Stuttgart 21: Brandschutzkonzept angezweifelt

  • Stuttgart 21: Brandschutzkonzept angezweifelt
  • Antwort der Bundesregierung

Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen monierten am 31. Juli das Brandschutzkonzept für die im Bau befindliche Bahnsteighalle von Stuttgart 21. Die Bundesregierung antwortete.

Fahrstühle ergänzen in der neuen Bahnsteighalle Rolltreppen und Festtreppen. Der Schlossgarten ist ebenerdig zu erreichen. (Abb. Aldinger & Wolf) Bezweifelt wurde beispielsweise, dass die Zahl der zu evakuierenden Personen das geplante Betriebsprogramm widerspiegelt, nach denen pro Bahnsteig, auf doppelt belegten Gleisen, mehr als 6.000 Personen zu evakuieren seien. Dem Betriebsprogramm zufolge hält jeder zweite Zug in einer Doppelbelegung. Mit diesen Doppelbelegungen werden jedoch sehr viele Reisende in kurzer Zeit auf einen Bahnsteig gebracht. Diese Menschen müssen im Katastrophenfall über die Fluchttreppen auch rechtzeitig evakuiert werden können. In einer mündlichen Anhörung im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur des Deutschen Bundestags am 6. Mai hatte Projektchef Manfred Leger nämlich nur auf insgesamt 16.164 Personen laut „EBA-Formel“ (EBA – Eisenbahn-Bundesamt) verwiesen. Dies entspräche nur rund 4.000 Personen auf jedem der vier Bahnsteige. Und diese Zahl ist die Basis für das Brandschutzkonzept durch das EBA vom 23. April. Für die dem Brandschutzkonzept von Stuttgart 21 zugrunde liegenden Berechnungen wurde je ein Regionalzug mit sieben Doppelstockwaggons an jeder der zwei Kanten eines Bahnsteigs angesetzt. Hierfür ergeben sich laut der
„EBA-Formel“ (EBA-Leitfaden für den Brandschutz, S. 10 und 11) tatsächlich 4 041 Personen pro Bahnsteig. Bereits Ende 2013 wurde aber auch klargestellt, dass die für das Brandschutzkonzept zugrundegelegten Züge den Fildertunnel gar nicht befahren können. Ursache ist die im Tunnel vorliegende Steigung von 25 Promille, die auch in gleicher Höhe in allen anderen Zulauftunneln vorliegt. Das bedeutet, dass solche Züge, die Grundlage des Brandschutzkonzepts sind, den Bahnhof Stuttgart 21 grundsätzlich nicht anfahren können.

Auf die entsprechende Frage „Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus, dass das Brandschutzkonzept möglicherweise auf der Annahme von Zügen basiert, die diesen Bahnhof technisch gar nicht befahren können?“ antwortete die Bundesregierung: „Im Brandschutzkonzept, das die Vorhabenträgerin im Verfahren der sechsten Planänderung im Planfeststellungsabschnitt 1.1 des Projekts „Stuttgart 21“ vorgelegt hat, sind Fahrzeuge berücksichtigt, die den Fildertunnel auch befahren können.“

Auf die Frage „Ist der Bundesregierung die technische Lösung für die Zufuhr von Luft für die Entrauchung mit je 1,2 Mio. m3/h aus beiden Tunnelröhren bekannt? Wie ist diese Luftzufuhr technisch möglich, wenn die Lüfter etwa im Norden kilometerweit von der Bahnhofshalle entfernt sind und deren Luftstrom in die Tunnelröhren sowie im Schwallbauwerk Nord entweicht? Genügt es für die Genehmigung des Brandschutzes, diese Zuluft ohne nachgewiesene technische Lösung, quasi „virtuell“ in die Simulationen einzusetzen?“ antwortete die Bundesregierung: „Die Planfeststellungsbehörde hat sich Gewissheit darüber verschafft, dass die Problematik beherrschbar ist und das notwendige rechtliche Regelungsinstrumentarium bereit steht.“

Auf die Frage „Lag für den Nachweis der Rauchfreihaltung des Straßburger Platzes (auf den der Rauch aus der Bahnsteighalle entweicht und auf den die Flüchtenden über die Fluchttreppen gelangen) eine aerodynamische Simulation vor, oder war die Grundlage der Genehmigung die formelmäßige Berechnung nach der Freistrahltheorie?“ antwortete die Bundesregierung: „Es lag keine aerodynamische Simulation vor. Der Entscheidung über die sechste Planänderung vom 23. April 2015 lag u. a. die brandschutztechnische Stellungnahme der Firma BPK, Prof. Dr. Klingsch vom 30. Juli 2014 zur Frage der Rauchfreihaltung des Straßburger Platzes zugrunde.

Auf die Frage „Ist die Berechnung nach der Freistrahltheorie ein anerkannter Ersatz für eine Verrauchungssimulation unter Berücksichtigung ungünstiger Witterungsbedingungen und Topographie (Lichtaugen, Nachbargebäude)? Ist diese Berechnung von der Prüfung durch den unabhängigen Brandschutzgutachter umfasst?“ antwortete die Bundesregierung: „Die o. a. brandschutztechnische Stellungnahme hatte nicht die Funktion, eine Simulation zu ersetzen. Die Berechnung war auch nicht von der Prüfung umfasst.“

Wir haben uns für Sie durchgeklickt. Den Direktlink auf die Antwort der Bundesregierung (18/5684) finden Mitglieder auf Seite 2.

Artikelnummer: cci35163

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