Wumms, da ist er nun. Der Kompromiss zur Novellierung der F-Gase-Verordnung wurde von den EU-Gremien am 5. Oktober getroffen. Und irgendwie überrascht das künftige faktische Aus für F-Gase in Europa ja niemanden so wirklich, es sei denn, jemand wäre über Jahre mit zugehaltenen Augen und Ohren unterwegs gewesen. Was aber macht so eine einschneidende Entscheidung mit den Akteuren unserer LüKK, was geht nun vor in den Köpfen? Und damit meine ich nicht nur die „Oberen“, sondern die Kälteanlagenbauer in den Kälte-Klima-Fachbetrieben, die es in Deutschland gibt.
Nun ja, erst einmal muss die Botschaft mit allen Fakten (siehe hierzu die unten eingefügten Links zu vergangenen Meldungen in cci Branchenticker) und deren Konsequenzen überhaupt ankommen. Allein das Verbot des Inverkehrbringens von Split-Luft/Wasser-Wärmepumpen und -Klimageräten (bis 12 kW), die F-Gase mit einem GWP über 150 enthalten ab 2027, von Split-Luft/Luft-Wärmepumpen, die F-Gase mit einem Treibhauseffekt (GWP) von mehr als 150 enthalten, ab 2029… Das ist starker Tobak.
Dann wird klar und wirklich bewusst werden, was die neue F-Gase-Verordnung bedeutet: Nämlich mittel- bis langfristig den Tod der F-Gase. Auf den Tod oder heftige Verluste folgen unterschiedliche Trauerphasen, die aber am Ende zum „Weitermachen“ befähigen. So definiert die Schweizer Psychologin Verena Kast diese wie folgt:
1. Phase: Nicht-Wahrhaben-Wollen
2. Phase: Aufbrechende Emotionen (Angst, Wut, Schmerz)
3. Phase: Suchen und Sich-Trennen (innere Auseinandersetzung mit dem Verlust)
In ihrem Verlauf entscheiden sich die Trauernden, den nächsten Schritt zu gehen und Ja zum (Weiter-) Leben zu sagen – oder weiter zu trauern.
4. Phase: Neuer Selbst- und Weltbezug (innerer Frieden stellt sich ein)
Ich bin mir sicher, dass auch beim Thema „F-Gase-Aus in Europa“ Trauerphasen durchlebt werden. Wir befinden uns natürlich noch ganz am Anfang, in der die Entscheidung noch sehr abstrakt ist. Wer kann sich schon eine LüKK ohne F-Gase vorstellen? Nein, ich kann es auch nicht, und daher ist man schon geneigt zu sagen: „Ach komm, es ist noch so viel Zeit, wer weiß, ob das wirklich alles so kommt …“ Dann folgen Ängste („Kann mein Betrieb überhaupt ohne F-Gase, haben meine Mitarbeiter genug Fachwissen, was ist mit der Brennbarkeit, den hohen Drücken, gibt es genug Komponenten und Kältemittelkontingente?“), Wut („Typisch, die ‚da oben‘ in Brüssel entscheiden so einen Schwachsinn und haben selbst keine Ahnung!“). Aber was DANN kommt in den nächsten beiden Phasen, wird aus meiner Sicht über den Fortbestand vieler Betriebe entscheiden und damit auch die deutsche LüKK-Community formen. Sind Unternehmer langfristig bereit, die Situation zu akzeptieren und auf natürliche Kältemittel umzusteigen? Oder ist nun vielleicht der Moment gekommen, seinen Kälte-Klima-Fachbetrieb an die nächste Generation zu übergeben, den Betrieb zu verkaufen oder gar zu schließen? Je nach eigener Resilienzausprägung wird sicher noch eine Weile bei vielen das „Nicht-Wahrhaben-Wollen“ vorherrschen.
Und dann – Phase vier stellt sich ein – wird der Umstieg auf natürliche Kältemittel vielleicht irgendwann nicht mehr als „Diktat aus Brüssel“ gesehen, sondern auch als Booster für das Unternehmen, dessen längst überfällige Modernisierung und vielleicht auch als Zugeständnis für die nachfolgenden Generationen. Ich würde mir wünschen, dass diese Transformation gelingt – denn was wäre die Alternative?
Ihre
Sabine Andresen
sabine.andresen@cci-dialog.de
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9. Oktober: Novellierung der F-Gase-Verordnung: Der VDKF nennt Details zum neuen Kompromiss
cci257159
10. Oktober: „Novellierung der F-Gase-Verordnung: Stimmen zum EU-Kompromiss“
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Am Thema vorbei: es geht hier nicht um die Stellung des Mechatronikers f. Kälte oder um dessen Fähigkeiten, sondern um die Menge derselben und die dazu notwendigen Schulungen. Als wenn sich jemand in unserer Branche über zu viel Arbeit beschweren würde !
Das sehr übersichtliche Beispiel mit dem sehr übersichtlichen Angebot mit R290 WP-Geräten mag hier allenfalls als Machbarkeitsstudie oder als erster Einstieg in die neue Materie dienen.
„Geheule“ gibt es dann auf der Auftraggeberseite, wenn eben genau diese zusätzlichen Maßnahmen und Kosten durchschlagen.
Darauf zielte eine vorgeschlagene längere Übergangsfrist und nicht auf die Befindlichkeiten der Kältetechnik.
Michael Gockeln
Ich verstehe das Geheule um die F-Gase nicht wirklich, wir können uns doch als Kälte-Klima-Fachbetriebe glücklich schätzen, dass unsere Arbeit in Zukunft mehr und nicht weniger wird. Es gibt doch heute auch schon alternative Systeme, die den Ausstieg aus den F-Gasen ermöglichen, zum Beispiel Monoblock-Wärmepumpen mit R290. Und wenn der Mechatroniker für Kältetechnik als selbsternannte Spitze des deutschen Handwerks den Umgang mit natürlichen Kältemitteln nicht hin bekommt, wer bitte dann?
Stefan Plücker