Ich habe eine Aussage in Erinnerung, die ich auf einer Tagung aufgeschnappt habe. Diese besagt, dass Rechenzentren als Neubauten nicht in den Geltungsbereich der EnEV und des EEWärmeG fallen. Jedoch treffe ich nun immer häufiger auf Gegenaussagen, die behaupten, dass die Anforderungen sowohl der EnEV als auch des EEWärmeG sehr wohl auf Rechenzentren anzuwenden sind. Was ist denn nun richtig?
Antworten der Leser
1.
Meiner Meinung nach kommt es auf die Ausführung des „Rechenzentrums“ an. Handelt es sich um ein separates Gebäude, das die Randbedingungen unter § 1 (3) Punkt 9 der EnEV einhält, ist kein Nachweis zu führen. Werden diese Randbedingungen nicht eingehalten oder aber das „Rechenzentrum“ ist Teil eines anderen Gebäudes, z. B. weil das „Rechenzentrum“ eine Etage in einem Bürogebäude ist, muss meiner Meinung nach ein Nachweis auch mit dieser Nutzungszone geführt werden.
„EnEV 2014; § 1 Zweck und Anwendungsbereich;
(3) Mit Ausnahme der §§ 12 und 13 gilt diese Verordnung nicht für …
9. sonstige handwerkliche, landwirtschaftliche, gewerbliche und industrielle Betriebsgebäude, die nach ihrer Zweckbestimmung auf eine Innentemperatur von weniger als 12 Grad Celsius oder jährlich weniger als vier Monate beheizt sowie jährlich weniger als zwei Monate gekühlt werden.“
Ob dies immer so gehandhabt wird, kann ich leider nicht bestätigen, da ich bisher noch nicht in die Situation gekommen bin, ein eigenständiges Rechenzentrum zu planen. Aber für mich ist der Text an der Stelle relativ eindeutig.
Im Newsletter des DIBT vom 2. März dieses Jahres (siehe hier) findet sich auf Seite 17 der PDF der Punkt „Auslegung XX-10 zu § 1 Abs. 2 EnEV 2013 (Anwendung der Verordnung auf Tiefkühlhäuser und ähnliche Gebäude für industrielle oder gewerbliche Prozesszwecke)“
Neben Gebäuden- und Gebäudeteilen für Tiefkühlung werden auch andere Gebäude ausschließlich zur Aufrechterhaltung dort ablaufender Prozesse konditioniert. Hierzu zählen die Zonen in Rechenzentren, die ausschließlich der Aufstellung von Servern dienen und wo die Kühlung der Funktionserhaltung dieser elektronischen Geräte dient. Analog gilt dies auch für die Wärmeabfuhr aus Einrichtungen der Energieversorgung und für die Abfuhr von belasteter Luft aus Maschinen (z. B. zur Holzverarbeitung oder Lackierung). Wird die Zone ausschließlich mit diesen, dem Prozess zugehörigen Funktionen konditioniert (bzgl. Erwärmung, Belüftung, Kühlung), so darf diese Zone als nicht konditioniert im Sinne der Verordnung angesehen werden. Für die genannten Gebäudezonen gelten die Nummern 5 und 6 dieser Auslegung entsprechend.
B.Eng. Patrick Marczona, Projektbearbeiter, 1 Plus Consult, Köln, 10.09.2015
2.
Auslegung XX-10 zu § 1 Abs. 2 EnEV 2013 (Anwendung der Verordnung auf Tiefkühlhäuser und ähnliche Gebäude für industrielle oder gewerbliche Prozesszwecke)
Leitsatz:
Konditionierungsvorgänge in Gebäuden, die ausschließlich der Aufrechterhaltung eines industriellen oder gewerblichen Prozesses dienen, sind nicht Gegenstand der Verordnung. Demzufolge sind Zonen, die von Tiefkühlkammern eingenommen werden, einschließlich ihrer spezifischen Anlagentechnik nicht Gegenstand der Verordnung. Vergleichbares gilt für Zonen in Rechenzentren, die ausschließlich der Aufstellung von Servern dienen, sowie auf die Wärme-, Staub- und Schadstoffabfuhr aus Maschinen, soweit dies die ausschließliche oder deutlich überwiegende energetisch relevante Konditionierungsaufgabe für die betroffene Zone ist.
Frage: Wie werden Tiefkühlhäuser bei den Berechnungen nach der EnEV behandelt?
Antwort: Nach § 1 Abs. 2 EnEV 2013 gilt diese Verordnung „1. für Gebäude, soweit sie unter Einsatz von Energie beheizt oder gekühlt werden, und 2. für Anlagen und Einrichtungen der Heizungs-, Kühl-, Raumluft- und Beleuchtungstechnik sowie der Warmwasserversorgung von Gebäuden nach Nummer 1. Der Energieeinsatz für Produktionsprozesse in Gebäuden ist nicht Gegenstand dieser Verordnung.“
Gemäß § 1 Absatz 2 Satz 2 EnEV 2013 ist der Energieeinsatz für Produktionsprozesse nicht Gegenstand der Verordnung. Ausweislich der Begründung (Erste Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung vom 29. April 2009) wollte der Verordnungsgeber mit § 1 Absatz 2 Satz 2 klarstellen, dass (im Einklang mit der Europäischen Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden) der Energieeinsatz für Heizung und Kühlung dann nicht Gegenstand der Verordnung ist, wenn damit nicht die Konditionierung des Raumklimas bezweckt wird. Die Gebäude an sich sind in diesen Fällen jedoch nicht aus dem Geltungsbereich der Verordnung ausgenommen.
Tiefkühlhäuser bestehen u. a. aus Tiefkühlkammern; diese sind in der Regel Bestandteil der Kühlkette für verderbliche Lebensmittel. Sie dienen der Lagerung und gegebenenfalls auch der Herstellung der erforderlichen Temperaturzustände dieser Waren in diesem speziellen Prozess. Je nach Warenart kann dabei die Soll-Temperatur differieren; auch bei gleicher Soll-Temperatur kann darüber hinaus (je nach umgesetzter Warenmenge, spezifischer Wärmekapazität der Waren, Art und Anzahl der Lagervorgänge) der für den Kühlprozess erforderliche Energieeinsatz unterschiedlich sein. Die wärmetechnische Qualität des Gebäudes hat hierauf nur bedingt Einfluss. Es handelt sich um Energieeinsatz für Produktionsprozesse im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 EnEV 2013.
In vielen Fällen sind die Tiefkühlkammern überdies nicht direkt als Bestandteil des sie umgebenden Gebäudes anzusehen, sondern als gesondert entworfene und produzierte Einbauten in diese Gebäude. Die bei der Herstellung dieser Kammern anzuwendenden physikalisch-technischen Regeln und damit auch die Konstruktionsweise ihrer Dämmung sind schon allein wegen des erheblichen Temperaturgefälles von außen nach innen von denen der Bautechnik verschieden.
Aus den vorgenannten Gründen zählen die Flächen von Tiefkühlkammern nicht zu den konditionierten Flächen und fallen damit – ebenso wie die für sie vorgesehene Anlagentechnik – nicht in den Geltungsbereich der Verordnung.
Soweit in Gebäuden mit Tiefkühlkammern andere, thermisch konditionierte Bereiche enthalten sind, die der Verordnung unterliegen, sind die erforderlichen Berechnungen für diese Bereiche unter Ausschluss der Tiefkühlkammern zu führen.
Neben Gebäuden- und Gebäudeteilen für Tiefkühlung werden auch andere Gebäude ausschließlich zur Aufrechterhaltung dort ablaufender Prozesse konditioniert. Hierzu zählen die Zonen in Rechenzentren, die ausschließlich der Aufstellung von Servern dienen und wo die Kühlung der Funktionserhaltung dieser elektronischen Geräte dient. Analog gilt dies auch für die Wärmeabfuhr aus Einrichtungen der Energieversorgung und für die Abfuhr von belasteter Luft aus Maschinen (z. B. zur Holzverarbeitung oder Lackierung). Wird die Zone ausschließlich mit diesen, dem Prozess zugehörigen Funktionen konditioniert (bzgl. Erwärmung, Belüftung, Kühlung), so darf diese Zone als nicht konditioniert im Sinne der Verordnung angesehen werden. Für die genannten Gebäudezonen gelten die Nummern 5 und 6 dieser Auslegung entsprechend.
Jörg vom Stein, 10.09.2015
Artikelnummer: cci40645
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