Leser helfen Lesern: WRG für Produktionslüftung?

(Abb. © banphote/adobe.stock.com)
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Von einer Planungs- und Ausführungsfirma im Bereich prozesslufttechnischer Anlagen kommt heute die Frage, ob bei der Lüftungsanlage für eine Produktionshalle der Einbau einer Wärmerückgewinnungseinrichtung (WRG) vorgeschrieben ist oder nicht.

Der Leser bearbeitet gerade eine Kundenanfrage. Rund um eine Produktionsmaschine soll Luft abgesaugt werden, die mit Aerosolen und Trennmitteln belastet ist. Ihre Temperatur liegt bei etwa 35 °C. Für den Abluftvolumenstrom sind derzeit 73.000 m³/h geplant. Dieses Luftvolumen muss durch eine Zuluftanlage wieder in die Halle zurückgeführt werden.

Der Leser fragt nun: „Sind wir verpflichtet eine WRG einzubauen? Falls nein, welche Vorschrift beziehungsweise Verordnung können wir anführen?“

Er gibt zu bedenken, dass sich die Investitionskosten durch eine WRG um annähernd 50 % erhöhen würden. Gibt es in der LüKK-Community Akteure, die konkrete Verordnungen Vorschriften und/oder Gesetze benennen können, die einen eindeutige Aussage dazu machen?

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Die jüngste Leserfrage vom Energiemanagementbeauftragten eines Fahrzeugherstellers zum „Geltungsbereich von Technischen Regelwerken und Normen des VDMA“ konnte Dank zweier Antworten aus der LüKK-Community eindeutig geklärt werden (siehe cci249454).

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11 Kommentare zu “Leser helfen Lesern: WRG für Produktionslüftung?

  1. Ich bin zwar der Ansicht, dass wirksame Energieeinsparungsmaßnahmen generell den a.a.R.d.T. entsprechen, diese Ansicht hatte ich schon im Jahr 1985 bei der Planung von WRG in einem Glasfaserwerk, hier wurde es damit möglich, die Leistung der Heizkessel von 100 % auf 10 % zu reduzieren, also bitte immer auch die Einsparung der Infrastruktur mit berechnen, aber wenn ich das GEG aufmerksam lese, steht dort unter §2:

    Der Energieeinsatz für Produktionsprozesse in Gebäuden ist nicht Gegenstand dieses Gesetzes, da nur „Klimaanlagen“ und „raumlufttechnische Anlagen“ gemeint sind, auf die sich die Forderung nach Wärmerückgewinnung §68 bezieht, aber in § 3 ‚Begriffsbestimmungen‘ steht
    (1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
    1. „Abwärme“ die Wärme oder Kälte, die aus technischen Prozessen und aus baulichen Anlagen stammenden Abluft- und Abwasserströmen entnommen wird.

    Was das genau bedeutet, verstehe ich noch nicht ganz und stellt auch keine Forderung nach Wärmerückgewinnung dar,
    dennoch kann abgeleitet werden, dass durch eine besondere Einergieeinsparung auch die anderen Bereiche eines Industriegebäudes für die das GEG gilt sparsamer zu betreiben.
    Die EU-Richtlinie 1253/2014 (ERP) Artikel 1 beschreibt leider nur „Lüftungsanlagen“. Prozesstechnik ist da nicht beschrieben aber möglicherweise damit gemeint.

  2. Ich bin da ganz bei Herrn Siegismund! Auch die Argumente einer Nicht-Wirtschaftlichkeit bzw. Ausnahmen bei extremer Abluftbelastung, sehe ich nicht wirklich. Man muss nur mal die herkömmlichen 0815 Filter und Abscheider in der Abluft durch wirklich effiziente Aerosolabscheider ersetzen, dann ist so gut wie immer ein wirtschaftlicher WRG-Betrieb möglich. In einem erst kürzlich von uns veröffentlichten Blog-Artikel https://www.reven.de/2023/03/15/abluftkanalreiniger-in-der-lueftungstechnik/ haben wir das im Detail untersucht und dabei bestätigte sich eben exakt das, was auch Herr Siegismund unten in seinem Kommentar zusammengefasst hat. Also eher klares JA als Jein oder Nein!

  3. Die bisherigen Antworten gehen alle in die gleiche Richtung – eine WRG lohnt sich (fast) immer.

    Zuerst möchte ich aber auf die eigentliche Frage eingehen: Ist eine WRG vorgeschrieben? Hierzu ein klares JEIN. Die EU-Richtlinie 1253/2014 (ERP) legt fest, dass jedes Lüftungsgerät >1.000 m³/h eine Wärmerückgewinnung haben muss. Allerdings gibt es Ausnahmen, die hier vermutlich angewendet werden könnten: „toxische, hochgradig korrosive oder zündfähige Umgebungen oder Umgebungen mit abrasiven Stoffen“.

    Die Frage die sich meiner Meinung stellt, ob es sinnvoll ist auf eine WRG zu verzichten. Sie sprechen von einer Kostensteigerung von 50% mit WRG, diese sehe ich nicht bei einer vollständigen Lüftungsanlage. Wenn Sie nur einen Abluftventilator ohne Filter und eine Außenluftnachströmung etc. einplanen, mag das stimmen.
    Überschlägig habe ich mal ein paar Zahlen jongliert. Ich gehe davon aus, dass die die 73.000 m³/h Aussenluft nicht ungeheizt einbringen können. Ein Plattenwärmetauscher der hier in Frage kommt hätte bei Mindest-Wirkungsgrad laut ERP (73%) über 900 kW Leistung und kommt auf 26°C Zulufttemperatur bei -12°C Außen. Ohne ERP sind mit 65% Wirkungsgrad 21°C Zulufttemperatur (entspricht ca. 800 kW) möglich. In weiterer Folge heißt dass, es ist keine Zusatzheizung notwendig, somit entfällt Heizkreis samt Verrohrung und Regelung und ein Großteil der Wärmeerzeugung. Ich sehe hier in jedem Fall eine Amortisation, daher sollten Sie eher darüber nachdenken wie ein Gerät mit WRG einzuplanen wäre anstatt diese Lösung umgehen zu wollen.
    Alle Mitglieder des RLT-Herstellerverbandes können Ihnen anhand von Lebenszykluskosten sagen, wo die Reise hingeht.

    Harald Luger (Produktmanager Walter Bösch GmbH / Obmann Technik RLT-Herstellerverband)

    1. Sehr geehrter Herr Luger,
      sie entschuldigen bitte meine verspätete Reaktion. Meine Wirtschafliche Berechnung, unterlegt mit Ihren Hinweisen, hat die technischen Besprechungen weitergebracht.
      Gerhard Baumann

  4. Wir haben grundsätzlich verschiedene Betrachtungen, die den Einbau einer Wärmerückgewinnung in Lüftungsgeräten regeln. Das alte GEG (früher EEG) hat immer eine Wärmerückgewinnung bei Luftmengen > 4000 m3/h gefordert, außer man führte den Nachweis der „Nicht-Wirtschaftlichkeit“, was in dem beschriebenen Fall wahrscheinlich wäre. Im aktuellen Entwurf zum Heizungsgesetz findet sich leider der grundsätzliche Energieeinspargedanke durch eine Wärmerückgewinnung in Lüftungsanlagen nicht mehr wieder.
    Wird in der Produktionshalle ein kombiniertes Zuluft- / Abluftgerät eingebaut, darf der Gerätehersteller nur noch ein Lüftungsgerät mit einer integrierten Wärmerückgewinnung liefern. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass solch ein Gerät eingeplant wurde, da die abgesaugte Raumluft auch wieder ausgeglichen werden muss. Eine Besonderheit besteht darin, wenn die Außenluftmenge im Winter <10% der Gesamtluftmenge beträgt, dann könnte der Gerätehersteller auf den Einbau einer WRG verzichten. In diesem Fall würde das Lüftzungsgerät als Umluftgerät gelten.
    Man muss aber annehmen, dass dieses hier nicht zutrifft, da die belastete Raumluft ganzjährig entsteht. Bei 35°C Ablufttemperatur (Sommer und Winter ?) ist wirtschaftlich eine Wärmerückgewinnung in der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Effizienz nicht sinnvoll, da sie nur zum Teil ausgenutzt werden kann, wenn die Zulufttemperatur wegen der inneren Lasten max. 18°C betragen wird. Aber dafür gibt es leider keine Ausnahmen.
    Gänzlich auf eine Wärmerückgewinnung zu verzichten, wäre aber auch falsch. In der Winterperiode muss die Zuluft immer auf ein Temperaturniveau gebracht werden, welches Zugerscheinungen verhindert und diese beträgt je nach Qualität der Luftverteilung mindestens 15°C. Eine Wärmerückgewinnung erledigt das ohne zusätzliche Heizkosten. Vielleicht besteht auch die Möglichkeit, den nicht nutzbaren Energieanteil in der Abluft durch eine ergänzende Wärmepumpe für Heizzwecke in anderen Gebäudeteilen oder Reinigungs- bzw. Trocknungsprozessen zu nutzen?

  5. Hallo aus Dresden,
    schauen Sie doch mal über die übersichtliche Zusammenfassung der Fa. Kampmann 2016-02-hybrid-eco-system-auswirkungen-erp-oekodesign-richtlinie.pdf an.
    Wir versuchen ebenfalls bei jedem Industrie- Projekt eine WRG beim Auftraggeber zu positionieren, jedoch sollten die von Ihnen angesprochenen Schadstoffe und der Ex- Schutz ebenfalls wichtige Kriterien sein.

  6. Liebe Kollegen,
    Fortluft mit 35°C ohne Wärmerückgewinn fort zu blasen ist seit Jahrzehnten ein Planungsfehler und heute ein Sünde. Nur wenn die nachzuliefernde Lufterneuerung unbeheizt nachströmen kann wäre das vielleicht noch vertretbar. Aber bei dieser Luftmenge würde dannauch diese warme Abluft besser für andere Verbraucher zu nutzen sein. – Irgendwo habe ich gelesen dass nach einem Gesetz aus dem Jahr 2016 Wärmerückgewinn aus Abluft Pflicht sei, ich kann das zeitlich aber jetzt nicht recherchieren. Vielleicht kann „Ki “ danach suchen? Aber manchmal reicht schon Google um das zu ergründen. Sei den 60er Jahren haben wir bei der Planung immer Wärmerückgewinn aus Ablluft vorgeschlagen und nur bei sehr belasteter Fortluft wurde diese manchmal nicht gebaut. Es gibt auch reinigungsfähige und chemisch beständige Wärmerückgewinnung! – Eigentlich amortisiert sich Wärmerückgewinn fast immer während der Lebensdauer der Anlage und dann müsste diese auch aus wirtschaftlichen Gründen gebaut werden! Vielleicht kann es Fördergelder geben? Oder eine Öko-Bank gibt dafür einen speziellen Kredit? Freundliche Grüße Reinhard Siegismund

  7. Der Leser sollte vielleicht auch darüber nachdenken, nach welcher Laufzeit sich seine Investitionskosten durch eine effizient eingesetzte WRG zurückzahlen und dann für seinen Betrieb im laufenden Betrieb effektiv Kosten einspart. Langfristigeres Planen ist hier durchaus sinnvoll, statt nur die Erstinvestition zu sehen. Gerne kann er sich bei uns melden, wir können ihn dann beratend zur Seite stehen. http://www.sew-kempen.de

  8. Moin aus Hamburg
    Sorry, aber da regt mich alleine schon die Frage auf. Wer sagt denn dass Lüftung vorgeschrieben ist? Lassen Sie doch die Lüftung ganz weg, das ist noch sparsamer! (Ironie!)

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