Die Diskussion um den Fachkräftemangel im Allgemeinen und im Kältehandwerk im Speziellen ist weder neu noch reißt sie ab. Aber für mich sieht es so aus, als drehe man sich im Kreis.
Die Kampagne „Der coolste Job der Welt“ des Bundesinnungsverbands des Deutschen Kälteanlagenbauerhandwerks (BIV) ist mittlerweile zehn Jahre alt. Wenn Bundesinnungsmeister Heribert Baumeister diese als Erfolg wertet (siehe „Kältetechnik fürs Kino“) muss ich dem entgegnen, dass der Fachkräftemangel damit bei weitem nicht behoben, sondern allenfalls entschärft ist. Die Branche steht hinsichtlich Stellenbesetzungen längst nicht gut da, sondern nur weniger schlecht als andere Handwerksbereiche. Das wird sich auch nicht ändern, wenn der neue Imagefilm zur Kampagne tatsächlich im Kino ausgestrahlt wird.
Denn: Auch wenn die Anteile von Elektronik und Informatik steigen, bleibt Kältehandwerk eben Kältehandwerk – mit allen Vor- und Nachteilen. Beim „coolsten Job der Welt“, kann man schon Mal ins Schwitzen kommen, sich schmutzig machen und trägt nur bedingt coole Klamotten. Das ändert keine Kampagne der Welt.
Auch über die BIV-Kampagne hinausgehende Appelle von Akademikern (und Politikern) haben nicht die Macht, den Fachkräftemangel im Handwerk zu bekämpfen. Ich behaupte sogar: Solange die Lobgesänge auf das „goldene Handwerk“ nicht nur von Handwerkern selbst kommen, sind sie vor allem eines: unglaubwürdig. Warum das? Weil alle anderen, die sich berufen fühlen, Werbung fürs Handwerk zu machen, eben keine Handwerker sind. Sie haben bestenfalls zum Start ins Berufsleben eine handwerkliche Ausbildung gemacht, dem Handwerk dann aber den Rücken gekehrt, um zu studieren oder anderweitig „Karriere zu machen“, wie es so schön heißt.
Und genau das verschärft das Problem. Akademikerkinder werden Akademiker. Aber Handwerkerkinder werden nicht unbedingt Handwerker. Die wollen zunehmend ebenfalls andere Wege gehen. Darauf zu hoffen, dass die Elternhäuser das ändern könnten – und wollten –, ist unrealistisch.
Auch wenn Kälteanlagenbauer heute schon manche Aufträge mangels Mitarbeitern nicht ausführen können, fürchte ich, die Not ist noch nicht groß genug. Denn letztlich ist es die Not, die erfinderisch macht – und der Kältebranche hoffentlich die dringend benötigten Fachkräfte beschert. Traurige Wahrheit ist, dass nach den Zahlen des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) per Oktober 2022 rund 22.400 Lehrstellen im Handwerk unbesetzt geblieben sind. Das entspricht einem Plus von mehr als 13 %.
Ihr
Peter Reinhardt
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Hallo Herr Reinhardt,
es hilft doch nicht zu sagen, wie es nicht geht. Ich denke das der Ansatz der Kampagne ein guter ist, speziell auf das Kälteanlagenbauerhandwerk bezogen haben wir ja das Problem, das unser Berufsbild kaum in der Öffentlichkeit bekannt ist. Da hilft mit Sicherheit eine solche initiative.
Allerdings löst es nicht das Problem, dass das Handwerk in den Augen der Eltern und Schüler bedeutet harte körperliche Arbeit, Überstunden usw. zu leisten. Das Bild des Handwerks, die Chancen einen guten Beruf zu erlernen und damit auch sich und seine Familie ernähren zu können, muss sich ändern. Die Schüler müssen auch an Gymnasien an das Handwerk herangeführt werden, sie müssen die Chance haben mit den Händen ein Werk zu erschaffen, zu sehen und zu begreifen, dass es Spaß machen kann etwas selbst zu bauen und auch stolz auf das Bauwerk zu sein. Erkennen das durch Weiterbildung gleichwertige Abschlüsse zum wie zum Bachelor oder Master möglich sind.
In meiner Schulzeit gab es noch das Unterrichtsfach „Werken“ und „Handarbeit“ das halbjährig im Wechsel unterrichtet wurde. Im Unterrichtsfach Werken wurden Holzarbeiten, Metallarbeiten, einfache Elektroschaltungen und Malerarbeiten unterwiesen. Dies hat bei mir und auch bei einigen meiner Mitschüler das Interesse am Handwerk geweckt und wurde durch die anschließenden Praktika gefestigt.
Es ist die Aufgabe des Handwerks, der Politik (Kultusministerium), der Schulen und auch der Eltern dieses Feuer wieder zu entfachen und die Flamme den Kindern zu übergeben.
Ohne das Handwerk ist unser Wohlstand nicht haltbar, das merkt jeder der gerade auf einen Handwerker angewiesen ist.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Plücker
Hier auch nochmal von mir der Hinweis auf die beiden von cci Zeitung erstellten „zeitlos schönen“ Sonderpublikationen zum Thema „Ausbildung/Studium in der LüKK“. Diese dürfen gerne weiter verbreitet werden.
gLüKKsperspektiven 1
gLüKKsperspektiven 2
Hallo Herr Reinhardt,
Vielen Dank für Ihren Beitrag.
Eine Nachwuchskampagne allein löst niemals den Fachkräftemangel; sie leistet aber einen wichtigen Beitrag. In unserem Fall ist sie seit nunmehr 11 Jahren etabliert und entwickelt sich auch kontinuierlich weiter. Insofern drehen wir uns nicht im Kreis, abgesehen von der Tatsache, dass unsere Handwerker (Kälte-)Kreisläufer sind.
Wir sollten nicht den Kopf in den Sand stecken und die gesellschaftliche Entwicklung bedauern, sondern besser die Köpfe zusammenstecken und diskutieren, wie wir den Nachwuchs für unser tolles und zukunftsträchtiges Handwerk begeistern können; gerne auch mit der Unterstützung von cci.
Herzliche Grüße aus Bonn
Dietrich Asche – BIV Kälte
Sie haben Recht, Herr Asche. Die Kampagne leistet einen wichtigen Beitrag, der Branche neue Fachkräfte zu bescheren. Und auch das ist richtig: Die BIV-Kampagne dreht sich nicht im Kreis, sondern wird weiterentwickelt. Aber ich denke, dass Imageproblem des Handwerks beziehungsweise der beruflichen Ausbildung ganz allgemein ist tief in der Gesellschaft verankert. Das zu lösen ist wahrlich eine Herkulesaufgabe. Toll, wenn der BIV und dessen Mitglieder sich dem auch weiter entgegenstellen, statt den Kopf in den Sand zu stecken. Wer könnte besser für die Vorzüge des Handwerks werben als das Handwerk selbst!? Halten Sie uns bitte auf dem Laufenden. cci Dialog wird darüber auch in Zukunft gerne berichten!