Angesichts der rasant steigenden Infektionszahlen und den Potenzialen, mit Luftreinigern in Räumen das Infektionsrisiko spürbar verringern zu können, frage ich mich: Was passiert da derzeit eigentlich? Was läuft oder lief da schief?
Karlsruhe bestellt 264 Luftreiniger für Schulen, aber es gab und gibt Lieferengpässe. So berichtete vor einigen Tagen unsere Tageszeitung BNN. Vermutlich haben Sie in Ihren Zeitungen ähnliche Berichte gelesen. Gleichzeitig wurde bekannt, dass das bereits vor Monaten aufgelegte Bundes-Förderprogramm in Höhe von 200 Mio. € für Luftreiniger an Schulen bislang nur marginal abgerufen wurde. Ich vermute, dass viele Entscheider die Markt- und die Corona-Entwicklung komplett falsch eingeschätzt haben: Erst musste die Finanzierung zum Kauf von Luftreinigern diskutiert und sichergestellt werden, dann wurden Entscheidungen vertragt und verschoben. Nun dürfte es für viele Schulen wohl zu spät sein – nur wenige werden noch in diesem Jahr bestellte Geräte tatsächlich bekommen. Da frage ich mich: Hätte es dazu deutliche Warnhinweise geben sollen? Und von wem?
Im Oktober habe ich auf der Messe Indoor-Air, auf der es vor Luftreinigern nur so wimmelte, die Hersteller gefragt, wie sie den Bedarf an Luftreinigern in Deutschland einschätzen – für Schulen, Kitas, Büros, Restaurants, Praxen, Einzelhandel und viele weitere Einsatzbereiche. Wenn ich daraus einen Mittelwert von 500.000 Geräten ansetze, den ich für durchaus realistisch halte, sind die Hersteller angesichts solcher Vorgaben hoffnungslos überfordert. Hinzu kommt, dass die für die Geräte notwendigen EC-Ventilatoren mittlerweile Lieferzeiten von meist vielen Monaten haben – die Produktion ist eingeschränkt. Hauptgrund dafür ist der Engpass bei der Beschaffung von Mikrochips, die für die Steuerung benötigt werden.
Meine Kollegin Sabine Andresen hat bei Herstellern von Luftreinigern angefragt, wie viele Geräte sie bis Ende Januar 2022 liefern können. Sie wollte mir noch keinen Zwischenstand verraten, daher bin auch ich gespannt auf das Ergebnis, das in cci Zeitung 14/2021 veröffentlicht wird.
Ein letzter Punkt: Die neue Richtlinie VDI 4300 (Artikelnummer cci135969) und die zugehörige Herstellererklärung (derzeit aufgrund eines Einspruchs in Überarbeitung, sobald es hierzu etwas Neues gibt, berichten wir) enthalten für Käufer wertvolle Hinweise zu Reinigungsverfahren, Luftleistungen und zur wichtigen Geräuschentwicklung beim Betrieb der Luftreiniger. Angesichts der sich zuspitzenden Lieferengpässe dürften diese sehr sinnvollen Kriterien aber derzeit leider kaum eine Rolle spielen: Die Kunden werden kaufen (müssen), was der Markt hergibt – solange der wohl dürftige Vorrat reicht.
Trotz dieser leider eher düsteren Gedanken und Aussichten zu einem wichtigen Thema wünsche ich Ihnen eine gute Woche. Bleiben Sie gesund,
Ihr Dr. Manfred Stahl, Herausgeber cci Zeitung
cci140957
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Zur Verteidigung der Entscheidungsträger ist aber festzustellen, dass die höchstinfektiöse Delta-Variante in Verbindung mit der hohen Zahl an ignoranten Impfverweigerern vor einem Jahr auch noch nicht in der Schärfe absehbar war. Vor genau einem Jahr stand der Impfbeginn unmittelbar bevor und die Hoffnung war groß, spätestens bis zum Sommer das Problem aus der Welt zu schaffen oder zumindest deutlich in die Schranken zu weisen. Anschließend haben wir noch über Impfvordrängler diskutiert und einige sind sogar nach Moskau geflogen um sich Sputnik abzuholen…
Nachdem wir uns nun als Antwort auf die aktuelle Situation weder Mikrochips noch EC-Motoren aus den Rippen schneiden können, bleibt uns auf die Schnelle leider wieder nicht mehr übrig, als wiederum auf das richtige Lüften hinzuweisen. Zugegeben nicht die eleganteste Möglichkeit und auch nicht unbedingt im Geschäftsfokus der LÜKK, aber doch kurzfristig umsetzbar und wirksam. Aber bitte nicht Dauerlüften bei Kälte!
Zur Unterstützung der korrekten Vorgehensweise beim Stoßlüften bietet die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (nicht nur) für ihre Mitglieder eine (chipfreie und recyclebare) Rechenscheibe (https://www.bgn.de/lueftungsrechner/) sowie eine kosten- und werbefreie sowie datensichere App an (https://www.bgn.de/lueftungs-app/). Die Rechenscheibe wird als Online-Anwendung sowie auch ganz klassisch aus Pappe angeboten. Wer also bei den technischen Lösungen zur Lüftung und Luftreinigung bislang leer ausging, ist herzlich eingeladen hier zuzugreifen.
Peter Rietschel, BGN, Mannheim
Ich kann nur sagen: Wieder verschlafen, wie letztes Jahr! Klar sind Lüftungsanlagen die bessere Lösung und ein Luftreiniger nur ein Baustein die Pandemie in den Griff zu bekommen. Aber warum nicht mit einem Baustein anfangen zum Schutz unserer Kinder. Wir leben halt mittlerweile in einem Land der der Zögerer und Skeptiker. Wie sollen die lufttechnischen Laien(dies ist kein Vorwurf), welche diese Entscheidungen zu treffen haben, sich entscheiden, wenn in der Öffentlichkeit immer wieder negative Punkte, wie zu laut, kein Effekt, Lüftungsanlagen sind besser, zu teuer, etc. etc. von den Medien verbreitet werden.
Was läuft schief? Die Frage ist für mich persönlich ganz einfach beantwortet:
Mann weiß wie es richtig ginge, aber macht es trotzdem falsch. Wie so oft in der Politik und Wirtschaft.
Gerade beim Thema Schulen etc. wissen wir alle das die Luftreiniger nur die halbe Miete sind.
Warum wird das dann überhaupt gefördert?
Ist es nicht sinnvoller Geräte mit guter Filterung und Außenluft zu installieren?
Aber all das löst nicht die Probleme mit der Lieferfähigkeit etc.
Andreas Kurz