Haben Sie Ihr Unternehmen schon für ein Energieaudit im Sinne von § 8 des Gesetzes über Energiedienstleistungen (EDL-G) vorbereitet? Dann lesen Sie mal, was vielleicht auf Sie zukommt – und was Günther Mertz, Hauptgeschäftsführer des Bundesindustrieverbands Technische Gebäudeausrüstung (BTGA), dazu meint.
Nach Artikel 8 Absatz 4 der EU-Energieeffizienz-Richtlinie 2012/27/EU (EED) sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, sicherzustellen, dass Unternehmen, die kein kleines oder mittleres Unternehmen (KMU) sind, bis zum 5. Dezember 2015 Gegenstand eines Energieaudits werden, das, gerechnet vom Zeitpunkt des ersten Energieaudits, mindestens alle vier Jahre in unabhängiger und kostenwirksamer Weise von qualifizierten oder akkreditierten Experten durchgeführt oder nach innerstaatlichem Recht von unabhängigen Behörden durchgeführt und überwacht wird. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) wird hierbei mit der stichprobenhaften Überprüfung der Energieaudits sowie der Bereitstellung einer öffentlichen Liste von Personen, die über die erforderliche Qualifikation verfügen, um ein Energieaudit im Sinne von § 8 des Gesetzes über Energiedienstleistungen (EDL-G) durchzuführen, beauftragt.
Die Redaktion von cci Branchenticker erreichte hierzu ein Kommentar von Günther Mertz, Hauptgeschäftsführer des Bundesindustrieverbands Technische Gebäudeausrüstung (BTGA):
Günther Mertz (Abb. cci Dialog GmbH) „Die Rand- und Rahmenbedingungen um das Energie-Dienstleistungsgesetz (EDL-G) und die darin implizierte Pflicht zur Durchführung von Energieaudits stellen einen weiteren Mosaikstein im erratischen energiepolitischen Kurs des Gesetzgebers dar. Bekanntlich müssen nach § 8 des kürzlich geänderten EDL-G alle Nicht-KMU (Unternehmen mit 250 oder mehr Mitarbeitern bzw. mehr als 50 Mio. Euro Jahresumsatz oder mehr als 43 Mio. Euro Jahresbilanzsumme) alle vier Jahre ein Energieaudit durchführen. Erstmals muss diese Verpflichtung bis zum 5. Dezember 2015 erfüllt werden. Ausgenommen sind nur Unternehmen, die ein zertifiziertes Energiemanagement- bzw. Umweltmanagementsystem einführen oder bereits eingeführt haben. Nun stelle man sich vor: Mitte Mai erschien seitens der BAFA das Merkblatt mit Erläuterungen zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgabe für Energieaudits. Sieben Monate später sollen alle (!) Nicht-KMU Energieaudits durchgeführt haben. Wie dies umgesetzt werden soll, ist zumindest mir ein Rätsel.
Auch in einem anderen Punkt sorgte das Gesetz in der TGA-Branche zunächst für Verwirrung. § 1 Nr. 1 EDL-G bestimmt, dass das EDL-G Anwendung findet auf „Anbieter von Energieeffizienzmaßnahmen und Energieunternehmen“. Hierunter können sich die meisten TGA-Unternehmen über das Kriterium des Anbietens von Energieeffizienzmaßnahmen zu Recht als grundsätzlich in den Anwendungsbereich des EDL-G einbezogen einordnen. § 1 Nr. 4 EDL-G bestimmt, dass das EDL-G Anwendung auf alle Nicht-KMU (siehe oben) findet. Ja was nun? Erst nach verschiedenen Nachfragen und Recherchen wurde deutlich, dass „Anbieter von Energieeffizienzmaßnahmen“ nicht per se von der Verpflichtung zur Durchführung eines Energieaudits betroffen sind, sondern erst dann, wenn sie die Voraussetzung „Nicht-KMU“ erfüllen.
Spannend auch die Frage, wer Energieaudits durchführen darf. Nach § 8b EDL-G sind Energieaudits in unabhängiger Weise durchzuführen. Hierzu führt das veröffentlichte „Merkblatt für Energieaudits“ aus, dass „Interessenskonflikte in der Person des Beraters“ vermieden werden sollen, „wenn dieser gleichzeitig für den Vertrieb von Produkten zuständig ist, die zur Durchführung der Energieeinsparinvestitionen erforderlich sind“. Unternehmen, die Energieaudits anbieten, sollen demnach eine „unternehmensinterne organisatorische Trennung der Beratungsdienstleistungen vom Vertrieb von Einsparprodukten“ vornehmen, um „Energieaudits nach dem Gesetz“ anzubieten. Auf Anfrage, wie vor diesem Hintergrund TGA-Anlagen bauende Unternehmen Energieaudits durchführen können, antwortete das BAFA: „Es ist aber gleichwohl möglich, dass ein Berater Energieaudits durchführen darf, der zwar in einem Unternehmen angestellt ist, welches Produkte herstellt, die zur Energieeinsparung verwendet werden, sofern eine unternehmensinterne organisatorische Trennung gegeben ist“. Alles klar?
Und noch ein kleiner „Hammer“ zum Schluss: Zahlreiche „Hoheitsbetriebe“ fallen nicht unter die Verpflichtung, Energieaudits durchzuführen. Hierzu sind im Merkblatt unter anderem aufgeführt: Ämter, soweit staatliche Aufgaben erfüllt werden, Schulen und Universitäten. Im Klartext heißt dies, dass ein 251-Mann-Betrieb ein Energieaudit durchführen muss, die riesigen, in den 70er Jahren errichteten und noch mit alter Anlagentechnik ausgestatteten Universitäten beispielsweise in NRW nicht.
Ob man mit der Pflicht zur Durchführung von Energieaudit die Nicht-KMU animieren kann, sicherlich sinnvolle Energieeffizienzmaßnahmen durchzuführen, bleibt fraglich. Zwar sind die Energieaudits geeignet, Energieeinsparpotenziale aufzuzeigen, eine Pflicht Energieeffizienzmaßnamen auch durchzuführen, besteht indes nicht. Spannend wird sicherlich auch die Anfrage, die am 5. Dezember 2015 an das BAFA gerichtet wird, wie viele Energieaudits denn tatsächlich durchgeführt worden sind. Dies ist nicht zuletzt auch deshalb von Bedeutung, als derjenige, der entgegen seiner Verpflichtung, ein Energieaudit durchzuführen, ein Energieaudit nicht oder nicht rechtzeitig durchführt, eine Ordnungswidrigkeit begeht, die mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden kann. Mal sehen.“
Artikelnummer: cci35042
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