cci Forum: Raumluftbefeuchtung durch Pflanzen

Wie beeinflussen Pflanzen die Raumluftfeuchte, und welche Feuchteabgabe haben verschiedene Pflanzen?

In einem Projekt mit vier großen Büroetagen mit Großräumen als Callcenter und Besprechungsräumen sollen auf Kundenwunsch alle Räume mit einer Befeuchtungseinrichtung für den Winterfall eingerichtet werden. Eine Lüftungsanlage ist nicht vorhanden und auch nicht vorgesehen. Der etwa 0,3- bis 0,5-fache Luftwechsel findet nur durch Infiltration statt. Pflanzen geben Feuchtigkeit über Verdunstung an den Raum ab. Aber nimmt man hier die Menge des Gießwassers als Grundlage, oder gibt ob es andere Grundlagen?

Antworten der Leser

1.
AL-KO Therm arbeitet mit einem Lieferanten für Pflanzenwände zusammen. Wir sehen es als Alternative, natürliche Befeuchtung mit zentraler Klimatechnik zu kombinieren. Wichtig dabei ist es, die zentrale Klimatisierung auf die natürliche Befeuchtung abzustimmen. Zu berücksichtigen sind die von Pflanzenwänden abgegebene Feuchte. Zusammen mit unserem Kooperationspartener liegen hier ausreichend Erfahrungswerte vor.
Im Fachbuch „Luft- und Raumlufttechnik ganzheitlich geplant“ (erschienen bei der cci Dialog GmbH) werden Beispiele genannt. Danach verdunsten pro  1 m² Pflanzenwand (ca. 1.000 Schößlinge) innerhalb von 24 h ca. 3,5 l Wasser.

Martin Törpe, AL-KO Therm GmbH

Anmerkung der Redaktion

Näheres zum Fachbuch „Luft- und Raumlufttechnik ganzheitlich geplant“ finden Sie im  cci Buchshop.

2.
(Abb. Florawall) Unternehmen, die Pflanzenwände anbieten, gibt es etliche. Allerdings ist nicht jede angebotene Pflanzenwand zur Feuchtigkeitsabgabe geeignet. Außerdem ist ihre Wirkung nicht immer überprüfbar. Eine Zusammenarbeit mit einem Lüftungsunternehmen ist daher ratsam.
Das Unternehmen Florawall, Bad Erlach/Österreich, beispielsweise hat eine mit Grünpflanzen bestückte Wand für Innenräume auf den Markt gebracht. Die Pflanzenwand (Standardausführung: 100 x 220 x 25 cm, was etwa 90 Pflanzen entspricht) soll die Luftfeuchtigkeit im Raum begünstigen, den Staubflug verringern (positiv für Allergiker), für einen erhöhten Schallschutz sorgen, dank des fotosynthetischen Prozesses die Raumluft von VOCs (flüchtige organische Verbindungen) befreien und die C02-Konzentration verringern. Laut Anbieter wurde an der FH Pinkafeld/Österreich eine Studie zum Nachweis der Wirkungen durchgeführt.

(Redaktion von cci Forum)

3.
Auskunft gibt die Studie „Neubau Biohof Achleitner. Gebäude aus Holz, Stroh & Lehm. Raumklimatisierung mit Hilfe von Pflanzen“, Schriftenreihe „Berichte aus Energie- und Umweltforschung“, April 2008 des österreichischen Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT), Wien (hier).

Die Studie ergibt: Eine Innenraumbegrünung im Ausmaß von ca. 5 bis 10 % der Nutzfläche kann durch Verdunstung eine Steigerung der relativen Luftfeuchte um 5 bis 10 % bewirken. Die Verdunstungsleistung der Pflanzen findet nur tagsüber statt und hat eine starke Korrelation mit dem Lichtangebot und damit mit dem Tagesverlauf und der Jahreszeit. Für haustechnische Dimensionierungen kann davon ausgegangen werden, dass das gesamte Gießwasser verdunstet wird. Das in der Pflanze eingespeicherte Wasser hat eine vernachlässigbare Größenordung. Es kann daher überschlägig eine mittlere stündliche Verdunstungsleistung durch Division der Gießwassermenge durch die Anzahl der Tage des Gießzyklus und durch die Anzahl der Stunden zwischen Sonnenaufgang und –untergang ermittelt werden. Eine seriöse Prognose, wie hoch die Verdunstungsleistung einer geplanten Innenraumbegrünung sein wird, ist schwierig. Neben der Korrelation mit dem Lichtangebot ist die Verdunstungsleistung abhängig von der Pflanzenart, der Lufttemperatur, der Luftfeuchte, Standortbedingungen wie Luftzug und von der Vitalität der Pflanze.
Im untersuchten Büro mit einer Grünfläche von 5 bis 10 % der Büronutzfläche wurden ca. 100 ml pro Tag und m² Büronutzfläche verdunstet. Die aus der Verdunstung resultierende Kühlleistung kann aus der Multiplikation der verdunsteten Wassermenge mit der Verdunstungswärme von Wasser (2.400 kJ/kg bzw. 0,67 kWh/kg) abgeleitet werden. Bei einer Gießwassermenge von 100 ml pro Tag und einem Tageslichtangebot von 8 h beträgt die stündliche Kühlenergie etwa 8 W/m².

Bartolo Lombardo, Staatlich geprüfter Kältetechniker, Stulz GmbH

Artikelnummer: cci56556

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