- Offene und halbhermetische Bauform
- Kinetische Energie bei Strömungsmaschinen
- Drehzahl und Druckaufbau
- Regelbarkeit von Turbokaltwassersätzen
- Regelungsarten bei Turbomaschinen
- Wissenswertes über das Kältemittel R1234ze(E)
- Fazit und Ausblick für Turboverdichter
Turboverdichter kommen in der Kältetechnik typischerweise ab einer Leistung von 300 kW aufwärts zum Einsatz. Ihr Hauptanwendungsbereich liegt vor allem in großen Kälteanlagen, beispielsweise für die Industriekühlung, für die Klimatisierung großer Gebäude, für Rechenzentren sowie für die Prozesskühlung. Wenn nötig, erreichen Turboverdichter mehrere Megawatt Kälteleistung. Gegenüber Hubkolben- oder Schraubenverdichtern bieten Turboverdichter Vorteile wie höhere Energieeffizienz im Teillastbetrieb, geringere Wartungskosten (da sie ölfrei arbeiten können) und kompaktere Bauweise für hohe Leistungsdichten.
Bei Turboverdichtern handelt es sich um Strömungsmaschinen, die bisher für niedrige Druckdifferenzen und Temperaturhübe ausgelegt waren. Um auch den Anforderungen im Markt für Wärmepumpen gerecht zu werden, wurden Turboverdichter in den jüngsten Jahren baulich optimiert, so dass damit nun deutlich höhere Temperaturhübe und Vorlauftemperaturen möglich sind. Zudem wurden magnetgelagerte Bauarten von Turboverdichtern inzwischen auch mit deutlich niedrigeren Leistungen ab circa 30 kW vorgestellt (siehe beispielsweise cci283797)
Turboverdichter können in offener und halbhermetischer Bauform gefertigt werden. Aufgrund seines geringen GWP-Wertes von 1,37 gemäß 6. IPCC Sachstandsbericht ist dabei derzeit hauptsächlich das Hydrofluorolefin (HFO) 1234ze(E) als Kältemittel im Einsatz. In Großprojekten, bevorzugt als Wärmepumpenanwendung im zweistelligen Megawattbereich, findet auch das natürliche Kältemittel CO2. (R744, GWP 1) Verwendung.
Offene und halbhermetische Bauform
Die Vorteile der halbhermetischen und offenen Bauform werden nachfolgend aufgelistet.
Grundsätzliche Vorteile der offenen Bauform:
- keine unerwünschte saugseitige Kältemittelüberhitzung
- exakte Anpassung von Motor- und Kälteleistung je nach Anwendung
- große Kälteleistung möglich
- hohe Flexibilität bei der Motorwahl, zum Beispiel bezüglich Schutzart, Wirkungsgrad, Effizienzklasse und Anwendungsbereich
- falls gewünscht, auch Riemenantrieb zur preiswerten Drehzahlanpassung möglich keine Kontamination des Kältekreislaufs bei einem Motorbrand
Grundsätzliche Vorteile der halbhermetischen Bauform:
- keine Wartung mit langen Stillständen (> 1 Monat) erforderlich, um Leckagen an der Wellenabdichtung zu vermeiden
- tendenziell geringere Schallleistung als bei offener Bauform
- etwas geringerer Platzbedarf als bei offener Bauform
- Motorkühlung über das Kältemittel
Kinetische Energie bei Strömungsmaschinen
Aufgrund der eingangs bereits erwähnten Ausführung von Turboverdichtern als Strömungsmaschine, waren diese bisher nicht für große Druckdifferenzen und Temperaturhübe geeignet. Die Kompression erfolgt kontinuierlich ohne Strömungsabriss. Um einen stabilen Betrieb zu gewährleisten, sollten Turboverdichter bisher mit einem Druckverhältnis von Kondensationsdruck (pc) zu Verdampfungsdruck (po) von maximal 5 arbeiten. Das minimale Druckverhältnis betrug bislang 1,5. Die bisher üblichen Druckverhältnisse mussten aber für Wärmepumpenanwendungen stark verändert werden. Durch mehrstufige Verdichtung (bei Wärmepumpen vierstufig und mehr) sind nun auch hohe Differenzdrücke bei sehr guten Leistungszahlen realisierbar. Der Einsatzbereich von Turboverdichtern ist aber im Gegensatz zu anderen Verdichterbauarten wie Hubkolben-, Scroll- Schrauben- und Rollkolbenverdichtern stärker eingegrenzt, somit ist eine genaue Projektierung notwendig.
In Turboverdichtern wird der Kältemitteldampf durch Umwandlung von Bewegungsenergie (kinetische Energie) in Druckerhöhung verdichtet. Bei gleichem Massenstrom ist der Volumenstrom am Austritt des Laufrads (Impeller, siehe Abbildung 1) aufgrund der Verdichtung geringer als bei dessen Eintritt.

Drehzahl und Druckaufbau
Je höher die Drehzahl, umso höher ist in einem Turboverdichter der mögliche Verflüssigungsdruck. Durch verstellbare Vorleitschaufeln (Inlet Guide Vane, IGV, siehe Abbildung 2) wird Eintrittsquerschnitt verjüngt oder vergrößert. Eine zusätzliche Veränderung der Gasaustrittsfläche am Diffusor erhöht die Betriebssicherheit und erweitert den Einsatzbereich. Somit wird ein Abreißen der Strömung (stall), zum Beispiel in Teillast, oder ein Rückstrom des Kältemittels bei hohem Verflüssigungsdruck (surge), zum Beispiel durch einen verschmutzten Verflüssiger, unterbunden. Andernfalls könnte es beispielsweise infolge starker Verschmutzung zu sogenanntem Pumpbetrieb kommen, der er zum Ausfall oder gar zur Zerstörung des Verdichters führen könnte. Das wird durch die Veränderung der Gasaustrittsfläche am Diffusor verhindert.

Regelbarkeit von Turbokaltwassersätzen
Mit Turboverdichtern ist ein Regelbetrieb bis circa 15 % der Normkälteleistung ist möglich. Jedoch ist die nicht unter allen Betriebszuständen gewährleistet. Je höher das Verdichtungsverhältnis pc/po, desto weniger kann in Teillast gefahren werden. Dies ist besonders bei Wärmepumpenanwendungen zu bedenken. Die Verdichtung kann ein- oder mehrstufig geschehen – Letzteres, indem mehrere Laufräder verbaut sind. Bei zweistufiger Verdichtung wird zwischen „In Line“ und „Back to Back“ unterschieden (Abbildung 3).

Abbildung 4 zeigt den Aufbau der Impeller mit dem Motor sowie die Strömungsführung von der ersten Stufe zur zweiten Stufe bei einer Back-to-Back-Konfiguration.

Unter bestimmten Umständen, besonders bei hohen Differenzdrücken, kann mit einem Economizer auch bei Turboverdichtern die Effizienz erhöht werden. Dafür wird flüssiges Kältemittel aus dem Verflüssiger in zwei Ströme aufgeteilt. Ein kleinerer Teil des flüssigen Kältemittels wird durch ein zusätzliches Expansionsventil entspannt und fließt anschließend in einen Gegenstrom-Plattenwärmeübertrager, den Economizer. Der Hauptmassenstrom aus dem Verflüssiger wird durch den Economizer abgekühlt, während der Einspritzmassenstrom verdampft und überhitzt wird. Der vereinfachte kältetechnische Aufbau sowie die Darstellung im log-p-h-Diagramm sind in Abbildung 5 dargestellt.
Von Vorteil bei einstufiger Turboverdichtung (ohne Economizer) sind tendenziell höhere Leistungszahlen bei niedrigen Verflüssigungstemperaturen, da es keinen Strömungswiderstand einer zweiten Stufe gibt. Dementsprechend ist eine zwei- oder mehrstufige Verdichtung bei hohen Druckunterschieden vorteilhafter, da ein höherer Druck aufgebaut werden kann.
Die Motorkühlung erfolgt bei halbhermetischer Ausführung durch Sauggaskühlung und Kältemitteleinspritzung (liquid injection). Bei offener Ausführung hat dies extern zu erfolgen, zum Beispiel über eine Maschinenraumlüftung. In der Kältetechnik werden nur Radialverdichter verwendet. Bei deren elektrischem Anschluss ist auf ein rechtsdrehendes elektrisches Drehfeld zu achten. Der Betrieb mit falscher Drehrichtung führt zum Totalschaden. Flüssigkeitsschläge können zur vollkommenen Zerstörung des Impellers führen und sind zu vermeiden, jedoch ist bei Turboverdichtern eine höhere Toleranzschwelle als bei Hubkolbenverdichtern festzustellen.

Regelungsarten bei Turbomaschinen
Ein/Aus- und Saugdruckregelung werden bei Turboverdichtern nicht verwendet. Vielmehr sind folgende stetige Regelungsarten allein oder in Kombination möglich:
- Vordrallregelung durch Leitschaufelverstellung: Bei der Vordrallregelung durch Leitschaufelverstellung regulieren am Laufradeintritt angebrachte verstellbare Leitschaufeln die Kältemittelfördermenge und somit die Kälteleistung. Bei Stillstand sind die Leitschaufeln geschlossen, beim Anfahren werden sie langsam bis auf Volllast geöffnet. Die Leitschaufelverstellung kann durch ein vom Elektromotor angetriebenes Gestänge, eine Kette oder direkt über den Öldruck ohne zusätzliche Hilfsenergie erfolgen. In Kombination mit einer variablen Spaltweitenverstellung des Diffusors am Laufradaustritt sind eine effiziente Regelung und der Betrieb im stabilen Bereich gewährleistet. Diese Regelvariante darf als Standard bei Turboverdichtern angesehen werden und entspricht dem Stand der Technik.
- Drehzahländerung durch Frequenzumformer: Zusätzlich zur Vordrallregelung kann zur Leistungssteuerung von Turboverdichtern ein Frequenzumformer eingesetzt werden. Vorteile dieser Bauart sind ein niedriger Anlaufstrom, effiziente Teillastregelung und ein stabiler Betriebsbereich. Die Regelung über Frequenzumrichter ist jedoch nur dann vorteilhaft, wenn mit geringerer Kälteleistung auch ein deutlich geringerer Druck aufzubauen ist, also die Verflüssigungstemperatur zurückgeht. Ölfreie magnetgelagerte Turboverdichter sind immer mit Frequenzumformern ausgestattet. Bei Turboverdichtern mit Getriebe oder direkt angetriebenen Motor kann diese Form der Leistungssteuerung als Stand der Technik angesehen werden.
- Heißgas-Bypassregelung durch Montage eines Heißgas-Bypassventils zwischen Heißgas- und Saugleitung: Diese Regelvariante wird nur noch selten eingesetzt, da sie unwirtschaftlich gegenüber den zuvor genannten Regelungsmöglichkeiten ist. Hauptsächlich findet sie Anwendung als Anfahrbypass bei mehreren, auf einen Kältekreis arbeitenden Turboverdichtern. Sollte die Endausbaustufe einer Kälteanlage mit Turboverdichter noch nicht erreicht sein, stellt diese Regelungsart eine preiswerte Möglichkeit für die Übergangszeit da. Danach sind die zuvor genannten Varianten zu bevorzugen. Zur Umstellung auf Leitschaufelverstellung oder Frequenzumrichter ist das Bypassventil zu schließen.
Wissenswertes über das Kältemittel R1234ze(E)
Mit seinem geringen GWP-Wert von 1,37 ist R1234ze(E) als ungesättigter Fluorkohlenwasserstoff (HFO) als klimafreundlich einzustufen, jedoch nicht als umweltfreundlich. Sollte dieses Kältemittel in die Umwelt entweichen zersetzt sich das HFKW bis zu einem Anteil von 10 % in der Atmosphäre zu Trifluoressigsäure (TFA). Diese Polyfluoralkylsubstanz (PFAS) ist persistent, sehr mobil und toxisch (ein sogenannter PMT-Stoff) und reichert sich aufgrund ersterer Eigenschaft zunehmend im Trinkwasser an. Im hermetischen Kältekreislauf entsteht kein Umweltschaden – allenfalls bei Leckagen oder unsachgemäßer Wartung. Nichtsdestotrotz sind viele Trinkwasserbrunnen in Europa bereits mit TFA-Konzentrationen belastet, die das gesundheitlich unbedenkliche Maß überschreiten. Ein weiterer Eintrag in die Umwelt ist daher zu vermeiden, zum Beispiel indem statt auf die TFA-bildenden Kältemittel wie etwa R1234ze(E) und R1234yf, die für ungefähr 50 % des TFA-Eintrages ins Trinkwasser verantwortlich sind, auf halogenfreie natürliche Kältemittel oder Kohlenwasserstoffe gesetzt wird. Tiefergehende Informationen hierüber bietet ein 268-seitiger Bericht des Umweltbundesamtes.
Auch ist der vermeintlich niedrige GWP Wert von R1234ze(E) zu hinterfragen. Entweicht dieses Kältemittel in die Umwelt, können theoretisch circa 11% des Ausgangsstoffes zu (CHF3 = R23) zersetzt werden. Wegen seines GWP-Wertes von 14.800 darf R23 in Deutschland und in der EU nicht mehr verwendet werden. Besagte 11% von GWP 14.800 würden wiederum einem effektiven GWP Wert von 1.628 entsprechen. Dies ergab eine Vorstudie von Campell J.S.. Jedoch ist dies nur unter Zuständen möglich, die so in der Natur nicht vorzufinden sind. Der aktuelle Wissenstand geht davon aus, dass sich ein effektiver GWP < 150 ergeben kann.
Fazit und Ausblick für Turboverdichter
Die Weiterentwicklung bei Turboverdichtern ist sehr rasant. Wurden in der Vergangenheit Getriebeturbos im Leistungsbereich von 800 bis 2.000 kW durch Schraubenverdichter abgelöst, ist dies heute bei magnetgelagerten Bauarten genau andersherum. Hier werden kleine und mittlere Leistungsbereiche bei Wärmepumpen und Wasserkühlsätzen erschlossen, die bis vor Kurzem noch dem Schrauben- und Scrollverdichtern vorbehalten waren. Der Drehzahlbereich war grob gesprochen bis 55.000 min-1 definiert, die kleinen Ausführungen erreichen nun bereits Drehzahlen bis 230.000 min-1. Durch die mehrstufige Verdichtung hat sich für die Turbokompressoren der neue Anwendungsfall „Wärmepumpe“ ergeben, wo einstufige Verdichterbauarten auf etwa 50 °C Vorlauftemperatur begrenzt waren. Ein Wandel vom Wasserkühlsatz zur reversiblen Wärmepumpe ist klar festzustellen.

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