Durch diese Norm droht die Rückkehr zum Sick Building Syndrom

In cci Branchenticker am Dienstag (19. Mai) berichteten wir im Beitrag „Diese Norm setzt falsche Signale bei der Raumluftqualität“ über die neue DIN EN 16798 Teil 1. Die darin aufgeführten neuen (deutlich höheren) erlaubten CO2-Konzentrationen in der Raumluft führten zu ersten Protesten von Lesern.

(Abb. © Minerva Studio /Fotolia.com) Die DIN EN 16798 Teil 1 „Eingangsparameter für das Raumklima zur Auslegung und Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden – Raumluftqualität, Temperatur, Licht“ soll künftig die Nachfolgenorm der gleichnamigen DIN EN 15251 werden. Im Entwurf der DIN EN 16798 Teil 1 (der noch nicht veröffentlicht wurde) werden die erlaubten CO2-Konzentrationen bis 70 % gegenüber dem heutigen Standard angehoben. Und für sogenannte „adaptierte Personen“ sollen sogar bis 5.000 ppm CO2 in der Raumluft erlaubt werden. Einen Beitrag dazu mit weiteren (erschreckenden) Informationen lesen Sie hier.

Zu diesem Beitrag erhielt die Redaktion bereits die beiden nachfolgenden Zuschriften. Uns würde auch Ihre Meinung dazu interessieren – schreiben Sie uns diese per E-Mail an redaktion@cci-dialog.de Stichwort CO2-Konzentration.

„Diese Norm wird uns wieder auf einen Stand zurücksetzen, den wir in den 1970er Jahren schon hatten, als der Begriff des „Sick Building Syndroms“ aufkam. Aus meiner eigenen Tätigkeit in der Normenarbeit weiß ich, dass mit der Vorgabe von Grenzwerten in einer Norm (z.B. CO2) die Norm den ihr gegebenen Rechtsrahmen überschreitet. Die Listung von Grenzwerten in einer Norm widerspricht dem europäischen Rechtsrahmen, dem zufolge Festlegungen zu Stärke für Expositionen von Personen dem betrieblichen Arbeitsschutz zuzuordnen sind und diese daher den nationalen Regelungen der einzelnen Mitgliedstaaten unterliegen (Artikel 153 AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union). Es gelten daher immer nationale Grenzwerte, wie diese in Deutschland in den Arbeitsstättenregel ASR 3.6 vorgegeben werden. Warum Werte für zulässige Konzentrationen von CO2 in der Norm aufgeführt sind, ist für mich nicht erklärlich.“
Georg Tale-Yazdi, Sachverständigenbüro Tale-Yazdi, Schöneck

„Man kann sich nur wundern, welche Personen bzw. Personengruppe CO2-Werte bis 5.000 ppm für Klassenräume, Auditorien und Konferenzräume für zulässig erachten. Wer sind die Autoren, die diese Norm erarbeiten? Das ist ein fatales und gänzlich falsches Signal, das nur von kostengesteuerten Überlegungen ausgeht! Sollen Kinder, Studenten und deren Lehrer in stinkender, stickiger und ungesunder Raumluft ihr Dasein fristen und somit eine dauerhafte Einbuße der Leistungsfähigkeit hinnehmen? Klar ist die Botschaft, die dahinter steht – möglichst wenig Geld in Lüftungstechnik zu stecken. Schon das Zurückziehen des „Leitfadens zur Raumluftkonditionierung in Schulen“ durch die Berliner Senatsverwaltung zeigt dies deutlich. Das UBA machte im Bundesgesundheitsblatt 2008 mit dem Beitrag „Gesundheitliche Bewertung von Kohlendioxid in der Innenraumluft“ deutlich, dass CO2-Konzentrationen über 2.000 ppm als inakzeptabel gelten. In den zugrundeliegenden Studien zeigte sich bei CO2-Konzentrationen über 1.500 ppm eine deutliche Zunahme von Symptomen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwindel und Konzentrationsschwäche. Warum also soll die zulässige Güte der Raumluft massiv verschlechtert werden? Es bleibt zu hoffen, dass die Fachverbände, Hersteller und Institutionen hier entsprechende Schritte einleiten, um den Entwurf vor Veröffentlichung zu ändern bzw. zu kippen.“
Dipl.-Ing. (FH) P. Opitz, LTZ – Zentrum für Luft- und Trinkwasserhygiene

Artikelnummer: cci34887

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