Neuer FGK-Statusreport „Lüftungsanforderungen und Corona“

Der neue FGK-Statusreport enthält ein Verfahren zur Auslegung von Lüftungsanlagen zur Verringerung des Infektionsrisikos. (Abb. © FGK)

Dienstag ist Normentag. Anfang Februar hat der Fachverband Gebäude-Klima (FGK) auf Basis der EN 16798 Teil 1 einen neuen Statusreport 52 „Anforderungen an Lüftung und Luftreinigung zur Reduktion des Infektionsrisikos über den Luftweg – AHA + Lüftung“ herausgegeben. Urteil von cci Branchenticker: Toll gelungen, ein sehr empfehlenswertes Dokument zur Projektierung von primären und sekundären Lüftungsmaßnahmen unter Corona-Bedingungen.

In dem zehnseitigen Statusreport geht es um ein Verfahren zur Auslegung und Bewertung des lüftungstechnischen Infektionsschutzes in Innenräumen. Das Vorgehen basiert auf der kommenden EN 16798 Teil 1 „Eingangsparameter für das Raumklima“ (Nachfolgenorm zur DIN EN 15251), die aber in Deutschland noch nicht als Weißdruck veröffentlicht wurde. In Abhängigkeit von der Raumgröße, der Anzahl der Personen und deren Aktivität ergibt sich für ein als schadstoffarm angenommenes Gebäude für die gewünschte Raumluftqualität (Kategorie I, II und III) ein zugehöriger Mindest-Außenluftvolumenstrom. Im Report werden Mindest-Außenluftvolumenströme beispielhaft für einen Seminarraum (75 m², 25 Personen) zu 1.170 m³/h (Kat. I) bis 455 m³/h (Kat. III) berechnet. In Ergänzung zu diesen Außenluftvolumenströmen wird auch der zusätzliche Betrieb von Sekundärluftreinigungsgeräten und eine ergänzende, verstärkte Fensterlüftung betrachtet. Insgesamt ergeben sich daraus laut Report folgende Festlegungen (Empfehlungen):
Erfüllt der Außenluftvolumenstrom die Kategorie I gemäß EN 16798 Teil 1 (CO2-Gehalt der Raumluft < 800 ppm), ist dieser auch unter Corona-Bedingungen OK. Wird nur die Kategorie II (CO2 < 1.000 ppm) oder III (CO2 < 1.500 ppm) erfüllt, sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich – zum Beispiel eine Erhöhung des Außenluftvolumenstroms, eine Verringerung der Belegungsdichte und/oder der zusätzliche Betrieb eines Sekundärluftreinigungsgeräts. Diese alternativen Verfahren werden erläutert (Belegungsdichte verringern, Betrieb eines Luftreinigungsgeräts, verstärkte Fensteröffnung) und anhand von zwei Beispielen für ein Klassenzimmer und einen Büroraum aufgezeigt. Der Statusreport 52 steht hier zum kostenfreien Download zur Verfügung.

In cci Wissensportal finden Sie viele Beiträge, die das Thema Mindestaußenluftvolumenströme behandeln und vertiefen, zum Beispiel:
– Mindestaußenluftvolumenströme qAUL für Gebäude gemäß DIN EN 16798 Teil 1 (Artikelnummer cci81521)
– Zusammenfassung der DIN EN 16798 Teil 1 (Entwurf) (Artikelnummer cci47813)
– Grundlagen: Berechnung von Mindestaußenluftvolumenströmen auf Basis der CO2-Konzentration in der Raumluft (Artikelnummer cci120462)
– Grundlagen: Mindestaußenluftströme in RLT-Anlagen für Nichtwohngebäude (Artikelnummer cci77836).

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Ein Kommentar zu “Neuer FGK-Statusreport „Lüftungsanforderungen und Corona“

  1. Status Report 52 „AHA + Lüftung“

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    der Status Report 52 ist eine wichtige Hilfe für planende und beratende Ingenieure und die Betreiber von Gebäuden zur Reduktion des Infektionsrisikos über den Luftweg.
    Die Ausführungen und die anschaulichen Beispiele sind gut nachvollziehbar.
    Als entscheidend für die Reduktion des Infektionsrisikos über den Luftweg ist eine ausreichende personenbezogene Lüftungsrate angegeben, deren Einhaltung über eine Messung des CO2-Gehaltes der Raumluft überprüfbar ist.
    Die Kriterien zur Berechnung der erforderlichen Luftraten sind in Anlehnung an die DIN EN 16798-1 definiert.
    Es wird ausgeführt, dass bei Einhaltung der Kat I die einschlägigen Empfehlungen für die Hygiene in Pandemiezeiten (Aerosol und Tröpfcheninfektion) auch ohne zusätzliche Maßnahmen erfüllt werden.
    Weiterhin wird aufgezeigt, wie z.B. durch Reduzierung der Personenanzahl in Räumen mit geringeren Lüftungsraten, die Erfüllung des +L Kriteriums für das Lüftungssystem erreicht werden kann.
    Es ist nachvollziehbar, dass über die Reduzierung der Personen sowohl der Aerosoleintrag als auch der CO2-Eintrag verringert werden.
    Aus Betreiber- und Arbeitgebersicht kann vorab ermittelt werden, welche maximale Personenanzahl ohne zusätzliche Maßnahmen einzuhalten ist.

    Beispiel:

    Typische Bürolüftungsanlage flächenbezogen ausgelegt auf Kat II Einzelbüro mit 5,04 m3/h*m2, um nachhaltig den Anforderungen an Einzelbüros und Großraumbüros je nach Ausbau der Fläche gerecht zu werden.
    Der personenbezogene Anteil (10m2 pro Person) beträgt 2,52 m3/(h*m2) = 25,2 m3/(h*Person). Weitere 2,52 m3/(h*m2) = 25,2 m3/h auf 10m2 gerechnet, kommen durch den flächenbezogenen Anteil (bei schadstoffarmen Gebäuden) hinzu. Die Gesamtluftmenge pro Person (10m2 pro Person) beträgt 50,4 m3/h. Allerdings darf der flächenbezogene Anteil erst ab einer Fläche größer als 20m2 pro Person vernachlässigt werden.

    Um 36 m3/(h*Person) in unserem Beispiel zu erreichen, muss die Personenbelegung reduziert werden auf mindestens 14,28m2 pro Person (Faktor für die Erhöhung des Flächenbezuges: 36m3/(h*Person) / 25,2m3/(h*Person) = 1,428).
    Der Standardflächenbezug von 10m2 pro Person ist um den Faktor 1,428 auf 14,28m2 pro Person zu erhöhen. Der Faktor muss jeweils für die tatsächlich vorhandene Lüftungsrate ermittelt werden.

    Bei einem Großraumbüro mit 100 m2 und einer Lüftungsrate nach Kat II Einzelbüro können von den für die Auslegung der Lüftungsanlage angenommenen 10 Personen 7 Personen verbleiben (100 m2 / 14,28 m2 = 7) um die empfohlenen Anforderungen zu erfüllen.
    7 Personen x 36m3/(h*Person) = 252m3/h (personenbezogener Anteil)
    100 m2 x 2,52m3/h*m2 = 252m3/h (flächenbezogener Anteil)
    Volumenstrom, erforderlich 504m3/h
    Entspricht der Auslegung nach Kat II: 100m2 x 5,04m3/h =504m3/h.

    Ab einer Fläche größer als 20m2 pro Person kann der flächenbezogene Lüftungsanteil vernachlässigt werden.
    In unserem Beispiel läge die personenbezogene Luftmenge dann mit 100,8 m3/(h*Person) deutlich oberhalb der Empfehlung mit 36 m3/(h*Person).
    5 Personen x 36m3/(h*Person) = 180 m3/h (personenbezogener Anteil)
    100 m2 x 0 m3/h*m2 = 0 m3/h (flächenbezogener Anteil qB=0)
    Volumenstrom, erforderlich 180 m3/h

    Damit ist bei einer Fläche größer als 20 m2 pro Person auch bei einer Lüftungsanlage, ausgelegt auf die Kat III Einzelbüro („akzeptable Luftqualität“) mit 2,88 m3/(h*m2) x 100m2 = 288 m3/h (57,6 m3/(h*Person)) die Empfehlung mit 160% eingehalten. Bei Auslegung auf Kat II ist die Empfehlung zu 280% eingehalten.

    Es wäre bei einer verringerten Personenbelegung mit einer Fläche größer als 20m2 pro Person abzuwägen, ob der Luftvolumenstrom aus energetischen Gründen angepasst oder aber bewusst konstant gehalten wird, um das Infektionsrisiko weiter zu verringern. Eine vollständige Durchspülung des Raumes muss dabei stets gewährleistet bleiben.

    Das Beispiel zeigt, dass „normal“ mechanisch gelüftete Büroflächen bereits durch eine moderate Reduzierung der Personenanzahl die einschlägigen Empfehlungen der Hygiene auch in Pandemiezeiten erfüllen. Diese Erkenntnis kann dazu beitragen, Bedenken bei den im Büro zwingend anwesenden Personen zu relativieren.

    Mit freundlichen Grüßen
    Mario Borries

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