Die deutsche verarbeitende Industrie ist im Februar kaum gewachsen. Dies solle aber nicht als Vorbote einer Rezession gesehen werden.
(Abb. © Robert Kneschke/Fotolia.com) Der Einkaufsmanager-Index (EMI) rutschte auf 50,5 Punkte und damit auf ein 15-Monatstief ab. Damit notiert das Industrie- und Konjunkturbarometer nur noch knapp über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten.
Die gedämpfte Binnen- und Exportnachfrage war einer der Hauptgründe für den Abschwung des Industriesektors. Diese beiden Komponenten wiesen die niedrigsten Zuwachsraten seit sieben Monaten aus. Am stärksten davon betroffen war laut Umfrageergebnissen der Vorleistungsgüterbereich.
„Die Erwartungen in der deutschen Industrie haben sich zuletzt deutlich eingetrübt. Eine schlechtere Stimmung ist derzeit fast überall wahrzunehmen“, so Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen. Dies solle aber nicht als Vorbote einer Rezession gesehen werden. Vielmehr seien die Chancen groß, dass der Wendepunkt nach oben bevorstehe. Im Januar korrigierten die Aktienmärkte deutlich nach unten. Traud: „Die Stimmung an den Märkten und bei den Unternehmen zog nach. Im Februar erholten sich die Aktienmärkte aber schon wieder. Auch die Rohstoffpreise scheinen ihren Boden gefunden zu haben.“ In den Zyklen seit 1965 erreichten deutsche Aktien drei Monate vor dem Tief der Stimmungsindikatoren ihren Boden. Sollte das in diesem Jahr auch so sein, werde der nächste EMI vermutlich noch einmal schwächer. Aber spätestens im April sollte es nach Ansicht der Helaba-Bankdirektorin wieder nach oben gehen.
Nach Ansicht von Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank „stammen die Schwierigkeiten in der Weltwirtschaft aus dem Industriesektor“. Die weltweite Industrieproduktion sei in der Krise – teilweise wegen schleppender Nachfrage und teilweise wegen der in den vergangenen Jahren aufgebauten Überkapazitäten, insbesondere in Schwellenländern. Das spüre nun auch die deutsche Industrie. Den hiesigen Industrieunternehmen werde in diesem Jahr der Wind verstärkt ins Gesicht blasen.
„Die konjunkturelle Gangart hat sich spürbar verlangsamt“, kommentierte DIHK-Konjunkturexperte Dr. Dirk Schlotböller die aktuellen EMI-Daten. Die deutsche Industrie sei auf eine dynamische Investitionsentwicklung im In- und Ausland angewiesen; ihr stünden allerdings derzeit weltweit zu viele Risiken entgegen. Hauptkonjunkturtreiber bleibe der niedrige Benzinpreis, der vor allem den privaten Konsum befördere. „Das spiegelt sich weniger in den Industriezahlen, sondern vor allem in anderen Branchen wie dem Bau wider. Alles in allem dürfte es in diesem Jahr damit nur für ein BIP-Wachstum von 1,3 % reichen“, sagte Schlotböller dem BME.
Beschäftigung: Erstmals seit eineinhalb Jahren kam es in der deutschen Industrie wieder zu einem geringfügigen Stellenabbau, was die Befragten mit dem Auslaufen von Zeitarbeitsverträgen, Rationalisierungen und Kapazitätsanpassungen begründeten. Bei knapp 14 % der Befragten wurde die Belegschaft verringert.
Der Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen verarbeitenden Industrie. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME), Frankfurt. Er wird von der britischen Forschungsgruppe Markit Economics, Henley-on-Thames, erstellt und beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern/Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland.
Artikelnummer: cci43218
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