
Immer wieder lese und höre ich vom so genannten „Heizungsgesetz“. Dabei gibt es dieses Gesetz offiziell gar nicht, oder doch? Momentan ist es jedenfalls ein gehöriger Streitpunkt – nicht nur auf politischer Ebene. In den Medien wurde es in letzter Zeit bereits mehrmals abgeschafft, dann doch wieder weitergeführt und schließlich reformiert. Nennt es von mir aus, wie ihr wollt, solange das Ergebnis stimmt.
Es gibt kein Heizungsgesetz – also kann es auch nicht abgeschafft werden. Nun ja, ganz so einfach ist es dann doch nicht. Der Ausdruck „Heizungsgesetz“ ist mir in den letzten Jahren des Öfteren begegnet, aber sicher nicht so häufig wie in der vergangenen Woche, so zumindest mein Eindruck. Der Grund: Die Arbeitsgruppe 4 „Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen“ berät derzeit intensiv darüber. Die Nachrichtenagenturen dpa und Reuters berichten von einem Papier der Koalitionsarbeitsgruppen, laut dem CDU/CSU und SPD künftig nicht mehr den Jahresenergieverbrauch eines Gebäudes in den Vordergrund stellen. Im Arbeitspapier steht: „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen. Wir werden ein neues Recht schaffen, das einen Paradigmenwechsel weg von einer kurzfristigen Energieeffizienzbetrachtung beim Einzelgebäude hin zu einer langfristigen Betrachtung der Emissionseffizienz vollzieht.“ Zudem soll die Heizungsförderung grundsätzlich fortgesetzt werden, aber offenbar zu anderen Konditionen. Wie genau diese aussehen sollen, bleibt offen.
Gleich mehrere Branchenverbände haben sich daraufhin zu Wort gemeldet. Der Geschäftsführer der TGA-Repräsentanz Berlin, Frank Ernst, hat aktuelle Medienberichte zur möglichen Abschaffung des „so genannten Heizungsgesetz“, so Ernst, kommentiert (siehe cci293534). Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP), in Person des Geschäftsführers Dr. Martin Sabel, hat sich in ähnlicher Weise geäußert (siehe cci293685). Als auch hier zum wiederholten Male das Wort „Heizungsgesetz“ gefallen ist, habe ich mich gefragt: Gibt es diesen Begriff überhaupt – also offiziell? Ich habe in diesem Zusammenhang eigentlich immer von der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gesprochen. In den Medien wird der Begriff „Heizungsgesetz“ schier inflationär verwendet. Selbst renommierte Tageszeitungen wie Die Welt oder die FAZ, aber auch die Tagesschau gebrauchen in ihren Berichterstattungen vornehmlich diesen Ausdruck. Ebenso in Herstellerkreisen. Selbst Branchengrößen wie Viessmann schreiben auf ihrer Website vom „Heizungsgesetz“. Die Redaktion des Magazins „Focus“ hat sich in einem aktuellen Artikel zu den Koalitionsverhandlungen zumindest an einer Definition des Begriffs versucht: „Mit ‚Heizungsgesetz‘ ist die jüngste Novelle des Gebäudeenergiegesetzes der Ampel-Regierung gemeint, die im Frühjahr 2023 verabschiedet wurde und den Umstieg auf erneuerbare Energien beim Heizen und bei der Warmwasserbereitung gesetzlich verankerte.“
In solchen Situationen hilft oftmals ein Blick in den Duden, daher habe ich mir die aktuelle Ausgabe zur Hand genommen und nachgeschlagen. Tatsache, in der 29., umfassend bearbeiteten und erweiterten Auflage des Standardwerks vom August 2024 steht es schwarz auf weiß: „Heizungsgesetz, das“. Und weiter: „Gebrauch: Umgangssprache. Bedeutung: Gebäudeenergiegesetz“. In Ordnung, im Duden steht es also. Eine offizielle Bezeichnung ist sie (für mich) aber nach wie vor nicht, schließlich taucht sie auch in keinem Gesetzestext auf. Und auch das GEG darf für mein Dafürhalten nicht zum Heizungsgesetz degradiert und als solches benannt werden, würde dies doch die Inhalte wesentlich verkürzen. Das GEG ist die deutsche Umsetzung der europäischen Gebäuderichtlinie EPBD und damit deutlich mehr als „nur“ Heizung. Doch wie auch immer man es nennen mag, am Ende zählt das Ergebnis – und das sollte für alle Parteien (hier nicht im politischen Sinne gemeint) schlussendlich ein Schritt nach vorn und nicht zurück sein.
Nur noch zweieinhalb Wochen, dann ist Ostern und der Hase versteckt wieder bunte Eier im Gras, unter Büschen und Bäumen. Ob es bis dahin eine schwarz-rote Osterüberraschung gibt, bleibt ungewiss. Allerdings stimme ich Handwerk-BW-Präsident Rainer Reichhold zu, der in der vergangenen Woche mit Blick auf die derzeitige Debatte gesagt hatte: „Beim Heizungsgesetz bleibt die Hoffnung, dass das Wort Abschaffung nur in der Überschrift steht, am Ende aber eine Reform herauskommt. Unternehmer und ihre Beschäftigten wollen keine faulen Ostereier im Nest haben, sondern echte Reformen.“ In diesem Sinne: Viel Spaß beim Suchen.
Ihr Torsten Wiegand
torsten.wiegand@cci-dialog.de
PS: Kommentieren Sie diesen Beitrag gerne direkt oder per E-Mail. Bei per E-Mail eingesendeten Kommentaren setzen wir Ihr Einverständnis zur Veröffentlichung voraus. Vielen Dank!
cci294025
Jede Art der Vervielfältigung, Verbreitung, öffentlichen Zugänglichmachung oder Bearbeitung, auch auszugsweise, ist nur mit gesonderter Genehmigung der cci Dialog GmbH gestattet.
Hallo Herr Wiegand,
Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen.
Diejenigen Politiker, Nachrichtensprecher, Journalisten oder Redakteure die vom „sogenannten Heizungsgesetz“ erzählen oder schreiben zeigen doch nur, dass sie sich zu etwas äußern, was sie intellektuell gar nicht verstanden haben. Mit Sicherheit hat sich keiner dieser „Meinungsmacher“ die 114 Paragraphen überhaupt einmal angesehen.
Wir leben leider in einer Welt der „sozialen Medien“ – hier sind Halbwahrheiten, Unwahrheiten, Polemik und Meinungsmache „en vogue“.
Das GEG ist im Grundsatz nicht schlecht. Leider ist die ordnungspolitische Bevormundung im derzeitigen GEG übergroß und die marktwirtschaftliche Rahmensetzung zu gering.
Wenn eine neue Regierung dieses korrigieren sollte, würde die Diskussion vielleicht wieder sachlicher werden.
Aber im Rahmen der Pariser Klimaschutzziele und der Vorgabe zur nationalen Umsetzung der EPBD- Novelle bis 2026 führt am Gebäude-Energie-Gesetz kein Weg vorbei.
Vielen Grüße
Olaf Pielke
Sehr geehrter Herr Wiegand
vielen Dank für Ihren Kommentar. Auch ich bin immer etwas angefressen, wenn der Fachbegriff (GEG) mit Kraftausdrücken gleichgesetzt wird, da hilft auch der Duden nicht, der die Umgangssprache („Heizungsgesetz“) zitiert.
Die Frage ist aber noch umfangreicher. Warum wählt jemand den Begriff Heizungsgesetz? Offenbar will man lautschreierisch, wie derzeit oft üblich, Bevölkerungsteile, die nicht den kompletten Text und den Sinn des GEGs lesen wollen, mit Überschriften (wie bei BILD) Meinungen verkaufen, die dann lauthals als Fakt verbreitet werden können. Diese Art der Falschinformationen wird dummerweise auch von einigen Politikern (ich sage hier nicht welche) oder sogar von Präsidenten großer Nationen gezielt verbreitet, damit diese Halb- und Falschwahrheiten gesellschaftsfähig werden. Damit wird auch im Duden geködert. Hier fehlt mir im Duden der Hinweis, dass der Begriff Heizungsgesetz nicht das gesamte GEG mit allen Inhalten darstellt!
Leider kennen viele, auch namhaften, Politiker nicht mehr den Grundsatz von Walter Scheel: „Es kann nicht die Aufgabe eines Politikers sein, die öffentliche Meinung abzuklopfen und dann das Populäre zu tun. Aufgabe des Politikers ist es, das Richtige zu tun und es populär (dann) zu machen.“
Weiterhin stelle ich die Frage, was denn „abgeschafft“ werden soll. Sind es der Sinn der Energieeinsparung (wie Trump dies will, da ja alles nur von China kommt) oder soll nur eine Anpassung in Teilen der Texte erfolgen, um dem mündigen Bürger das klarer zu stellen? Ich denke dazu sollten Sie noch einen Artikel verfassen. Denn an der Energieeinsparungserfordernis zum Klimaschutz geht aus technischer und wissenschaftlicher Sicht kein Weg vorbei. Wer da anderes glaubt, der verschließt die Augen vor dem gesunden Menschenverstand.
Deshalb halte ich die grundsätzlichen Anforderungen der europäischen Gebäuderichtlinie EPBD für richtig, auch wenn viele europäische Regeln auch teilweise ungerecht kritisieren. Ich appelliere an alle Europäer, nicht auf unsere gemeinsamen Werte zu verzichten.
Ob man an einigen Formulierungen oder Fördertöpfen Anpassungen vornehmen muss, steht für mich außer Frage. Das ist immer sinnvoll aktuell zu bleiben.
Mit freundlichen Grüßen
Hans Christian Sieber
Hallo Herr Wiegand, so recht Sie haben: Mit dem Begriff muss die Öffentlichkeit wohl weiter leben und die Branche auch. Immerhin hat sich „Heizhammer“ nicht durchgesetzt. Ein Wort, dass (auch) die Zeitung mit den großen Buchstaben ins Leseleben gerufen hat. Gebäudeenergiegesetz klingt aber auch nicht prickelnder, die Endung „Gesetz“ ist irgendwie nicht positiv besetzt. Elektromobilität klingt da schon etwas besser, Verbrenner-Aus hingegen wieder nach Endzeit, auch ohne Gesetz. In den Achtzigern hat das Wirtschaftsministerium Herausforderungen dieser Art noch mit einem Aufkleber gelöst, manch einer erinnert sich vielleicht: https://de.wikipedia.org/wiki/Ich_bin_Energiesparer.
Mein Vorschlag an Politik und diejenigen, die Meinungshoheit mit verantworten wollen: Probierts mal mit „Ich heize gern“. Funktioniert darüber hinaus nicht nur für Wärmepumpen, sondern auch fürs E-Auto. Und wer nicht kleben will, bekennt sich über Social Media und/oder E-Mail Signatur dazu. Was immer auch im neuen Text (nicht mehr) stehen mag: Es wird sich weiter primär um die Heizung drehen, auch wenn es beim GEG bzw. EPBD um mehr gehen mag.
Hallo Herr Wiegand,
ich kann Ihnen nur voll zustimmen. Ich frage mich schon die ganze Zeit, wann mal jemand der vermutlich zukünftigen Regierung sagt, dass das Heizungsgesetz und GEG das gleiche sind. Denn offensichtlich wissen sie das nicht, denn in dem Entwurf der Arbeitsgruppe 4 steht nach dem Satz “ Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen“ 2 Sätze weiter “ Die nationalen Gebäudeeffizienzklassen im GEG werden mit unseren Nachbarländern harmonisiert“ und weiter „GEG und kommunale Wärmeplanung werden enger verzahnt.“
Wie es mit dem GEG weitergehen muss, ist für Fachleute keine Frage. Das wurde auf der ISH unter anderem in diversen Vorträgen deutlich. Es wäre schön, wenn jemand den verantwortlichen Personen diesbezüglich mal Nachhilfe geben könnte. Vielleicht müsste man das Thema auch mal medial weiter streuen.
Viele Grüße
Claudia Mayer