So werden Räume rein: Zwei Referenzberichte von Pfizer (Trox) und Klapp (Colt)

Wie werden Reinraumbedingungen energieeffizient und nachhaltig hergestellt? Zwei Anwendungsbeispiele zeigen, wie es geht.

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Referenzbericht: Nachhaltiges Reinraumkonzept bei Pfizer

In den hochsensiblen Bereichen von HighCon sorgt das spezielle hygieneoptimierte Zentralgerät „X-Cube Crofcu“ laut Hersteller Trox für ein Höchstmaß an Sicherheit, Zuverlässigkeit und Qualität (Abb. © Trox)

Die deutschen Auswanderer Karl Pfizer und Karl Erhart gründeten 1849 die Firma Charles Pfizer & Company in New York. Im Laufe der Zeit entwickelte sich Pfizer zu einem der weltweit größten Arzneimittelhersteller. Am Standort in Freiburg gibt es ein energieeffizientes Raumluftkonzept.

Freiburg ist einer der größten Pfizer-Standorte zur Herstellung fester Arzneiformen weltweit. Fünf Milliarden Tabletten und Kapseln pro Jahr werden dort hergestellt. In der neuen Produktionsstätte sollen in der Hauptsache Medikamente zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmten Krebserkrankungen produziert werden.
In der neuen Anlage können nach Fertigstellung bis 7 Mrd. Einheiten hergestellt werden. Die High-Containment-Fabrik („HighCon“) gilt als eine der größten und modernsten Anlagen für die Herstellung hochwirksamer Arzneistoffe in Europa. Die Nachhaltigkeitsstrategie von Pfizer orientiert sich an den „Sustainable Development Goals“ der UN. Pfizer hat sich zum Ziel gesetzt, energieeffizient zu produzieren. So sind die Verbräuche im Freiburger Produktionswerk in den letzten Jahren gesunken – trotz Verdopplung der Produktionsmenge.

Energieeffizientes Raumluftkonzept
Basis für die Zuverlässigkeit und Sicherheit der raumlufttechnischen Anlage ist das intelligente Luftmanagement – verbunden mit einer wirkungsvollen Filtration der Luft mit HEPA-Filtern. Das ganzheitliche Konzept mit Komponenten von Trox sorgt dafür, dass die Klimatisierungs- und Lüftungskomponenten effektiv zusammenwirken.
Durch das physikalische Prinzips des gezielten Überdrucks werden in der Reinraumproduktion Kontaminationen vermieden. Der Überdruck verhindert, dass ungewollt Luft oder unerwünschte Partikel in andere Bereiche eindringen können. Für die effektive Überdruckregelung sind intelligente elektronische Regelsysteme verantwortlich.
Für den sicheren Betrieb der Reinräume wurden etliche OEB-4-klassifizierte (https://www.containment-technology.com/oeb-stufen/) Hochleistungsschwebstofffilter der Filterklasse H13 (99,95 % @MPPS; MPPS = most penetrating particle size) in der Decke verbaut. HEPA-Abluftfilter der Serie „KSFS“ (Luftleitungs-Schwebstofffilteranlagen aus Stahlblech mit dekontaminierbarer Pulverbeschichtung und Anpressvorrichtung aus Edelstahl sowie mit HEPA-Schwebstofffiltern) sorgen in den kritischen Prozessbereichen durch eine sichere Abdichtung und komfortable Anwendung durch Spannhebel für einen gleichbleibenden Anpressdruck und somit Dichtsitz zwischen Gehäuse und Filterelement. Filterwechsel sind problemlos möglich. In den hochsensiblen Bereichen von HighCon sorgt das spezielle hygieneoptimierte Zentralgerät „X-Cube Crofcu“ laut Hersteller Trox für ein Höchstmaß an Sicherheit, Zuverlässigkeit und Qualität. In dem effektiven Hochleistungskreislaufverbundsystem (HKVS) – es wird eine Rückwärmezahl von mehr als 70 % erreicht – sind Zu- und Abluft-Wärmeübertrager räumlich vollständig voneinander getrennt und lediglich hydraulisch miteinander verbunden, um Geruchs- und Stoffübertragung zu vermeiden.

Dezentrale Lösung spart Energie
Das Lüftungssystem „X-Cube Crofcu“ (Clean Room Fan Coil Unit) stellt laut Trox eine eine besonders wirtschaftliche Lösung dar. Reinräume sind in der Regel durch eine sehr hohe Luftwechselrate gekennzeichnet. Gleichzeitig halten sich aber nur wenige Personen darin auf, was wiederum heißt, dass wenig Luft „verbraucht“ wird und deshalb nur eine geringe Außenluftrate erforderlich ist. Ein zentrales Zuluft-System wäre mit einem höheren Volumenstrom verbunden, mit einem höheren Energieaufwand für die Konditionierung der Außenluft, höheren Widerständen und einem weiteren Luftweg und damit höheren Druckverlusten. Das wirtschaftlichere System mit den dezentralen Geräten kann durch geringere Luftkanalquerschnitte in den Zwischendecken platziert werden. Es wird von drei Zentralgeräten mit einer Gesamtluftmenge von rund 100.000 m³/h versorgt. Durch die Möglichkeit, die Außenluftrate zu reduzieren, werden rund 50 % Energie eingespart.

HighCon – die Fabrik mit nachhaltigem Reinraumkonzept
In Zusammenarbeit mit Daldrop + Dr. Ing. Huber, Anlagenbau-Unternehmen von Reinraumsystemen, wurde mit „X-Cube Crofcu“ ein Lüftungsgerät realisiert, das folgende Kennzeichen hat:
• Raumsparende Installation durch geringe Luftleitungsquerschnitte
• Reduzierter Verkabelungsaufwand, kurze Inbetriebnahmezeiten vor Ort aufgrund von werkseitiger Einstellung aller Parameter
• Geringe Druckverluste des energieoptimierten Systems mit kurzen Leitungswegen
• Energieeffiziente Abtragung der Wärmelasten
• Integriertes Regelsystem für einen Reinraum mit bis zu drei Nebenräumen
• FAT – Factory Acceptance Test
• HEPA-Filter für Zu- und Abluft
Auf Basis eines Berechnungstools, das am Hermann-Rietschel-Institut (HRI) an der TU Berlin entwickelt wurde und mit dem die jeweiligen Energiebedarfe zur thermischen Konditionierung sowie zum Lufttransport in stündlicher Schrittweite ermittelt werden, hat Daldrop + Dr. Ing. Huber einen Systemvergleich für das Projekt „HighCon“ initiiert.
Für die neuen Produktionsflächen bei Pfizer in Freiburg wurden der thermische und der elektrische Energiebedarf einer Reinraumanlage mit konventioneller zentraler Luftaufbereitung und 100 % Außenluftbetrieb mit den Bedarfen eines dezentralen Systems der Geräte-Serie „X-Cube Crofcu“ verglichen. Die Ergebnisse: Geringere Energiekosten (das Konzept ermöglicht eine Einsparung von rund 528.000 €/ Jahr, was einer CO2-Reduzierung um 1.060 t/Jahr entspricht.
• Durch den Einsatz der dezentralen Zuluft-Geräte konnte die Bruttogeschossfläche aufgrund des geringeren Durchmessers des Luftleitungssystems gegenüber einem 100-prozentigen Außenluft-System reduziert werden. Die Einsparungen beim Luftleitungssystem betrugen rund 1,19 Millionen €.

Anforderungen an die erlaubte Kontaminationsmenge
In der pharmazeutischen Industrie sind hohe Sicherheitsstandards für die Produktionsstätten gefordert. Deshalb legen die weltweiten OEB-Anforderungen (Occupational Exposure Band) die maximal erlaubten Kontaminationsmengen der Produkte (Gewicht pro Tag) fest. Sie sind jeweils abhängig von der Toxizität des Stoffs, der verarbeitet wird. Im neuen Produktionsabschnitt von „HighCon“ kann Pfizer Produkte der Kategorie OEB 4 herstellen. Durch die gekapselten Produktionsanlagen mit eigener, separater Luftversorgung können die Mitarbeiter in OEB-3-geeigneter Schutzausrüstung arbeiten. Damit benötigt die Anlage nicht nur weniger Energie, sie erleichtert auch die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter, die auf eine Maske mit Filter verzichten und in „einfachem“ Schutzanzug und Maske arbeiten können.

Referenzbericht: Neue Produktionsstätte für Kosmetikhersteller Klapp

Die Raumluftkonditionierung in der Produktion dient hierbei hauptsächlich dem hygienischen und produktschonendem Betrieb (Abb. © Colt)

Der Kosmetik-Hersteller Klapp aus Hessisch Lichtenau erweiterte im Jahre 2020 seine Produktionsstätten. Die Colt International GmbH, Kleve, realisierte dabei die komplexe Klimatisierung und Reinraumlüftung in der erweiterten Produktion.

Ziel für die neue Klimatisierung war die Erreichung der Reinraumklasse 8 (nach DIN EN ISO 14644) in der Produktion am Biberschen Feld, einem Bestandsgebäude, das vom Architekten Frank Siebold (a33 architekten) umgeplant wurde. Die Vorgaben seitens Klapp an Colt waren dabei klar definiert: Die Raum-Solltemperatur sollte ganzjährig gleitend 20-26 °C betragen, um eine konstante Produktqualität zu gewährleisten, während die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ideale, möglichst zugluftfreie Arbeitsbedingungen vorfinden. Die Raumluftkonditionierung in der Produktion dient hierbei hauptsächlich dem hygienischen und produktschonendem Betrieb. Die Raumluftqualität wurde in Anlehnung an die Reinraumklasse 8 gefordert.

Deckendralldurchlässe als Lösung
Die RLT-Anlage wurde dem Gebäude und den einzelnen Anforderungen angepasst. Insgesamt wurden zwölf verschiedene Klimatisierungsbereiche definiert. Die Reinluftzufuhr erfolgt hierbei nicht vollflächig, sondern an ausgewählten Stellen durch Deckendralldurchlässe. Die hohe Induktion bewirkt dabei eine gute Durchmischung der Raumluft und Durchflutung des Reinluftbereichs.
Eine übersichtliche Darstellung und einfache Bedienung über ein Touchpanel sorgen laut Colt International für hohen Bedienungskomfort der RLT-Anlage. Durch die turbulente Verdünnungsströmung VDS wird einströmende Primärluft mit der induzierten Raumluft vermischt. Zum Produktschutz kann eine Druckkaskade von 5 Pa bis 10 Pa realisiert werden. Durch die unterstützende Abluftanordnung wird die geforderte Reinraumklasse sicher erreicht.

R32-Wasserkühlsatz
Die geregelte Zuluftnachführung erfolgt über die Hauptversorgung. Der Umluftvolumenstrom hängt im Wesentlichen von der geforderten Reinraumklasse und der Wärmelast im jeweiligen Raum ab. Es ist daher notwendig, die Umluft möglichst effizient umzuwälzen. Die Umwälzung großer Umluftmengen bedarf eines erheblichen Geräteaufwandes und eines entsprechend hohen Energiebedarfes. Die erforderliche Kühlleistung erfolgt bei Klapp Cosmetic über einen luftgekühlten Wasserkühlsatz mit dem Kältemittel R32: Diese Auslegung sorgt laut Hersteller für höchste Energieeffizienz bei reduzierten Betriebskosten und reduzierter Umweltbelastung. Die drehzahlgeregelten Pumpen ermöglichen dabei bedarfsgerechte und optimale Regelung der Heiz- und Kühlregister. Die gesamte Systemausführung nach VDI 6022 ermöglicht die gute Reinigbarkeit und dadurch einen hygienisch sicheren Betrieb.

Großzügige Revisionskammern
Auch im Bereich der Inspektion, Wartung und für den Service realisierten die Colt Klimaexperten einen möglichst einfachen Zugang. Der RLT-Geräteaufbau wurde daher mit großzügigen Revisionskammern für Inspektion und einfache Reinigung vor und hinter jeder Komponente umgesetzt.

Komplexe Ausgangssituation
Das Anforderungsprofil an das Klimakonzept der Bestandshalle stellte sich erwartungsgemäß komplex dar. Grundsätzlich galt es, für viele Mitarbeiter möglichst viele Areale der zugfreien Lufteinbringung zu generieren. Zudem stellte ein enger Zeitplan in der Ausführung eine zusätzliche Anforderung dar, ebenso wie die nicht begehbare Reinraumdecke. Diese erforderte zusätzliche Arbeitssicherheitsmaßnahmen für die Monteure. Auch die Installation selbst forderte ein hohes Maß an Vorplanung, da auf Grund der hohen Anzahl an Luftauslässen eine gute Abstimmung innerhalb der unterschiedlichen Gewerke (Licht, Sprinkler und Medienversorgung) unabdingbar war.
Zudem war der Platz oberhalb der Reinraumdecke stark begrenzt, wodurch eine klassische Lösung über Filterfanunits nicht möglich war. All diese Faktoren hatten unmittelbaren Einfluss auf die Planung, Umsetzung und Realisierung des Klimakonzeptes.

Raumdruckkaskade verhindert Nachströmen
Die Raumluftkonditionierung erfolgt zentral; die Luftumwälzung wird über dezentrale Geräte unterstützt. Für die Auslegung des gesamten Klimasystems war die Kühl- und Feuchtelast im Sommer auschlaggebend. Die RLT-Anlage wird mit einer Raumdruckkaskade betrieben, um das Nachströmen von ungefilterter Luft aus Nebenbereichen zu reduzieren. Die Temperierung der Zuluft erfolgt zentral in der RLT-Anlage. Für einzelne Bereiche wurden eigenständige Lösungsansätze gewählt. So werden die im Reinigungsraum anfallenden Wrasen (Spülmaschinenabluft) unmittelbar und separat abgeführt, um eine Kontamination zu verhindern. Die Außenluft wird durch ein Wetterschutzgitter angesaugt und dem Gerät zugeführt. Die Aufbereitung der Zuluft erfolgt dann durch die 1. Filterstufe der Klasse ePM1 > 50 % (ehemals F7). Anschließend kann die Luft, den Erfordernissen nach, gekühlt oder erwärmt werden. Der hygienisch erforderliche Außenluftanteil ergibt sich ganzjährig über den erforderlichen Luftüberschuss. Die RLT-Anlage fördert hauptsächlich Umluft. Wenn dies energetisch sinnvoll ist, besteht die Möglichkeit, 100 % Außenluft zu nutzen. Zusätzlich wird die Zuluft durch die 2. Filterstufe der Klasse ePM1 > 80 % (ehemals F9) geschützt. Die Jalousieklappen verhindern eine Durchströmung der RLT-Anlage bei Anlagenstillstand.

Sicher auch im Brandfall
In der Zu- und Fortluft wurden Kanalrauchschalter installiert, um im Brandfall die Ventilatoren abzuschalten und die Verteilung von Rauchgasen über die Lüftungsanlage zu verhindern. Die Entrauchungsfunktion der Brandmeldeanlage ist übergeordnet. Die Abluftabsaugung erfolgt in der Decke, wobei die Abluft durch die RLT-Anlage über das Dach abgeführt wird. Die Außen- und Fortluftöffnungen sind mindestens 2,5 m voneinander entfernt. Die Mündungen werden gegen Brandgefahr durch einen Dachabstand von 1 m geschützt.

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