Meinung: WRG im neuen GEG – Politiker ignorieren Physik, Ökologie und Ökonomie

(Abb. © cci Dialog GmbH)
Dr. Manfred Stahl (Abb. © cci Dialog GmbH)

Dass die Wärmerückgewinnung in RLT-Anlagen im neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) nicht als regenerative Energie anerkannt wird, sorgt in der LüKK für Unverständnis bis Empörung. „Hier werden physikalische und thermodynamische Grundlagen und auch Aspekte der Ökologie und Ökonomie komplett ignoriert“, lautet der Vorwurf in Richtung Regierung. Ich schließe mich als LüKK-Ingenieur dieser Meinung an.

Nun ist doch passiert, was viele Akteure und Unternehmen der LüKK befürchtet haben: Im neuen GEG wurde der Wärmerückgewinnung (WRG) in RLT-Anlagen nicht nur der Status „regenerative Energie“ verwehrt, ihr wurde sogar die bisherige Anerkennung als „regenerative Ersatzmaßnahme“ entzogen. WRG-Wärme gilt nun nur noch als regenerative Energie, wenn sie als Wärmequelle für eine Wärmepumpe genutzt wird. Was bedeuten diese für mich nicht nachvollziehbaren WRG-Entscheidungen und -Einschränkungen im GEG für die LüKK?
Das GEG fordert, dass neue Heizungen in Gebäuden einen Anteil von mindestens 65 % regenerativen Energien aufweisen müssen. Dazu zählen zum Beispiel Wärmepumpen, ökologische Wärmenetze und Maßnahmen zur Nutzung von Solarenergie. Hier konnte bislang die WRG in RLT-Anlagen bei der Bilanzierung zur Nutzung regenerativer Energien angerechnet werden. Durch dieses Anrechnen der WRG-Wärme beim GEG-Nachweis stieg die Attraktivität einer Lüftungsanlage auch bei Bauherren und Betreibern, denn nun mussten sie weniger Geld in die Heizanlage mit einer zudem geringeren Leistung investieren. Diese Möglichkeit wurde nun im neuen GEG leider gestrichen.
Fakt ist, dass WRG-Systeme mit hervorragenden Arbeitszahlen zwischen 12 und 25 den Wärmebedarf in Gebäuden um 30 bis 50 % verringern können. Sie sind somit vier- bis fünfmal effizienter als Wärmepumpen mit Arbeitszahlen von etwa 3 bis 5. Ich kenne kein anders LüKK-System mit einer ähnlich hohen energetischen Effizienz wie die WRG. Wie können die GEG-Macher diese auch von LüKK-Verbänden und Hochschullehrern in Stellungnahmen ausgeführten Faktoren und stichhaltigen Argumente komplett ignorieren?
Lüftungsanlagen werden in Gebäuden nicht primär betrieben, um Wärme einzusparen, sondern um durch einen kontinuierlichen Außenluftwechsel und das Abführen von belasteter Luft für Personen eine hygienisch gute Raumluftqualität sicherzustellen. Sie sind somit unverzichtbar.
Ich möchte nun nicht fordern, dass Lüftungsanlagen mit WRG ähnlich hoch gefördert werden wie zum Beispiel Wärmepumpen, auch wenn das aus Sicht der Effizienz sicherlich gerechtfertigt wäre. Aber die Anerkennung der WRG als regenerative Energie halte ich für zwingend. Die Branche sollte weiter dafür kämpfen, denn nach dem neuen GEG ist vor dem nächsten GEG.

Ihr Dr. Manfred Stahl
manfred.stahl@cci-dialog.de

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4 Kommentare zu “Meinung: WRG im neuen GEG – Politiker ignorieren Physik, Ökologie und Ökonomie

  1. Wer Haare hat, rauft sie sich, alle anderen langen sich einfach nur an den Kopf: Das Thema und (aktuelle) Ergebnis ist in der Tat ein Trauerspiel, wo der Vorhang hoffentlich noch nicht gefallen ist. Es wäre nicht das erste mal, wenn Politik Ignoranz auf die Füße fällt. Lüftungsanlagen, mit oder ohne WRG, waren vor einer gewissen Pandemie vor allem in öffentlichen Gebäuden unwerwünscht, bist dann plötzlich zahlreiche Volksvertreter „Filter sofort und überall an den Schulen!“ skandierten. Eine Wiederholung dieses Aktes wünsche ich mir freilich in Sachen WRG nicht, gebe aber die Hoffnung nicht auf, dass im Zuge der Brisanz dieses Themas doch noch der Groschen fallen wird. Insofern: Ja, Aufgeben ist keine Option.

  2. Wie von mir schon mehrfach festgestellt: Sachverstand ist in der Politik unerwünscht! Wer Sachverstand zu einem Thema hat, gilt in der Politik unseres Landes als „Befangen“ und darf an diesem Thema nicht mitwirken. Nur Juristen dürfen ihren Sachverstand in der Politik anwenden. Deshalb sind auch Menschen mit technischem Sachverstand in der Politik wenig beteiligt. Können wir das ändern?

    Als ich vor Jahrzehnten als Planer im Fach TGA einem Minister seines Bauministeriums die Vorzüge einer Lüftung mit Wärmerückgewinn erklärte, war die Antwort etwa so: „Die Planer wollen doch nur die Baukosten erhöhen, weil sie dann mehr Honorar für ihre Planung bekommen.“

  3. Auch ich bin der gleichen Meinung: Wärmerückgewinnung muss auch ohne …pumpe anerkannt werden. Im aktuellen GEG sofort, nicht erst eventuell oder vielleicht in der nächsten Fassung.

  4. Ich bin der gleichen Meinung. Es ist leider nicht neu, dass Politiker an der Realität vorbei Entscheidungen treffen. Vermutlich steht dieses Mal das Ankurbeln des Wärmepumpenverkaufs im Vordergrund. Dass es Probleme mit der elektrischen Versorgung gibt und das Thema Kältemittel auch in der Schwebe ist, wird gekonnt ignoriert…

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