Der Wüste: Bullshit-Bingo

Regelrecht zornig macht mich eine Umfrage zu vernetzten Haushaltsgeräten und Haustechnik, die im Auftrag der dena von der forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH durchgeführt wurde.

(Abb. cci Dialog GmbH) „68 % der Deutschen im Alter zwischen 18 und 29 Jahren halten automatisch gesteuerte Haushaltsgeräte, Lampen, Heizungen oder Fenster für gut geeignet, um Energie zu sparen, bei den über 60-Jährigen sind es 46 %. Unter den Verbrauchern insgesamt liegt der Anteil bei 55 %.
Die überwiegende Mehrheit der Befragten besitzt derzeit jedoch noch keine vernetzten Geräte wie smarte Kühlschränke, Geschirrspüler oder eine Heizungssteuerung. In den Haushalten, die intelligente Vernetzung bereits nutzen, wird die Technik vor allem zum Einsparen von Heizenergie sowie für das Fernsteuern der Beleuchtung verwendet.
Als Anschaffungsgrund nennen die Befragten am häufigsten die effizientere Nutzung und damit das Einsparen von Energie und Kosten. Ein weiterer wichtiger Grund ist der Komfort im Alltag.
Gegen den Kauf sprechen in den Augen der Verbraucher insbesondere die Anschaffungskosten (26 %), mangelnder Bedarf an (neuen) Geräten generell (13 %) und der Wunsch, unabhängig zu bleiben und weiterhin selbst aktiv Energie zu sparen (13 %). Erst dahinter folgen Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit (9 %).“

Soweit die Originalmeldung. Jetzt zu den Fakten:
Dass die überwiegende Mehrheit der Befragten derzeit noch keine vernetzten Geräte besitzt, verwundert nicht.
– Bosch will im November einen Kühlschrank mit Home-Connect-Funktion auf den Markt bringen (Preis unbekannt). Allerdings haben wir jetzt bereits Dezember. Der Kühlschrank ist mit Kameras ausgestattet, die per Smartphone oder Tablet einen Einblick in den Kühlschrank gestatten. Man stelle sich das mal vor: Die Hausfrau steht mit ihrem Tablet direkt vor dem Kühlschrank und überprüft „aus der Ferne“, ob noch genügend Milch da ist. Das mit dem Smartphone hat schon ein bisschen mehr Sinn, vor allem, wenn man vergessen hat, einen Einkaufszettel zu schreiben. Die Werbung dazu großmundig: „So behalten Sie nicht nur den Überblick, sondern wissen unterwegs immer ganz genau, welche Zutaten Sie noch für Ihr perfektes Abendessen brauchen.“ Weiß man natürlich nicht, denn viele Zutaten werden überhaupt nicht im Kühlschrank verstaut.
Außerdem informiert der Kühlschrank, wenn man ihn offen gelassen hat. Jemandem, der den Kühlschrank offen lässt, gehört eins hinter die Löffel. Und dafür braucht man keine App.
– Ebenfalls von Bosch ist der smarte Einbau-Kaffeevollautomat. Kostet nur 2.369 € und soll ab Februar 2016 ausgeliefert werden. Ein besonders schönes Feature: Per Fernstart (etwa vom Wohnzimmersofa aus) kann ich das Getränk in der Smartphone-App auswählen und die Getränkeausgabe starten. Ich kann sogar mehrere Getränkewünsche auf einmal in die App eingeben, z. B. wenn Besuch da ist; das Gerät arbeitet sie dann der Reihe nach ab. Allerdings brauche ich noch einen Hansel, der die vollen Tassen aus dem Automaten nimmt, sonst habe ich Überschwemmung mit Cappuccino.

„Mit vernetzten Geräten zieht die Energiewende in den Verbraucherhaushalt ein – wenn sicheres Wohnen und moderne Haushaltsführung auf energieeffiziente Arbeit, Kommunikation und energieeffizientes Entertainment trifft“, erklärt Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung, in der Pressemeldung. „Darin steckt großes Potenzial für die Verbraucher. Denn das Internet der Dinge ist die Grundlage für die digitalen Dienstleistungen von morgen.“
Kennen Sie Bullshit-Bingo? So wird es gespielt:
Es werden Karten mit Schlagwörtern benutzt. Diese werden gestrichen, wenn sie genannt werden. Bei einer vollständig gefüllten Reihe, Spalte oder Diagonale soll der Spieler den Regeln nach aufstehen und, um die Inhaltsleere der Wortphrasen hervorzuheben, „Bullshit“ rufen.

Bullshit! In diesem Sinne bis nächsten Donnerstag.

Übrigens: Expertenmeinung zur Digitalisierung im Haushalt

(Quelle: „Vernetzte Haushaltsgeräte – eine Chance für die Energieeffizienz?“ von Prof. Dr. Rainer Stamminger, Universität Bonn)
Bei einer Fachveranstaltung der dena-Initiative EnergieEffizienz erörterten kürzlich Experten aus Wissenschaft, Politik, Industrie sowie Umwelt- und Verbraucherverbänden den Trend zur Vernetzung und seinen Einfluss auf den Stromverbrauch. Die Vorträge stehen unter www.stromeffizienz.de/expertenworkshop zum Herunterladen bereit.

Artikelnummer: cci42183

Ein Kommentar zu “Der Wüste: Bullshit-Bingo

  1. Anscheinend geht der Trend dahin, das eigene Gehirn komplett abzuschalten und alle Dinge nur noch über Apps laufen zu lassen.
    Ein aktueller TV-Spot erklärt mir, dass fremde Menschen ein Paket mit Kleidung für mich packen und ohne mich zu kennen, dabei meinen Geschmack treffen. Wenn nicht … kann ich es wieder zurück schicken. Mein Kühlschrank soll mir zukünftig sagen, was ich essen soll? Meine Heizung steuere ich (laut TV-Spot) mit meinen Smartphone, selbst wenn ich in Hongkong bin. Wofür hat diese Heizungsanlage eine zugehörige MSR-Technik? Wenn man vor allem junge Frauen sieht, die mit einer großen Handtasche in der Armbeuge, einem Smartphone in einer Hand und einem ToGo-Kaffee in der anderen Hand wie blind durch die Gegend laufen, kann einem nur noch schlecht werden. Ich hatte einmal eine davon angesprochen und gesagt, wie schön es doch wäre, wenn ihr noch ein dritter Arm wachsen würde, dann könnte sie dabei noch eine Zigarrette rauchen.
    Vielleicht bin ich zu alt für solche unnützen Dinge. Vielleicht bbin es aber auch nur gewohnt, selbst zu denken.
    Die Technik macht täglich Fortschritte. Ich nutze davon auch einen Teil und bin von manchen Dingen sogar begeistert.
    Aber mein Essen kaufe ich noch selbst ein und koche es auch ganz ohne eine App dafür zu nutzen oder es über eine App bei einem mir unbekannten Koch zu bestellen.

Schreibe einen Kommentar