- Daten und Fakten zum Projekt
- So arbeiten Luftenergiezähler
- Die Ermittlung der individuellen Kosten
- Vereinfachung ohne Berücksichtigung der Abluftenthalpie
- Der Autor
Der Umbau des Bahnhofsgebäudes Hagenau soll auch bei der Nachhaltigkeit Maßstäbe setzen. Besonders innovativ ist dabei das lüftungstechnische Konzept. Um den Verbrauch zu senken und zugleich eine faire Nebenkostenabrechnung der aufbereiteten Zuluft für die verschiedenen Mietparteien zu etablieren, wurde die Anlage mit Luftenergiezählern ausgestattet.
Im neuen Bahnhof Hagenau/Frankreich mit seiner spektakulären Architektur entstehen mehrere Stockwerke mit Büroflächen zu Vermietungszwecken. Alle Mieter erhalten ihren aufbereiteten Luftvolumenstrom aus einer zentralen Lüftungsanlage. Der Beitrag zeigt, wie durch den Einsatz von intelligenten Sensoren im RLT-Gerät und in den Zuluft- und Abluftleitungen der Mietparteien sowie durch ergänzende Berechnungen eine eichzugelassene, verbrauchsabhängige Kostenumlage inklusive Berücksichtigung der zur Luftkonditionierung benötigten Wärme- und Kältearbeit erfolgt.
Daten und Fakten zum Projekt
In den vergangenen Jahren haben sich vielerorts Bahnhöfe über den eigentlichen Zweck als Verkehrsknotenpunkte hinaus erheblich weiterentwickelt. Sie werden immer mehr zu Multifunktionsgebäuden mit Shopping-Malls, Gewerbe- und Büroflächen unter einem Dach. Mit ihrer zentralen Lage, optimalen Erreichbarkeit und überregionalen Bekanntheit stellen Bahnhofsgebäude somit hoch interessante Mietobjekte dar. Wenn diese Gebäude zudem noch eine Vorreiterrolle bei Nachhaltigkeit und Digitalisierung einnehmen, treten sie ein in die Gruppe der Top-Investments.
Dies gilt nicht nur in Deutschland, sondern gleichermaßen in Frankreich. In Hagenau, dem Elsässer Verkehrsknotenpunkt nördlich von Straßburg, gibt es einen solchen High-End-Bahnhof. Schon städtebaulich werden hier Maßstäbe gesetzt, wie Abbildung 1 zeigt. Die hochmoderne Gebäudearchitektur als transparenter Kubus mit gigantischer Fassadenuhr kontrastiert auffallend zum beschaulichen Fachwerkhausstil der anschließenden Altstadt.
Dieses spektakuläre Bahnhofsgebäude soll auch bei der Nachhaltigkeit Maßstäbe setzen. Besonders innovativ ist dabei das lüftungstechnische Konzept. Die sechs Bürobereiche in den Obergeschossen werden über eine gemeinsame RLT-Anlage (Gesamtluftleistung 7.500 m³/h) versorgt, deren Wärme- und Kälteenergie zur Luftaufbereitung von einer umschaltbaren Wärmepumpe/Kältemaschine geliefert werden. Um den Verbrauch zu senken und zugleich eine faire Nebenkostenabrechnung der aufbereiteten Zuluft für die verschiedenen Mietparteien zu etablieren, wurde die Anlage mit Luftenergiezählern ausgestattet.
So arbeiten Luftenergiezähler
Bei den Luftenergiezählern handelt es sich um eine in Deutschland eichzugelassene Messeinrichtung, um kontinuierlich den Verbrauch in RLT-Anlagen zu erfassen. In der Zuluftleitung einer jeden Verbrauchszone erfassen Sensoren kontinuierlich den Luftmassenstrom, zudem wird die Enthalpie (also der Wärmeinhalt) der Außenluft, der Luft nach Durchströmen der Wärmerückgewinnung sowie der Zuluft erfasst. Daraus werden über einen Abrechnungszeitraum (zum Beispiel ein Jahr) für jede Verbrauchszone drei Verbrauchszählerwerte gebildet:
- Luftverbrauch in m³/h
- luftseitige Wärmelieferung in kWh
- luftseitige Kältelieferung in kWh
Abbildung 2 zeigt im Vordergrund eine Luftenergiezähler-Messstrecke sowie im Hintergrund an der Wand einen Luftenergiezähler.
Das in Abbildung 3 dargestellte Schema zeigt die Gesamtanlage. Die Durchfluss-Messstellen (Massenstrom-Erfassung) der Luftenergiezähler sind dabei jeweils grün mit Großbuchstaben (A bis G) gekennzeichnet, die Enthalpie-Messstellen jeweils orangefarben mit Zahlen (1 bis 12). Erkennbar wird, dass einmal der Gesamtdurchfluss (A) sowie jeweils der Einzeldurchfluss zu jeder Mieterzone erfasst werden (B bis G).
Wie die Abbildung 3 auch zeigt, erhalten alle Mietparteien – unabhängig von der Größe des aktuellen Luftmassenstroms – stets Zuluft mit der gleichen Enthalpie (basierend auf Temperatur und Luftfeuchte). Auch wird davon ausgegangen, dass die Lüftungsanlage ausbalanciert gefahren wird, dass also bei den Nutzerparteien stets die (aktuellen) Zuluft- und Abluftvolumenströme gleichgroß sind.
Die Ermittlung der individuellen Kosten
Aus den zuvor genannten Messdaten und den Abrechnungen für die Stromkosten zum Betrieb der Lüftungsanlage und der Wärmepumpe/Kältemaschine in Euro können nun sehr genau die Gesamtkosten der Anlage berechnet werden. Doch welcher Anteil an den Kosten entfällt nun auf jede einzelne Zone? Wie werden diese Kosten, die zum Beispiel innerhalb eines Jahres aufgelaufen sind, auf die einzelnen Miet- und Verbraucherparteien verteilt? Abbildung 4 zeigt dies schematisch auf.
In Standardanwendungen bleiben bei den Abrechnungen die Abluft und die Wärmerückgewinnung unberücksichtigt. Meist ist es ausreichend, Enthalpiefühler in der Außen- und in der Zuluft einzusetzen. Eine Besonderheit und gesteigerte Nachhaltigkeit bei dem Projekt besteht darin, dass hier auf Wunsch des Auftraggebers auch der Beitrag jeder Zone zur Wärmerückgewinnung (WRG) berücksichtigt wird. Liefert eine Zone zum Beispiel im Winter über die „Zonen-Abluft“ einen höheren Wärmebeitrag an die Wärmerückgewinnung, dient dies der Allgemeinheit und bringt für diese Zone eine faire Kostenminderung. So ist etwa zu erwarten, dass Büros auf der Südseite aufgrund der Strahlungswärme im Winter einen höheren WRG-Beitrag leisten werden als diejenigen auf der Nordseite. Zur Berücksichtigung dieser Faktoren befindet sich daher bei diesem Projekt in jeder Zone in der Abluft ein Enthalpiefühler (siehe Abbildung 3, Enthalpie-Messstellen 5 bis 10).
Zur Abrechnung werden im ersten Schritt die Kosten zur Luftförderung und die Kosten zur Wärme- und Kältelieferung getrennt. Wie Abbildung 3 zeigt, verfügt die vorliegende Anlage über zwei Stromzähler, einen für die Wärmepumpe und einen für die RLT-Anlage mit Ventilatoren und Wärmerückgewinnung. Diese Zähler werden im ersten Abrechnungsschritt zum Jahresende ausgewertet, so dass die „Primärzählerkosten“ (Kosten RLT und Kosten Wärmepumpe) feststehen. Um daraufhin die Kosten der Wärmepumpe nach luftseitiger Kältelieferung (Σ WP kalt) und Wärmelieferung (Σ WP warm) trennen zu können, werden die Stromkosten der Wärmepumpe nach der Gleichung in Abbildung 3, gelb hinterlegter Bereich, aufgeteilt.
Die seit 2019 gültige VDI-Richtlinie 2077 Blatt 4 „Verbrauchskostenabrechnung für die technische Gebäudeausrüstung – RLT-Anlagen“ ist für diese Fragestellung die einschlägige technische Richtlinie in Deutschland. Sie wurde auch beim hier beschriebenen französischen Projekt angewendet. Die folgenden Gleichungen in Abbildung 5 zeigen, wie die Berücksichtigung der WRG-Beiträge umgesetzt wurde.
Alle relevanten Messwerte liefert dabei das Luftmeister-Messsystem. So steht zum Beispiel der Term „A * (2 – 1)“ für einen Wärmeverbrauch, den der zentrale Zähler „A“ über den gesamten Abrechnungszeitraum hinweg als Zählerwert erfasst, wobei die Buchstaben jeweils für Massenströme, die Zahlen für Enthalpien stehen. Die Zählerwerte werden, ebenso wie alle weiteren Verbrauchswerte, über ein Modbus-Netzwerk übermittelt, so dass die zentrale GLT nur noch die zuvor dargestellte Formelverknüpfung verwalten muss. Der Zählerdienstleister erhält auf dieser Basis einfache Prozent-Aufteilungen. Beispielsweise wird die „Mietzone OG1-2“ (Zähler G) mit Südlage in einem Abrechnungsjahr 14 % der RLT-Kosten tragen, dagegen aber 20 % der Kühlungskosten und 12 % der Wärmekosten.
Francois Tojagic vom französischen Effizienzspezialisten Mapclim, dessen Team maßgeblich an der Umsetzung dieses für Frankreich neuartigen Konzepts verantwortlich ist, unterstreicht: Auf dieser Abrechnungsbasis wird
- eine rechtssichere und faire Abrechnung der Klimakosten umgesetzt
- ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit geleistet
- jeder Mietbereich motiviert, Einsparungen zu erzielen
Vereinfachung ohne Berücksichtigung der Abluftenthalpie
In Standard-Anwendungen bleiben bei den Abrechnungen die Abluft und die Wärmerückgewinnung unberücksichtigt. Meist ist es ausreichend, Enthalpiefühler in der Außen- und in der Zuluft einzusetzen. Dies liegt daran, dass die Berücksichtigung der Abluft-Wärmegewinne, also der WRG-Beiträge der einzelnen Parteien, nur dann zu nennenswerten Unterschieden gegenüber einer reinen Zuluft-Verbrauchsmessung führen, wenn die Ablufttemperaturen (bzw. -enthalpien) der einzelnen Zonen sich signifikant unterscheiden, also stark unterschiedliche Nutzungen vorliegen. Die VDI 2077-4 nennt hierzu den Wert von 5 K: Unterscheiden sich also die Ablufttemperaturen der Zonen im Jahresmittel (!) um mehr als 5 K, erbringt die Abluft- und WRG-Berücksichtigung signifikant andere Belastungen für die Mieter. So ist es zu erklären, dass die große Mehrzahl der Luftenergiezähler-Konzepte bislang auf eine solche WRG-/Abluft-Berücksichtigung verzichtete. Abbildung 6 zeigt, wie sich dann die Berechnung zur Kostenumlage vereinfacht.
Der Autor
Der Autor Jens Amberg, Dipl.-Wirtsch.-Ing. (TU), hat das System des Luftenergiezählers entwickelt und ist Geschäftsführer Luftmeister GmbH.
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Da MapClim auch ein langjähriger Aeroseal-Partner der ersten Stunde ist, würde mich natürlich auch interessieren, wie bei diesem Projekt mit dem Thema Leckage-Volumenströme umgegangen wurde?
Mit partnerschaftlichen Grüßen, Jörg Mez, MEZ-TECHNIK GmbH
Ein interessanter Artikel. Vielleicht gibt es später einen weiteren Artikel mit den Betriebserfahrungen.