Fünf Verfahren zur Ermittlung der Gebäude-Heizlast bei Wechsel des Wärmeerzeugers

Wenn in Bestandsgebäuden eine bisherige Öl- oder Gasheizung zum Beispiel durch eine Wärmepumpe als ökologischere Alternative ersetzt werden soll, sollte zu Projektbeginn für eine möglichst korrekte Auslegung der Heizleistung der Wärmepumpe stets die aktuelle Heizlast des Gebäudes (Wärmebedarf) ermittelt und überprüft werden. Die richtige Leistungsgröße der Wärmepumpe ist bei der Auslegung eine wichtige Voraussetzung für einen effizienten Betrieb. Und eine korrekt ausgelegte Wärmepumpe ist durch die Minderung von CO2-Emissionen nicht nur gut für die Umwelt, sondern verringert zugleich auch die Investitions- und die Betriebskosten. Welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um zu Beginn eines Projekts die erforderliche Heizleistung des neuen Wärmeerzeugers abzuschätzen oder zu berechnen, erläutern der nachfolgende Fachbeitrag.

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Die Ermittlung des tatsächlichen Wärmebedarfs eines Gebäudes erfolgt auf Basis der DIN/TS 12831 „Verfahren zur Berechnung der Raumheizlast“ (2020). Die Heizlast eines Gebäudes ist die thermische Leistung, die erbracht werden muss, um die Innentemperatur in einem Haus bei einer definierten, extrem kalten Wetterlage aufrechtzuerhalten. Oder umgekehrt: Sie ist eine Angabe, wieviel Wärme ein Gebäude in einem solchen Fall durch Wärmeverluste verliert. Diese entstehen, weil Wärme unter anderem über das Dach, die Wände, Fenster, Türen und den Boden an die kältere Umgebung abfließt. Mit der Berechnungsmethodik der DIN/TS 12831 wird die maximale Heizlast für ein Gebäude ermittelt. Anhand der Heizlast kann jeweils die Größe

  • des Wärmeerzeugers (Betrachtung des gesamten Gebäudes),
  • der Wärmeabgabesysteme (Heizkörper/Flächenheizsysteme, raumweise Betrachtung) und
  • der Wärmeverteilsysteme (Hydraulik)

des Heizsystems eines Gebäudes ermittelt werden. Sie ist jedoch nicht zu verwechseln mit der Leistungsgröße eines Wärmeerzeugers, dessen Leistung auch von der gewünschten Heizwasservor- und -rücklauftemperatur abhängig ist. Beim Einsatz einer Wärmepumpe als Wärmeerzeuger ist zudem die thermische Leistung der gewählten Wärmequelle auch im Jahresgang zu berücksichtigen.

(Abb. © Wolf GmbH)
Abbildung 1: Als Energiequelle für Wärmepumpen kommen in der Regel die Außenluft, das Erdreich oder Wasser infrage. Diese und die Platzverhältnisse im und um das zu beheizende Gebäude herum führen zu unterschiedlichen Lösungen. (Abb. © Wolf GmbH)

Fünf Verfahren zur Heizlastermittlung

Um die Heizlast und die zusätzlich benötigte Energiemenge zur Warmwasserbereitung zu ermitteln, unterscheidet man grundsätzlich zwischen überschlägigen und genaueren Verfahren. In der Angebotsphase bieten sich für den Handwerker fünf Verfahren zur Ermittlung der Heizlast an:

  • Verfahren 1 basiert auf dem Baujahr und der Wohnfläche des Gebäudes.
  • Verfahren 2 erfolgt auf Basis von Energieverbrauchsdaten der letzten drei Jahre.
  • Verfahren 3 berücksichtigt die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes GEG.
  • Verfahren 4 nutzt zur Berechnung die spezifische Heizleistung.
  • Verfahren 5 erfolgt nach der Methodik der DIN/TS 12831 Teil 1.

Die Berechnung der Heizlast gemäß DIN/TS 12831 Teil 1 Abschnitt 7 bietet die besten überschlägigen Ergebnisse, ist jedoch deutlich aufwändiger als die anderen Verfahren.
Eine exakte raumweise Berechnung nach DIN EN 12831 Teil 1 Abschnitt 6 setzt dagegen die Expertise von Planungsbüros oder weiteren Dienstleistern wie Energieberatern voraus, da die Ermittlung der Heizlast auf umfangreichen Gebäudedaten wie zum Beispiel Flächen, Wärmedurchgangskoeffizienten aller Bauteile, Volumen aller Räume, Auslegungsdaten des Lüftungssystems, Norm-Innen- und Außentemperaturen basiert.

Verfahren 1: Ermittlung der Heizlast nach Baujahr und Wohnfläche

Zur überschlägigen Heizlastermittlung auf Basis von Baujahr und Wohnfläche des Gebäudes werden folgende Daten erfasst:

  • Gesamtwohnfläche (warme und kühlere Räume)
  • spezifischer Heizleistungsbedarf für Gebäude gemäß deren Baujahr (Abbildung 2).

Die Wohnflächen werden mit dem spezifischen Heizleistungsbedarf multipliziert. Diese Berechnung berücksichtigt jedoch nicht, ob seit dem Erstbezug bereits energetische Sanierungsmaßnahmen wie der Einbau neuer Fenster oder einer Dämmung erfolgt sind. Die ermittelte Heizlast fällt deshalb oft zu hoch aus und birgt die Gefahr, dass ein zu leistungsstarker Wärmeerzeuger ausgewählt wird. Dieses Verfahren ist von den fünf zuvor aufgeführten am wenigsten präzise, weil sich die meisten Bestandsgebäude energetisch nicht mehr im Originalzustand befinden.

(Abb. © Wolf GmbH)
Abbildung 2: Zur überschlägigen Heizlastermittlung nach Verfahren 1 werden der spezifische Heizleistungsbedarf des Gebäudes (W/m²) gemäß dessen Baujahr und die Wohnfläche herangezogen. Zum Beispiel ergibt sich für ein 120 m² großes Gebäude aus dem Baujahr 1980 eine Heizlast von 120 m² x 115 W/m² = 13,8 kW. (Abb. © Wolf GmbH)

Verfahren 2: Ermittlung der Heizlast nach Verbrauch

Beim Verfahren 2 sind zur Ermittlung der Heizlast anhand des Verbrauchs folgende Daten erforderlich:

  • vollständiger Verbrauch sämtlicher Energieträger in den letzten drei Jahren
  • Divisoren der Energieträger von Deutschland für den normalen Brauchwasserverbrauch von Ein- und Zweifamilienhäusern (für 1.900 Vollbenutzungsstunden und einen Kesseljahresnutzungsgrad von 75 %). Diese sind notwendig, um den Energiebedarf zur Warmwasserbereitung nicht mit der Raumheizlast zu verrechnen.

Der Durchschnittsverbrauch der einzelnen Energieträger pro Jahr wird ermittelt, um jährliche Schwankungen auszugleichen. Anschließend wird der Wert durch den entsprechenden Divisor geteilt (Abbildung 3). Man erhält somit die Heizlast. Sind mehrere Energieträger vorhanden, werden deren individuelle Heizlasten addiert.
Dieses Verfahren berücksichtigt allerdings nicht, ob ein Gebäude komplett oder nur teilweise beheizt wurde. Es ist beispielsweise auch nicht nachvollziehbar, wie das Lüftungsverhalten den Verbrauch beeinflusst hat, wie ineffizient die Bestandsheizung arbeitet oder für wie viele Personen das Warmwasser erzeugt wurde. So könnte auch in diesem Fall die ermittelte Heizlast und damit die Leistung des Wärmeerzeugers, zum Beispiel der Wärmepumpe, zu klein oder zu groß ausfallen.

(Abb. © Wolf GmbH)
Abbildung 3: Tabelle zur überschlägigen Heizlastermittlung nach Verbrauch (Abb. © Wolf GmbH)

Verfahren 3: Daten vom Energieberater

Die erforderlichen Daten für das Verfahren nach Gebäudeenergiegesetz (GEG) ermittelt im Bestandsbau üblicherweise der Energieberater im Rahmen der Erstellung eines Energieverbrauchsausweises und wird hier nicht weiter vertieft.

Verfahren 4: Berechnung über die spezifische Heizleistung

Die spezifische Heizleistung nach dem vierten Verfahren ist eine Schätzmethode. Sie beschreibt, wie hoch die durchschnittliche Wärmezufuhr pro m² Wohnfläche sein muss, um sie zu beheizen. Im Bestandsbau bescheinigt sie üblicherweise ebenfalls der Energieberater im Rahmen der Erstellung eines Energiebedarfsausweises. Die Basiswerte dazu basieren auf Tabellenwerten mit Leistungsfaktoren in Abhängigkeit vom Baujahr, wie sie zum Beispiel im Nationalen Anhang zur DIN EN 15378 „Energetische Bewertung von Gebäuden – Heizungsanlagen und Trinkwassererwärmung in Gebäuden“ (2017) zu finden sind.

Verfahren 5a: Ermittlung der Heizlast nach DIN/TS 12831 Teil 1 Abschnitt 7

Um die Heizlast normgerecht nach DIN/TS 12831 Teil 1 Abschnitt 7 überschlägig zu ermitteln, benötigt man deutlich mehr Daten als bei den vorherigen Verfahren. Dazu zählen:

  • der Endenergieverbrauch von Erdgas oder Heizöl in kWh
  • die Art und das Alter der bestehenden Heizung (in Form von Faktoren)
  • der Energieverbrauch zur Trinkwassererwärmung (Warmwasserkomfort wird über die Personenanzahl geschätzt und nicht über die Wohnfläche bestimmt)
  • die Gradtagszahl
  • die Heizgrenztemperatur in Bestandsgebäuden (15 °C)
  • die Norm-Außentemperatur am Gebäudestandort (Abbildung 4)
(Abb. © bwp)
Abbildung 4: Da Deutschland verschiedene Klimabereiche hat, wird die Heizlast jeweils individuell für einen bestimmten Standort bestimmt. Als Grundlage dafür dienen sogenannte Normaußentemperaturen, die in der DIN/TS 12831 Teil 1 festgelegt sind. (Abb. © bwp)

Die Gradtagszahl GTZ
Die Gradtagszahl GTZ (= Heizgradtage) ergibt sich aus der Summe aller Tage, an denen die Temperatur unterhalb der Heizgrenze liegt, bei der normalerweise die Heizung in Betrieb geht. Außentemperaturen oberhalb der Heizgrenztemperatur fließen nicht in die Berechnung der Gradtagszahl ein. Die Gradtagszahl berechnet sich somit durch Aufsummieren der Produkte Di x Ni, wobei Ni die Häufigkeit in Tagen beschreibt, mit der eine Temperatur unterhalb der Heizgrenztemperatur Tgrenz innerhalb eines Jahres auftritt. Für Temperaturen unterhalb der Heizgrenztemperatur Tgrenz beschreibt Di die Differenz zwischen der Heizgrenztemperatur Tgrenz und der Normaußentemperatur DNorm.

Bei diesen Berechnungen geht man meist von einer Raumtemperatur von 20 °C aus. Somit ist die Gradtagszahl hoch, wenn es draußen lange kalt ist. Zur korrekten Ermittlung hat das Institut Wohnen und Umwelt (IWU) ein Online-Tool entwickelt, das unter diesem Link heruntergeladen werden kann.

Vollbenutzungsstunden
Über die Norm-Außentemperatur, die Gradtagszahl und die Heizgrenztemperatur werden die Vollbenutzungsstunden tFLH ermittelt. Diese entsprechen der Dauer, die ein Wärmeerzeuger bei Nennleistung theoretisch betrieben werden müsste, um den rechnerisch ermittelten Jahreswärmebedarf zu decken. In der Praxis liegt die Zahl der Betriebsstunden höher, da die Heizungsanlage in vielen Zeiträumen im Jahr mit reduzierter Leistung in Teillast betrieben wird.

Normaußentemperaturen in Deutschland
Da Deutschland verschiedene Klimabereiche hat, wird die Heizlast jeweils individuell für einen bestimmten Standort festgelegt. Als Grundlage dafür dienen sogenannte Normaußentemperaturen, die in der DIN/TS 12831 Teil 1 festgelegt sind. Die Normaußentemperatur eines bestimmten Standortes beschreibt in einer Kälteperiode die tiefste Außentemperatur, die zehnmal mindestens an zwei aufeinanderfolgenden Tagen gemessen wurde. Die zugehörige Deutschland-Karte ist in insgesamt 8.199 Bereiche eingeteilt (Abbildung 4). Sie beruhen auf meteorologischen Daten bis zum Jahr 2023, die die Auswirkungen des Klimawandels bereits berücksichtigen, und beziehen außerdem die durch hohe Bebauungsdichte entstehenden Wärme-Inseleffekte sowie Höhenlagen mit ein. Die Normaußentemperatur ist damit, bezogen auf die Heizlastberechnung eines Gebäudes, eine standortspezifische und somit gebäudeunabhängige Größe. Diese Klimakarte (Eingabe der Postleitzahl) steht auf der Website des Bundesverband Wärmepumpe (BWP) hier.

Erzeugernutzwärmeabgabe pro Jahr
Aus dem Endenergieverbrauch in kWh der bisherigen Heizung, ihrer Art und ihrem Alter (in Form von Faktoren) sowie über den Energieverbrauch zur Trinkwassererwärmung wird die Erzeugernutzwärmeabgabe pro Jahr ermittelt. Diese wird im Wesentlichen durch einen spezifischen Energieinhalt des jeweiligen Energieträgers (Angabe in kWh/l, kWh/kg, kWh/m³), multipliziert mit einem (gemittelten) Mengenverbrauch in l/a, m³/a, kg/a, bestimmt.
Zu guter Letzt teilt man die Erzeugernutzwärmeabgabe durch die Vollbenutzungsstunden und erhält dadurch eine gute überschlägige Schätzung der Heizlast eines Gebäudes, die bereits die Warmwasserbereitung mit einschließt.
Streng genommen ergibt sich auf diese Weise nicht die reine Gebäuderaumheizlast. Diese kann über den Verbrauch nur ermittelt werden, sofern der Energiebedarf zur Warmwassererzeugung herausgerechnet wird. Dazu existieren mehrere Verfahren, die wahlweise die Nutzerzahl, bestimmte Zapfprofile, die Wohnfläche oder auch Kombinationen heranziehen.
Ist vorgesehen, bei Einsatz einer Wärmepumpe als neuem Wärmeerzeuger mit dem Energieversorgungsunternehmen einen sogenannten Wärmepumpentarif abzuschließen, muss für die Wärmepumpe pro Sperrstunde ein Zusatzbedarf von 2,5 % der Leistung berücksichtigt oder alternativ der Pufferspeicher der Heizungsanlage größer dimensioniert werden.

Verfahren 5b: Ermittlung der Heizlast nach DIN EN 12831 Teil 1 Abschnitt 6

Wer die Heizlast exakt ermitteln möchte, um zum Beispiel nach Auftragserteilung genau und raumweise eine Heizung und die Wärmeübertrager auszulegen, ist in der Regel auf die Unterstützung von Fachplanern angewiesen, denn bei dieser Berechnung werden sämtliche Gebäudeteile betrachtet. Dies wird häufig über ein 3D-CAD-Abbild des Gebäudes realisiert, kann aber grundsätzlich auch anhand von Tabellen erfolgen.
Das im Vergleich zu den überschlägigen Verfahren deutlich aufwändigere Verfahren ist in der DIN EN 12831 Teil 1 im Abschnitt 6 beschrieben. Hier fließen in die raumweise Berechnung der Heizlast ΦHL sowohl Gebäude- als auch Umgebungsdaten ein:

  • die Transmissionswärmeverlust sämtlicher Bauteile pro Raum (ΦT,i)
  • die Lüftungswärmeverlust pro Raum (ΦV,i)
  • die zusätzliche Aufheizleistung nach einer Heizpause (ΦRH)
  • die Temperatur des Erdreichs (g)
  • die äußere Umgebung (e)
  • beheizte Räume (l)
  • die Normaußentemperatur PLZ-genau zwischen -17 und -7 °C (diese sind auch Bestandteil der einfachen Verfahren)
  • unbeheizte Räume (u).

Die Heizlast ergibt sich aus der Summe aller Transmissions- und Lüftungswärmeverluste sowie der zusätzlichen Aufheizleistung. Die Werte, die in diese raumweise Heizlastberechnung einfließen, stammen entweder vom Gebäude selbst und, wie beim überschlägigen Verfahren, von den Norm-Außentemperaturen des Standortes. Sie sind aber auch von den Wünschen der Nutzer hinsichtlich der zu erreichenden Raumtemperatur abhängig. In der Regel wird für Wohnräume einschließlich Flure eine Raumtemperatur von 20 °C angesetzt, während für Bäder und Ankleideräume 24 °C veranschlagt werden.
Die Innen- und Außentemperaturen werden für die normative Berechnung als konstant angenommen. Da damit die realen Verhältnisse vereinfacht betrachtet werden, handelt es sich um einen stationären Berechnungsansatz. Bei der Berechnung ebenfalls vernachlässigt werden innere Wärmeeinträge (zum Beispiel durch Personen und Elektrogeräte) und in Deutschland außerdem die Effekte durch Sonneneinstrahlung.
Der Energieverbrauch zur Trinkwassererwärmung wird bei diesem Verfahren entweder über die Wohnfläche oder über die Personenanzahl geschätzt, kann aber ebenso wie die Raumtemperatur individualisiert werden.

Der Wolf Wärmepumpen-Konfigurator

Um insbesondere zu Beginn der Planungsphase den Aufwand für den Fachhandwerker zu vereinfachen, könnte ein Wärmepumpen-Konfigurator wie der von Wolf in Anlehnung an die VDI 4650 „Berechnung der Jahresarbeitszahl von Wärmepumpenanlagen – Elektrowärmepumpen zur Raumheizung und Trinkwassererwärmung“ (2024) hilfreich sein. Dieses Tool wurde gemeinsam mit Fachhandwerkern entwickelt und bildet überschlagsweise neben der Heizlast auch unterschiedliche Nutzerverhalten über vordefinierte, personennormierte Warmwasserbedarfe ab. Der Konfigurator bietet eine einfache und schnelle Auslegung für eine Wärmepumpe. Er ist jedoch kein Ersatz für eine detaillierte Beratung durch einen Energieberater. Zu finden ist das Tool für registrierte Fachhandwerker im myWOLF-Portal.

*Die Autoren sind Tom Krawietz, Teamleiter Entwicklung Wärmepumpen und Simon Sporer, Product Owner Digitalisierung, beide Wolf GmbH, Mainburg

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