Auslegung von zukunftssicheren Wasserkühlsätzen – Planungszugabe bis 60 %

Aufgrund von steigenden Außentemperaturen und Luftfeuchten im Sommer wird das Projektieren von Wasserkühlsätzen zum Betrieb von Luftkühlern in RLT-Geräten zu einer verzwickten Angelegenheit. Dabei sollten Fachplaner für eine langjährige Betriebssicherheit des Systems schon heute künftige Entwicklungen des Wetters und heißere Sommer berücksichtigen, die aber in aktuellen technischen Regeln nicht abgebildet werden. Wie könnte eine vorausschauende Planung eines solchen Projekts erfolgen? Dazu ein Vorschlag von cci Zeitung.

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Der folgende Artikel erschien erstmals in cci Zeitung 03/2020.

Wenn heute ein Klima- oder Kühlprojekt mit einem Wasserkühlsatz geplant wird, ist eine Betriebszeit von rund 15 bis 20 Jahren anzusetzen. Viele Prognosen gehen davon aus, dass in dieser Zeit auch in Mitteleuropa die Sommer wärmer werden und es längere Perioden mit Temperaturen über 35 °C geben wird. Um die damit einhergehenden Herausforderungen zur Planung eines Systems „Wasserkühlsatz plus Luftkühler in einem RLT-Gerät“ zu verdeutlichen, wird als Beispiel angenommen, dass in einem RLT-Gerät ein Außenluftvolumenstrom von 3 m³/s auf einen Zuluftzustand von 18 °C und von maximal 10 g/kg absolute Feuchte konditioniert werden soll. Im RLT-Gerät befindet sich eine Wärmerückgewinnung mit einer Rückwärmezahl von 75 %, die Ablufttemperatur beträgt 26 °C. Welchen Einfluss haben bei diesem Projekt steigende Außenlufttemperaturen und -feuchten auf die Auslegung der Nennleistung des Luftkühlers im RLT-Gerät und des Wasserkühlsatzes?

Veraltete Auslegungsdaten

Berücksichtigt der Fachplaner die für das Beispielprojekt anzusetzenden gültigen technischen Regeln, wird ein Mangel deutlich: Die derzeit aktuellste technische Wetterregel VDI 4710 „Meteorologische Grundlagen für die TGA: t,x-Korrelationen der Jahre 1991 bis 2005 für 15 Klimazonen in Deutschland“ (2011) enthält für die 15 Referenzstandorte Datensätze für die Außenluft, die Außenluftfeuchte und für anzusetzende Sommerwerte (Enthalpien). Doch diese Angaben sind lediglich Durchschnittswerte für 1990 bis 2005. Seitdem sind die Sommer aber erheblich wärmer geworden. Zum Beispiel lag im Sommer 2018 (April bis Oktober) die Außentemperatur um mehr als 3 K über den langjährigen Mittelwerten von 1961 bis 1990, die noch in der DIN 4710 aufgeführt sind. Und in der VDI 4710 werden für den Zeitraum 1990 bis 2005 auch nur für Mannheim, Potsdam und Mühldorf mehr als 30 Stunden pro Jahr mit Temperaturen über 30 °C angegeben. Empfohlen werden in der VDI 4710 zum Beispiel folgende sommerliche Auslegungswerte: Mannheim 34 °C (67 kJ/kg), Potsdam 33 °C (64 kJ/kg) und Mühldorf 32 °C (65 kJ/kg). Was aber passiert mit der Leistung und Betriebssicherheit des Systems „Luftkühler im RLT-Gerät und Wasserkühlsatz“, das nach den heutigen technischen Regeln ausgelegt wird, bei steigenden Außentemperaturen und -feuchten?

Bis zu 39 °C und 15 g/kg Feuchte

Zur Beantwortung dieser Frage hat cci Zeitung Berechnungen durchgeführt. Bei diesen wird eine Steigerung der Außentemperatur von 33 °C (Basis) auf 35, 37 und 39 °C angenommen. Ergänzend wird berechnet, welche Auswirkungen eine Erhöhung der Außenluftfeuchte von 12 g/kg (Basis) auf 13, 14 und 15 g/kg hat. Für den Basiszustand der Außenluft von 33 °C / 12 g/kg ergibt sich eine Enthalpie von 63,9 kJ/kg. Ziel ist die Konditionierung der Außenluft auf einen Zuluftzustand von 18 °C und 10 g/kg Feuchte, der einer Enthalpie von rund 43,4 kJ/kg entspricht.

Vorkühlung durch die WRG

Bevor nun die im Kühler des RLT-Geräts benötigte Leistung zur Kühlung und Entfeuchtung der Außenluft auf den vorgegebenen Zuluftzustand berechnet wird, ist die Wirkung der Wärmerückgewinnung (WRG) zu berücksichtigen. Da die Abluft (Raumluft) mit 26 °C kühler ist als die Außenluft, wird die Abluft in der WRG die warme Außenluft vorkühlen. Mit der vorgegebenen Rückwärmezahl der WRG von φ =75 % und der Gleichung für die Wärmerückgewinnung

t1 minus tau

lassen sich für die konstante Ablufttemperatur tab = 26 °C und für die Außenlufttemperaturen tau = 33, 35, 37 und 39 °C die jeweiligen Temperaturen t1 der in der WRG vorgekühlten Außenluft nach dem Austritt aus der WRG berechnen. Diese Temperaturen t1 stehen (gerundet) in Tabelle 1.

Aussenluft nach WRG
Tabelle 1:
Temperaturen der von der Abluft (26 °C) vorgekühlten Außenluft t1 nach der Durchströmung der WRG für Außenlufttemperaturen von 33, 35, 37 und 39 °C und eine Außenluftfeuchte von 12 g/kg.

Da wegen der hohen Temperaturen die absolute Feuchte x der Außenluft bei der Durchströmung der WRG stets konstant bleibt (keine Kondensation), können für die verschiedenen t1-Werte die jeweiligen Enthalpien h der in der WRG vorgekühlten Außenluft vor ihrem Eintritt in den Kühler berechnet werden:

h = cpL • t1 + x • (r0 + cpD • t1)

mit cpL = 1,006 kJ/kgK, r0 = 2.500 kJ/kg, cpD = 1,86 kJ/kgK und x in kg/kg.

Die Ergebnisse dieser Rechnungen stehen für die angenommenen Außenlufttemperaturen (33, 35, 37 und 39 °C) und die korrespondierenden Lufttemperaturen t1 (nach der WRG) sowie für die Außenluftfeuchten 12, 13, 14 und 15 g/kg zusammengefasst in Tabelle 2.

Enthalpie der Aussenluft
Tabelle 2:
Enthalpien der Außenluft nach dem Austritt aus der WRG in Abhängigkeit von der Außenlufttemperatur und der Außenluftfeuchte. Die Werte t1 sind die Temperaturen der Außenluft nach der Wärmerückgewinnung bei einer WRG-Rückwärmezahl von 75 %.

Ergebnisse und Folgerungen

Berechnet man abschließend die Leistung, die zur Kühlung und Entfeuchtung des Außenluftvolumenstroms (3 m³/s) auf den gewünschten Zuluftzustand h = 43,4 kJ/kg nach der Vorkühlung in der WRG noch im Kühler des RLT-Geräts erforderlich ist, ergibt sich für den Basiszustand (Außenluft 33 °C / 12 g/kg, h nach WRG = 58,6 kJ/kg) eine Leistung von

Q = 3 m³/s • 1,2 kg/m³ • (58,6 kJ/kg – 43,4 kJ/kg) = 54,7 kW

Diese Kälteleistung steigt für den extremsten angenommenen Luftzustand (39 °C, 15 g/kg, h nach WRG = 67,7 kJ/kg) auf 87,5 kW. Das bedeutet, dass die Leistung des Luftkühlers zur Konditionierung der Außenluft auf den Zuluftzustand (18 °C / 10 g/kg) beim Extremzustand der Außenluft (39 °C / 15 g/kg) mit 87,5 kW um etwa 60 % höher ist als beim Basiszustand (33 °C / 12 g/kg) mit 54,7 kW.

Aus Tabelle 2 lassen sich für das Beispiel zwei weitere generelle Folgerungen ableiten:

  • Pro Kelvin Temperaturerhöhung der Außenluft steigt bei konstanter Außenluftfeuchte x die Enthalpie der Außenluft nach der Wärmerückgewinnung (Rückwärmezahl 75 %) um etwa 0,25 kJ/kg.
  • Pro g/kg Erhöhung der Außenluftfeuchte steigt bei konstanter Außenlufttemperatur die Enthalpie der Außenluft nach der Wärmerückgewinnung um etwa 2,5 kJ/kg. Begründung: Im Sommer kann die Abluft in der WRG aufgrund der hohen Temperaturen die Außenluft nur sensibel kühlen und nicht zur Verringerung der absoluten Feuchte der Außenluft beitragen. Die gesamte Leistung zur Entfeuchtung der Außenluft muss also im Luftkühler erfolgen.

Daraus folgt, dass eine Temperaturerhöhung der Außenluft deutlich geringere Auswirkungen auf die auszulegende Nennleistung des Wasserkühlsatzes hat als eine Erhöhung der Außenluftfeuchte. Ein nach den aktuellen Wetterdaten geplanter Wasserkühlsatz wird also besonders bei einer künftig stärker notwendigen Entfeuchtung der Außenluft erheblich an Leistung einbüßen. Ein Wasserkühlsatz mit einer Nennleistung von 55 kW, der für einen Basis-Außenluftzustand von 33 °C und 12 g/kg ausgelegt wurde, hätte somit bei einer um 6 K höheren Außenlufttemperatur und einer nur um 3 g/kg höheren Außenluftfeuchte eine viel zu geringe Leistung zur Kühlung und Entfeuchtung der Außenluft auf den gewünschten Zuluftzustand.

Gesamtheitliche Planung

Sehr wichtig ist, dass die Planung des Wasserkühlsatzes stets gesamtheitlich erfolgen muss. Das bedeutet für die Beispielrechnungen: Man darf nicht einfach die Leistung eines Wasserkühlsatzes, der für Außenluftbedingungen von 33 °C und eine Feuchte von 12 g/kg mit 55 kW ausgelegt wurde, um 60 % auf 88 kW erhöhen und meinen, dass dieser dann auch die höheren Temperaturen und Feuchten der Außenluft zur Zuluftkonditionierung bewältigt. Dafür muss ein gänzlich anderer Wasserkühlsatz geplant werden, der eine Leistung von 88 kW bei den neuen Auslegungsdaten 39 °C und 15 g/kg Feuchte erbringt.

Nach den Regeln der Technik?

Das behandelte Beispiel zur vorausschauenden Planung eines leistungsstärkeren Wasserkühlsatzes bei Annahme extremer Wetterbedingungen entspricht formaljuristisch nicht den Regeln der Technik und stellt einen Mangel dar. Gefordert wird nämlich die Projektierung auf Basis der aktuell geltenden Normen, Richtlinien und Verordnungen. Den darin beschriebenen technischen Anforderungen muss die Anlage zum Zeitpunkt der Abnahme entsprechen. Insofern ist das beschriebene Vorgehen – also die Projektierung einer leistungsstärkeren, aber zukunftssicheren Kälteanlage – zur Rechtssicherheit zwischen dem Bauherrn/Auftraggeber und dem Fachplaner speziell zu vereinbaren.

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