke „Die sollten GSWT verbauen, um die hässlichen Dinger weg zu bekommen!“ 😉

    Danke für Ihren wirklich gute Meinung. Achja, ich habe auch einen Freund im Freundeskreis der über seinen Job auch nicht sprechen darf. Offiziell ist er nur bei der Bundewehr 😀

    Habe ich was vergessen?
    Beste Grüße aus Kempen
    Torsten Höninger

    1. Ojeeeeeee, da habe ich wohl etwas schnell getippt. Die Rechtschreibfehler bzw. Tippfehler sind selbstverständlich kostenlos und inklusive!

      PS: Eine „Bearbeiten“ Funktion des eigenen Kommentar wäre super. Ich finde die Funktion zumindest nicht 🙂

  3. Liebe Frau Andresen,
    Mit großem Interesse habe ich Ihre Kolumne gelesen. Ein tolles Thema, mit dem ich mich schon länger beschäftige. Sie haben es sehr greifbar und verständlich dargelegt. Jede Zeile Ihrer Kolumne hat Lust auf mehr Lesen gemacht.
    Katrin Schöner (Schöner&Schöner GbR)

  4. Hallo Frau Andersen,
    hallo Herr Bast,
    das passt irgend wie gut. Jeder hat so seinen Geheimcode. Bei mir lautet der Geheimcode wenn ich in der Vorstellungsrunde gefragt werde, “ Ich bin Zentralheizungs- und Lüftungsbauermeister“. Das ist mit Verlaub gesagt, lieber Herr Bast der beste Beruf der Welt vor dem Klimatechniker:::::…….???
    Olaf Mayer(SV)

  5. Hallo Frau Andresen,
    eine immer wiederkehrende Erfahrung mache ich auf Seminaren, wenn die Vorstellungsrunde startet. „Ich leite im Konzern die Abteilung Soundso und ich habe 35 Leute unter mir“, manche halt nur zehn, manche aber auch 100. Das scheint so eine Art Währung zu sein, wie wichtig man ist. Ich stelle mich immer vor mit „Ich bin Klimatechniker“. Wie die meisten cci-Leser wissen, ist das so eine Art Geheimcode. Wir gehören damit zu einer Bruderschaft eines der besten Berufe der Welt.
    https://youtu.be/bv62NB4Njak

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