Geplantes Bauvertragsrecht schon jetzt strittig

Gesetzentwurf erzeugt neue Rechtsunsicherheiten.

(Abb. © imageteam/Fotolia.com) Ziel des Gesetzentwurfes 18/8486 „zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung“ ist es, privaten Bauherren mehr Sicherheit vor unliebsamen Überraschungen zu geben, und Handwerker vor hohen Folgekosten zu schützen, wenn ihnen mangelhaftes Material verkauft wurde. Bei einer Anhörung von Experten im Rechtsausschuss warfen die geladenen Experten die Frage auf, ob der vorliegende Gesetzentwurf im Bemühen, Rechtssicherheit zu schaffen, nicht neue Rechtsunsicherheit erzeuge. Mehrere Sachverständige gaben dem ursprünglichen Referentenentwurf, der als Ergebnis eines Konsultationsprozesses mit den betroffenen Gruppen entstanden war, den Vorzug gegenüber der schließlich nach der Ressortabstimmung vom Kabinett beschlossenen Fassung.

Der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Olaf Lenkeit sieht eingebaute Umgehungsmöglichkeiten in einer Regelung, die es Bauherren eigentlich erlauben soll, im Fall von Baumängeln einen größeren Teil des Endpreises als bisher einzubehalten. Denn Bauunternehmen könnten nach dem von der Regierung vorgelegten Gesetzestext die bisher üblichen ganzheitlichen Verträge in mehrere Einzelverträge aufspalten mit dem Ergebnis einer „Absenkung des Verbraucherschutzes“.
Der Vorsitzende des Deutschen Baugerichtstags Stefan Leupertz kritisierte vor allem das geplante Anordnungsrecht. Es soll Bauherren ermöglichen, Änderungen am Bauvorhaben anzuordnen, falls sich das Bauunternehmen nicht freiwillig dazu bereiterklärt. Diese Vorschrift sei gegenüber dem Referentenentwurf abgeschwächt worden, indem das Verfahren komplizierter geworden sei, und eine „Einladung zur Obstruktion und Verzögerung“.

Der Justiziar des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes Philipp Mesenburg warnte vor den Folgen dieses Anordnungsrechts für Bauunternehmen. Der Bau erfordere eine komplizierte Disposition von Mitarbeitern, Gerätschaften und beteiligten Gewerken. Wenn ein Bauherr anordnen könne, das im Entstehen befindliche Haus ein Stockwerk höher zu bauen, habe das Auswirkungen auf andere Baustellen des Unternehmens. Mesenburg sprach von einem Dominoeffekt.

Eine geplante Bestimmung besagt für den Fall, dass sich Bauherr und Bauträger nicht auf den Preis einer solchen angeordneten Veränderung einigen können, dass 80 % des Angebots des Bauunternehmen gelten sollen. Der Heidelberger Wirtschaftsrechtler Thomas Peiffer ist der Ansicht, damit werde ein Anreiz geschaffen, beim Angebot zu übertreiben, sodass selbst 80 % davon noch überteuert wären. Pfeiffer schlug vor, das Anordnungsrecht mit einem Streitbeilegungsmechanismus zu verknüpfen.

Auch an der Mängelhaftung, gab es Kritik. Derzeit kann ein Handwerker, dem fehlerhaftes Material verkauft wurde, vom Lieferanten nur Ersatz durch fehlerfreies Material verlangen, auf den oft hohen Kosten für den Aus- und Wiedereinbau an dem Gebäude aber bleibt er sitzen. Künftig soll der Lieferant auch dafür geradestehen. Doch der Gesetzentwurf sieht vor, dass ein Händler in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen genau diese Haftung ausschließen kann. Die Leiterin der Rechtsabteilung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks Manja Schreiner verwies darauf, dass Handwerker nicht selten auf einen einzigen Fachhändler in ihrer Region angewiesen seien. Sie prophezeite, dass alle Händler diese Ausnahmemöglichkeit anwenden würden, mit der Folge, dass die Reform verpuffe.

Kritik gab es daran, dass Lieferanten von mangelhaftem Material die Möglichkeit gegeben werden soll, anstelle einer Kostenerstattung für den Handwerker den Aus- und Wiedereinbau selbst vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Dies würde dazu führen, dass auf der Baustelle eines Einfamilienhauses Arbeitskräfte auftauchten, die der Bauherr nie beauftragt habe, folgerte der Vorsitzende des Bauherren-Schutzbundes Peter Mauel. Dies sei ein Eingriff in die Vertragsfreiheit. Eine Koordination mit anderen auf der Baustelle laufenden Arbeiten sei nicht möglich. Zudem stelle sich die Frage der Gewährleistung in dem Fall, dass die Nachbesserung wiederum fehlerhaft ausgeführt werde. Der Bauherr habe ja nur mit dem von ihm beauftragten Handwerker ein Vertragsverhältnis.

Artikelnummer: cci43623

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