Energiewende wird digitalisiert

Stromnetze, Erzeugung und Verbrauch sollen (irgendwann) miteinander verknüpft werden. Die Voraussetzungen dafür sollen mit dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende (18/7555) geschaffen werden. Der Bundestag hat den Gesetzentwurf am 24. Juni in 3. Lesung verabschiedet, wonach die „Smart Meter“ möglichst flächendeckend in Unternehmen und größere Haushalte einziehen sollen.

(Abb. Echelon) Festgelegt werden in dem Gesetz unter anderem technische Vorgaben für intelligente Messsysteme („Smart Meter“) sowie Datenschutz und Interoperabilität. Verbrauchern sollen zum Beispiel Informationen über den tatsächlichen Energieverbrauch sowie Informationen über die tatsächliche Nutzungszeit bereitgestellt werden. Als Erfüllungsaufwand könnten durch die gesetzlichen Änderungen privaten Haushalten (6.000 und bis zu 10.000 kWh, 2,4 Mio. Zählpunkte) Kosten bis zu 100 Euro im Jahr entstehen. Bei Verbrauchern mit einem Jahresverbrauch bis 6.000 kWh ist kein Pflichteinbau vorgesehen. Sofern jedoch beispielsweise der Vermieter den Einbau eines Messzählers veranlasst, hat dies der Mieter zu dulden.

Mit den Änderungen wurde unter anderem auch die wachsende Bedeutung der Elektromobilität berücksichtigt. Der Bereich Elektromobilität soll prinzipiell ebenfalls eingeschlossen werden. Vorschriften, wie Zählpunkte konkret ausgestattet sein müssen, gibt es aber nur für „ortsfeste“ Installationen.Außerdem wird der Digitalisierungsansatz des Gesetzes umfassender, indem auch Kleinerzeugungsanlagen, wie Photovoltaik-Systeme, über ein bis einschließlich 7 kW hereingenommen werden. Damit werde sichergestellt, „dass auch diese Anlagen Teil des intelligenten Energienetzes werden können“, heißt es in dem Änderungsantrag. Betroffen sind nur Neuanlagen. Branchenzusammenschlüsse wie der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) oder der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hatten im Vorfeld vor einem solchen Schritt gewarnt, da dieser die Kosten für den weit gefassten Kreis von Betroffenen unnötig in die Höhe treibe.

Im Streit um die Verbrauchsdaten, die Smart Meter deutlich genauer und ständig messen können als herkömmliche Zähler, hat sich der Gesetzgeber freizügig erwiesen: Neben den vier großen Übertragungsnetzbetreibern bekommen auch kommunale Energieversorger wie Stadtwerke mit mehr als 100.000 angeschlossenen Kunden die begehrten Informationen frei Haus, mit denen sich umfangreiche Nutzungsprofile erstellen lassen: die größeren Verteilnetzbetreiber erhalten am Folgetag automatisch Messdaten im 15-Minuten-Abstand. Die Schutzprofile und technischen Richtlinien für intelligente Zähler des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sehen eigentlich auch vor, Messinformationen „nur anonymisiert, pseudonymisiert oder aggregiert“ an „möglichst wenige Stellen“ übermittelt werden dürfen. Smart Meter hätten nun auf jeden Fall einen höheren IT-Sicherheitsstandard als EC-Karten, aber „wir dürfen uns nicht mit dem Datenschutz immer selbst auf der Bremse stehen“. Jeder der Betreiber bekomme die Verbrauchsinformationen, die er für seine gesetzlichen Zwecke benötige, so der CDU-Digitalpolitiker Jens Koeppen.

BDEW zum Gesetzentwurf: Bundesrat sollte sich für Korrektur des Gesetzentwurfs einsetzen
„Trotz einiger Verbesserungen, die die Branche im Gesetzentwurf durchsetzen konnte: Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass die Verteilnetzbetreiber die Verantwortung für den Betrieb aller 43 Mio. Messstellen in Deutschland behalten sollten“, so Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Der aktuelle Gesetzentwurf sieht vor, dass die Aufgabe der Datenaggregation für die 4,6 Mio. Zählpunkte (also gerade einmal 10 %), die künftig fernauslesbar werden sollen, von den Verteilnetzbetreibern auf die Übertragungsnetzbetreiber übertragen werden sollen. Hierzu Kapferer: „Das widerspricht der Logik der Energiewende: Sie verläuft dezentral und erfordert folglich auch eine dezentrale Steuerung der Prozesse und Datenerhebung. Eine Neuverteilung der Aufgaben wäre ineffizient und würde eingespielte Prozesse in Frage stellen. Wir appellieren daher an den Bundesrat, sich dafür einzusetzen, dass der Gesetzgeber in dieser entscheidenden Frage auf den letzten Metern noch eine Korrektur vornimmt.“

Im Gesetzentwurf berücksichtigte Branchenempfehlungen:
Der Rollout wird flexibel gestaltet. Der Einbau der intelligenten Messsysteme soll zeitlich gestaffelt erfolgen. Dies lässt den Unternehmen mehr Freiraum bei der Ausgestaltung ihrer Strategie. Auch eine wichtige Finanzierungsfrage wurde geklärt: Wird für die Installation des Messsystems beim Kunden ein Umbau des Zählerplatzes notwendig, werden diese Zusatzkosten nicht vom Messstellenbetreiber getragen. Der „haushaltsnahe Bereich“ soll ab 2020 bei einem Jahresverbrauch von über 6 MWh an „mit einem verpflichtenden Einbau“ folgen. Dies trifft durchschnittlich für einen Haushalt mit fünf oder mehr Personen zu. Netzbetreiber dürfen aber auch schon zeitnah Haushalte in Eigenregie mit intelligenten Zählen ausstatten, sodass Kritiker eine „Zwangsbeglückung“ der Verbraucher befürchten.
 

Artikelnummer: cci43649

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