Von leeren Flughäfen und vergrabenen Bahnhöfen – eine Glosse von BauInfoConsult

Der Branchendienst BauInfoConsult hat die Ergebnisse seiner aktuellen Umfrage unter Architekten veröffentlicht. Dabei ging es um die großen deutschen Dauerbaustellen.

Welche der folgenden bekannten großen Dauerbaustellen in deutschland sollte man am besten gar nicht erst fertigstellen? Mehrfachnennungen in %, n = 180 Architekten. (Abb BauInfoConsult)
„Bauen kann so schön sein, doch im Hightech-Wunderland Deutschland scheinen Großprojekte gerne mal aus dem Ruder zu laufen“, schreibt BauInfoConsult. Die Marktforscher fragten bei Architekten nach, welche der großen heimischen Dauerbaustellen ihrer Meinung nach am besten gar nicht erst fertiggestellt werden sollten.

Auf Platz eins liegt wenig überraschend der neue Hauptstadtflughafen BER: Fast jeder zweite Architekt ist der Meinung, dass hier Hopfen und Malz verloren sind und man den großdeutschen Pannenfluchhafen besser sein lassen sollte. Doch was tun mit der Ruine? Tipp von BauInfoConsult: in einen Hauptstadtparkplatz mit angeschlossenem Einkaufszentrum umwandeln – dürfte kaum auffallen.

Platz 2 der schönsten Dauerbaustellen erkämpfte sich der Umbau des Kopfbahnhofs Stuttgart Hauptbahnhof in den unterirdischen Durchgangsbahnhof „Stuttgart 21“. Ein Drittel der Architekten sieht den Weiterbau als sinnlos an – BauInfoConsult sagt: „Da können wir uns nur anschließen. Nur weil etwas technisch machbar ist, heißt das noch lange nicht, dass es auch sinnvoll ist – dieser Gedankengang scheint im Vorfeld der Planung keinem Verantwortlichen in den Sinn gekommen zu sein. Alternativvorschlag: Den Bahnhof überirdisch lassen und die jetzt schon gegrabenen Tunnel zur Endlagerung größenwahnsinniger Lokalpolitiker und Manager nutzen.“

Platz 3: der Kölner U-Bahn-Weiterbau trotz Einsturz des Kölner Stadtarchivs. BauInfoConsult kommentiert: „Man stelle sich das einmal vor: Da kollabiert aufgrund baulicher und planerischer Mängel beim Tunnelgraben ein Großgebäude mitten in einer deutschen Millionenstadt, und die betreffende Stadt baut einfach munter weiter – frei nach dem Motto: War da was? Wie jeder fünfte Architekt sind auch wir der Meinung: Das geht gar nicht! Unsere Lösung: aufhören zu graben – den Verkehrskollaps in Köln wird auch die zusätzliche U-Bahnlinie nicht vermindern – und in den Ruinen ein paar angesagte Kölsch-Kneipen eröffnen.“

Artikelnummer: cci35162

4 Kommentare zu “Von leeren Flughäfen und vergrabenen Bahnhöfen – eine Glosse von BauInfoConsult

  1. Dass „billig“ die teuerste Variante ist, etwas zu erstellen, scheint in den Köpfen der Entscheider nicht anzukommen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es auch nur ein Projekt in Deutschland gegeben hat und gibt, bei dem die billigste Variante die nachhaltigste Lösung ergeben hat. In der Regel sind billige Lösungen nach wenigen Jahren bereits so teuer, dass ungeplante Kosten auftreten die die öffentliche Hand bezahlen muss. Warum folgt man nicht dem Beispiel Frankreichs und streicht grundsätzlich das günstigste Angebot?! Die Möglichkeit, qualitativ bessere Lösungen angeboten zu bekommen, steigen damit sicherlich.

  2. Da hat Reinhard Siegismund aufgrund seiner unendlichen Erfahrung mit vielen Worten mehrere Nägel auf den Kopf getroffen. Eigentlich ist da nichts hinzuzufügen – doch möchte ich aus diesem Anlass auf das Buch „BauWesen-BauUnwesen“ (im CCI-dialog-Verlag) hinweisen. Darin werden die Ursachen dieser BauProbleme aufgedeckt und auch Besserungsmöglichkeiten aufgezeigt. Vorab: die Probleme verursachen nicht die am Bau Schaffenden!

  3. Das Bestreben der meisten Bauherrn ist, und dazu gehören auch die öffentlichen Auftraggeber, grundsätzlich das günstigste Angebot, und dann ist dies in der Regel auch das „billigste“, jedoch nicht das gebotene wirtschaftlichste oder, wie man heute gerne sagt, das „nachhaltigste“ Angebot, anzunehmen. Denn da müsste man ja begründen, und das ist den meisten zu beschwerlich, und das kostet Zeit.

    Das führt dazu, dass auch der Auftragnehmer bei Beschaffung seiner Waren und Dienstleistungen so handeln muss. Die Wahrscheinlichkeit, dass selbst bei bester vereinbarter Leistungsbeschreibung, aber niedrigstem Preis, Werke mit Mängeln entstehen, ist deshalb groß. So entstehen Werke, die ohne gründliche Berechnung und durchdachte Zeichnung einfach nach Schätzwerten und Erfahrung, aber immer mit dem „billigsten“ noch zulässigen Material oder Dienstleister gebaut werden.

    Glauben wir wirklich, bei dieser Art zu handeln, erwarten zu können, dass wirklich nachhaltig energiesparende und wirtschaftlich zu betreibende Bauwerke entstehen? Man möge sich an Ruskin erinnern der dies auf den Punkt brachte.
    Nach dem Erkennen des Mangels ist oft der Sachverständige gefragt, oft wird auch nach diesen Erkenntnissen der preiswerteste Sachverständige, möglichst auf der Grundlage der JVEG-Sätze oder „Pauschal“, gesucht, der mit möglichst wenig Aufwand als Sachverständiger gleich sieht, was falsch ist. Oft wird von ihm verlangt, dass er den Aufwand, den Mangel zu erkennen, vorher genau benennen kann.

    Wollen wir wirklich erwarten, dass so vom Sachverständigen gründlich untersucht, gerechnet und ein möglichst kostengünstiger Weg gefunden wird, ein Werk mit Qualität zu erhalten? Der Sachverständige ist schlecht beraten, wenn er diese Handlungsweise selber so fortsetzt und mit möglichst wenig Aufwand, alles schnell schätzt, seine Arbeit leistet und wegen der vielen und zu knapp bezahlten Arbeit, für alle seine eigene Qualität erforderliche Fortbildung, Fachlektüren, Messebesuche, auf einem Mindestniveau hält. So entsteht zwangsläufig eine Reihenfolge von „Billigst“-Entscheidungen, die zu Bauwerken führen, die die Leistungen unserer Ingenieure dem Spott preisgeben.

    Wollen oder müssen wir so wirklich weiter machen? Bleibt es bei dem alten Spruch „Der Ingenieur ist das Kamel, auf dem der königliche Kaufmann zu seinem Ziel reitet?“ – Nichts gegen Kaufleute und entscheidende Manager oder Politiker, aber bei jeder Entscheidung müssen alle Beteiligten gleichberechtigt mitwirken.

    Trotzdem „Mehrheitsentscheidungen“ entsprechend dem Diagramm werden uns nicht weiter bringen, ich kenne nicht alle der sieben Bauvorhaben, aber mit Ingenieurverstand und Teamarbeit sollten diese Bauvorhaben zu einem guten Ende gebracht werden können, natürlich mit Änderungen und Ertüchtigung mancher Anlagen. Warum werden Anlagenteile so ausgelegt, dass sie gerade so die minimal verlangten Bedingungen erfüllen?

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