Studie Uni Graz: Mief in Österreichs Klassenräumen

Im Schuljahr 2023/24 wurden die CO2-Werte, Belüftungsraten und Umweltdaten in 1.200 Klassenzimmern in allen österreichischen Bundesländern erhoben. (Abb. © Illustration: TU Graz)

Österreichs Schulen halten nationale und europäische Richtlinien zur Luftqualität größtenteils nicht ein: In Dreiviertel aller österreichischen Klassenzimmer überschreitet die durchschnittliche CO2-Konzentration den Richtwert von 1.000 ppm. Die unzureichende Luftqualität beeinträchtigt das Lernen und erhöht das Infektionsrisiko. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Untersuchung der TU Graz.

Eine neue, landesweite Studie der Technischen Universität (TU) Graz hat gezeigt, dass Österreichs Schulen die nationalen und europäischen Richtlinien zur Belüftung größtenteils nicht einhalten: Im vergangenen Schuljahr wurde in über 75 % der untersuchten Klassenräume der Richtwert für die tägliche mittlere CO2-Konzentration von 1.000 ppm überschritten. Im Winter stieg die Quote sogar auf 88 %. In Einzelfällen lagen die stündlichen mittleren CO2-Werte bei über 6.900 ppm, also fast beim Siebenfachen des Richtwerts. In einem Viertel aller Klassenzimmer wurde nicht einmal das absolute Mindestmaß an Belüftung (4 l pro Sekunde und Person) erreicht, das nach den geltenden europäischen und österreichischen Normen vorgeschrieben ist (empfohlen werden 10 l pro Sekunde und Person unter normalen Betriebsbedingungen). Dies bedeutet, dass viele Schulkinder weniger als 40 % des empfohlenen Mindestluftvolumenstroms pro Person erhalten. Modellrechnungen im Rahmen der Studie haben zudem gezeigt, dass die Luftgüte mit dem Risiko von Atemwegsinfektionen korreliert: Durch regelmäßiges Lüften lässt sich also neben der CO2-Konzentration auch das Infektionsrisiko senken.
Für die Studie hat ein Team um Robert McLeod und Christina Hopfe vom Institut für Bauphysik, Gebäudetechnik und Hochbau der TU Graz im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Schuljahr 2023/24 die CO2-Konzentrationen, Belüftungsraten sowie die Umweltdaten in 1.200 Klassenzimmern in allen österreichischen Bundesländern untersucht. Dabei zeigten sich zum Teil erhebliche Unterschiede zwischen Schultypen und Regionen sowie dem Einfluss der Belüftungsart: Besonders gut schnitten Sonderschulen ab, weil deren Klassenräume eine relativ geringe Belegungsdichte aufweisen. Überraschenderweise hatten Schulen aller Typen in den Städten meist bessere CO2-Werte als Schulen auf dem Land.
Die Art und Weise der Klassenraumbelüftung spielt im Gesamtzusammenhang eine große Rolle: „In Räumen mit einer automatischen, mechanischen Belüftung ist die Luftqualität im Jahresmittel besser als in Klassen, die manuell durch Öffnen der Fenster belüftet werden“, sagt Christina Hopfe. Besonders deutlich wird dieser Effekt bei Außenlufttemperaturen von 16 °C und darunter: An solchen Tagen ist die mittlere CO2-Konzentration in mechanisch belüfteten Schulen um 450 bis 600 ppm niedriger als in natürlich belüfteten Schulen.
Nicht jede Schule kann oder will sich mechanische Belüftungssysteme leisten. Als wirkungsvolle Hilfe beim manuellen Lüften haben sich während der Studie aber relativ kostengünstige CO2-Sensoren erwiesen: In der Hälfte der untersuchten Schulklassen wurden gut sichtbare Sensoren angebracht, die das Überschreiten des Richtwertes mit farbigen Leuchten signalisierten. „Solche Sensoren beeinflussen in vielen Klassenzimmern das Lüftungsverhalten und haben dadurch die Luftqualität in manuell belüfteten Räumen signifikant verbessert, vor allem in den Wintermonaten“, sagt Hopfe. „Insgesamt liefert unsere Studie wichtige Informationen und gut umsetzbare Hinweise, wie die Lernergebnisse sowie die Gesundheit und das Wohlbefinden von Schülern und Lehrkräften verbessert werden können. CO2-Sensoren und Schulungen für die richtiges Lüften sind wichtige Investitionen, die alle Schulen in Betracht ziehen sollten.“

Der Abschlussbericht der TU Graz kann hier angefordert werden.

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