Eine der momentan drängendsten Herausforderungen für die LüKK sind ein Mangel an Komponenten und – damit verbunden – längere Lieferzeiten beziehungsweise schwierige Verfügbarkeit von Produkten. Und das bei vollen Auftragsbüchern. Da muss schnell Abhilfe geschaffen werden, meine bei weitem nicht nur ich. Auch die Unternehmen sind aktiv geworden. Höchste Zeit, wie ich finde.
An allen Ecken mangelt es in der LüKK – an wirklich allen? Nein, Aufträge sind in Fülle vorhanden, bloß: Mit welchen Komponenten, Ventilatoren seien als ein Beispiel genannt, sollen die umfangreichen Kundenwünsche berücksichtigt werden? Als weitere Mängel für die Branche, die sich nicht auf handfeste Bauteile beziehen, sind fehlendes Fachpersonal und letztlich auch das Thema Energieversorgung genannt, aber das steht auf einem ganz anderen Blatt. Doch wie reagieren die LüKK-Unternehmen auf diese Faktenlage? In den letzten Monaten, Wochen und Tagen häufen sich Meldungen, die von erfolgreichen Weichenstellungen berichten. Aktuelle Beispiele gefällig? Am deutschen Standort der Systemair-Gruppe wurde die Eigenfertigung im Bereich Metallverarbeitung deutlich ausgeweitet, ebenso hat Berliner Luft den Standort Bexbach ausgebaut, um Lieferzeiten zu verkürzen und Produktionsabläufe zu straffen. Anfang des Monats hat Daikin Europe im belgischen Ostende eine neue Pressenstraße für die Wärmepumpenfertigung in Betrieb genommen, wie cci Branchenticker berichtet hat. Der gemeinsame Nenner dieser Beispiele ist, Teile der Produktion besonders schnelldrehender und nachgefragter Teile und Geräte von externen Zulieferern unter die eigenen Fittiche zurückzuholen. Kleiner Scherz am Rande: Das ist vielleicht das, was sich Boris Johnson unter „take back control“ seinerzeit so vorgestellt hatte… und ich meine, dafür war es höchste Zeit! Die Entwicklung, manche Teile der Produktion vor allem aus Kostengründen auszulagern („outzusourcen“), war finanziell nachvollziehbar, in Zeiten von gestörten Lieferketten und anderen (politischen) Unwägbarkeiten kann sich das allerdings teilweise als Bumerang erweisen und die Unternehmen zum Offenbarungseid zwingen im Sinne von: Tut uns leid, wir können nicht liefern! Dieser Entwicklung müssen meiner Meinung nach enge Grenzen gesetzt werden. cci Zeitung wird dieses Thema weiter aufgreifen und ich freue mich auch auf weitere Beispiele, die Sie kennen und mir davon erzählen.
Mit europäischen Grüßen
Ihr Thomas Reuter
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cci146822
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Hallo Herr Reuter,
das sind großartige Beispiele und wichtige Reaktion von einigen Herstellern in unserer Branche, zu der von Ihnen beschriebenen Problematik. Dazu ergänzend wäre es eventuell noch wichtig anzusprechen, dass uns im deutschsprachigen Raum in Europa, auch ein gesundes Maß an Pragmatismus, weniger Bürokratismus, weniger Endlosschleifen in Besprechungen, Prozessen und Dokumentationen, guttun würde. Erst vor kurzem mussten wir hierzu ein doch beeindruckendes Beispiel bei uns im Hause REVEN miterleben:
Uns sind wichtige elektronische Bauteile für unsere Luftreiniger ausgegangen. Trotz einem 12-monatigen Jahresabschlusses mit zwei Deutschen Lieferanten, stellten diese die Lieferung ein. Keine Ankündigung, keine Infos vorab, erst auf Nachfrage, was denn mit unseren Abrufen sei, erhielten wir sinngemäß eine Antwort wie: „Sie wissen doch was aktuell auf den Beschaffungsmärkten los ist, wir können nicht liefern!“ Daraufhin machten wir uns über alternative Lösungen Gedanken, die aus noch verfügbaren Komponenten aufgebaut werden können.
Neue Produkte, neue Komponenten, die dann natürlich erst mal angeboten, geprüft und abgenommen werden müssen. Alles OK und zu allem Verständnis, aber wenn denn die Zeiten so sind, wie Sie sie so treffend in Ihrem Artikel skizzieren, wäre dann in solch einer Situation, nicht auch mal etwas Pragmatismus sinnvoll und allen Beteiligten anzuraten? Nicht bei uns in Deutschland! Trotz unserer äußerst prekären Situation, bestanden alle uns in Europa kontaktierten Lieferanten, auf das ganz normale Prozedere, eben ganz so als wäre alles ganz normal und wie in der Vorkrisen-Zeit. In unserer Not begannen wir dann Hersteller in Übersee zu kontaktieren – Die Reaktion von diesen war dann 100% konträr zu dem was wir in Europa erlebten:
Bevor wir auch nur ein erstes Angebot von einem europäischen Hersteller erhielten, erhielt ich von zwei in Übersee angefragten Herstellern, komplett funktionsfähige Prototypen mit einem einfachen Angebot und Doku per UPS geliefert! Ja ich höre schon die Anmerkungen:
Wird sicher so ein billiger China Schrott gewesen sein und das ist ja nicht vergleichbar mit dem was wir in Europa herstellen. Ja ist es nicht, es ist nicht vergleichbar, musste selbst ich als waschechter „Made in Germany“ Fan feststellen, es ist wahrlich nicht vergleichbar. Deshalb wäre uns allen in der einen oder anderen Situation zu all dem was Sie in Ihrem Artikel so treffend beschreiben Herr Reuter, eine gesunde Portion Pragmatismus angeraten.
Geht ein wenig in die Richtung, wie das der Gründer Reid Hoffmann des Business Netzwerkes LinkedIn mal so treffend auf den Punkt gebracht hat: „Wenn Ihnen die erste Version Ihres Produktes nicht peinlich ist, haben Sie es zu spät herausgebracht.“