Leserstimmen: Berechnungen zum dynamisch-instationären Betrieb von RLT-Anlagen

(Abb. © tadamichi/stock.adobe.com)
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Der Meinungsbeitrag „Wie detailliert sollte eine LüKK-Planung sein?“ von Dr. Manfred Stahl zur Erweiterung von technischen Regeln zur Projektierung von Lüftungsanlagen hat unsere Leser beschäftigt. Nachfolgend die Leserkommentare zu Meldungen in cci Branchenticker.

In seinem Meinungsbeitrag „Wie detailliert sollte eine LüKK-Planung sein?“ (siehe cci276915) geht Dr. Manfred Stahl darauf ein, dass künftig mehrere technische Regeln zur Projektierung von Lüftungsanlagen um Berechnungen und Simulationen zu deren dynamisch-instationärem Betrieb erweitert werden sollen. Für ihn sind solche dynamischen Simulationen in der täglichen Planungspraxis von Standard-Lüftungsprojekten  verzichtbar. Vielmehr sollte es seines Erachtens möglichst einfache, schnell umsetzbare, aber dennoch ausreichend genaue Planungsgrundlagen für stationäre Auslegungen geben.

Christian Fieberg meint hierzu: „Lieber Herr Stahl, ich bin kein Planer, sondern eher im Lager der akademisch-wissenschaftlich orientierten LüKK-Freunde anzusiedeln. Ich denke daher, dass eine ‚Dynamisierung‘ der Auslegung helfen kann. Im Bereich der Kühllast (VDI 2078) tun wir das schon seit langem und keiner würde sagen, eine pauschale Abschätzung über Watt pro Quadratmeter reicht völlig aus. In der Heizlastberechnung ist es (noch) nicht gefordert, mit Blick auf Wärmepumpen, aber meiner Meinung nach nötig. Die Programme zur Kühllast können meist auch die dynamischen Heizlasten abbilden und geben so einen guten Überblick über Lastspitzen und Ausnutzungsgrade von Speichern et cetera. Zudem lassen sich Regelstrategien testen und bewerten. Diese Daten ermöglichen eine genaue Nachhaltigkeitsberechnung (Energiebedarf) des Gebäudes. Damit lassen sich zukünftig Finanzierungsmodelle verbessern (EU Green Deal). Mit BIM können wir dann auch noch die graue Energie mit einbeziehen. Den Berechnungsaufwand halte ich für überschaubar, da die verfügbaren Softwareprodukte das heute schon können und zum Beispiel die öffentliche Hand dies schon seit Jahren für ihre Projekte einfordert. Es ist daher eher eine Anpassung an gute Projektpraxis.
Letztlich habe ich es vergleichsweise einfach: Ich vermittle die Methoden an unsere Studierenden; die Umsetzung im Projekt müssen Planer machen und dabei Energieeffizienz und die eigene Wirtschaftlichkeit im Blick haben.“

Dazu schreibt Norbert Nadler: „Ich schließe mich den Ausführungen von Herrn Prof. Fieberg an und möchte ergänzen, dass man durch die instationäre Betrachtung auch die Gleichzeitigkeit des Bedarfs im Gebäude besser berücksichtigen kann. Das betrifft nicht nur die Zentrale, sondern auch jede Teilstrecke des Versorgungsnetzes. Außerdem kann man für die Übergangsjahreszeit Heiz-/Kühl-Verschiebungen innerhalb eines Gebäudes planen. Weiterhin können Ein- und Ausschaltszenarien – zum Beispiel nach §14a EnWG – untersucht werden, die Einfluss auf die Dimensionierung haben.“

Detlef Malinowsky äußert sich hierzu wiefolgt: „Ich schreibe jetzt mal aus der Sicht eines Inbetriebsetzers von RLT-Anlagen und spreche aus Erfahrungen von über 10.000 TGA-Anlagen. Sehr geehrter Herr Stahl wenn Sie schreiben: ’sollen künftig mehrere technische Regeln zur Projektierung von Lüftungsanlagen um Berechnungen zu deren dynamisch-instationärem Betrieb erweitert werden‘ bekomme ich eine flaues Gefühl im Bauch. Wir haben sehr viele Probleme RLT-Anlagen in den Planungsauslegungszustand für die Abnahme zu bekommen, da wir hier vor sehr großen Herausforderungen stehen.
Diese sind unter anderem:
– Unvollständige Planungen.
– Planungen die leider nicht systemübergreifend erfolgt sind.
– Planungen aus der Theorie, so dass die Anlagen kaum vom Installateur gebaut werden können.
– Fehlender Hydraulischer Abgleich beziehungsweise Einregulierung von Luftmengen (diese Positionen lässt der Planer einfach weg oder akzeptiert unrealistische Preise). …
Die Liste würde dieses Format sprengen. Und nun schreiben Sie Herr Stahl, die Planer sollen noch genauer und ausführlichere Berechnungen durchführen. Ich bekomme wieder ein Grummeln im Magen. Sollten die Planer nicht erst mal zu über 90 % ihre Hausaufgaben machen und ein Projekt über alle Leistungsphasen der HOAI (Anm. d. Red.: Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) Erfahrungen erleben um nicht immer die gleichen Fehler einzuplanen. Von daher, Herr Stahl ich stehe voll hinter Ihren Aussagen. Ein Appell an die LüKK: Weniger Bürokratie, mehr Praxis, mehr Systemdenken. Und wenn wir unser Handwerk beherrschen, können wir anfangen, hinter dem Komma zu rechnen. Eine RLT-Anlage wird nicht effizienter, weil wir diese genauer rechnen. Sie wird effizienter, weil wir diese effizient betreiben und dies Bedarf unter anderem praktisches Wissen für eine ausgewogene Planung. Ein Planer ohne ausreichende Praxis auf der Baustelle (alle HOAI Leistungsphasen + Anlagenbetrieb + Optimierungsmaßnahmen) ist eine Beamter und damit haben wir auch hier eine lähmende Bürokratie! Unser Hochschulen können nur Grundwissen vermitteln, da diese zu weit von der Praxis entfernt sind.“

Ein weiterer Kommentar stammt von Dirk Lind: „Hallo Herr Dr. Stahl, Ihr Ansatz gefällt mir zunächst. Aber: – Architekten müssten dann ausreichend Platz zur Installation bereit stellen; mehr Platz = mehr Material = weniger Nachhaltigkeit
– Wenn sie bedarfsgerechte Regelungen fordern, begrüße ich das aus Komfortgründen. Aber jeder Volumenstromregler braucht auch einen Schalldämpfer, Kabel und ISPs – das alle verschlingt Ressourcen, Strom und Unterhaltsleistungen mehr Wartung=mehr Aufwand=mehr Energieaufwand
– Ihre Forderung nach <4m/s ist gut gemeint. Haben sie sich schon mal die Platzverhältnisse in den Fluren der großen Verwaltungsgebäude angesehen …
– Und dann der Versuch der Entfeuchtung und Befeuchtung … ich weiß gar nicht wie die Millionen von Menschen es in ihren unklimatisierten Wohnungen und Häusern aushalten … aber am Arbeitsplatz (meist der öffentlichen Verwaltung) muss alles bestens sein
– Betreibern und Nutzern weniger Komfortrechte zuzusprechen und damit die Vorgaben zu vereinfachen wäre wohl der nachhaltigste aller Ansätze
Gefolgt von Nachweisen der ordnungsgemäßen Inbetriebnahme und ein qualifiziertes EMS zur Dokumentation der Energieflüsse – dann ginge sogar eine Betriebskostenabrechnung und wer zahlen muss schraubt bekanntlich seine Ansprüche zurück … Also: lasst uns einfache aber intelligente Anlagen in Gebäuden mit sinnvoll bemessenen Installationsebenen planen und die Dokumentation des wirtschaftlichen Betriebes zum Muss machen. PS: bei der Kälteverschwendung ist es noch schlimmer … und ist ja zumeist auch eine Lufttechnische Maßnahme.“

Und auch Reinhard Siegismund hat den Meinungsbeitrag kommentiert: „Liebe Kollegen und Herr Dr. Stahl, ich meine, Sie haben mit Ihren Bemerkungen Recht! Vor 24 Jahren habe ich mein Planungsbüro abgegeben und wollte nur noch als öffentlich bestellter und vereidigter (öbuv) Sachverständiger (SV) einige Jahre arbeiten und jetzt sind es schon 24 Jahre! Als SV bekomme ich allerdings die Negativ-Auslese von Anlagen und Planungen zu sehen. Ich habe immer mehr Anlagen zu beurteilen, bei denen, angefangen bei der Kühllast, alles nur geschätzt wurde. Es gab Anlagen mit 7 m/s an den letzten Verteilleitungen (in Wohnräumen) und 16 m/s im Untergeschoss, hydraulischer Abgleich sowie bei der Hydraulik als auch bei der Luft fehlte. Nachlässe auf das Honorar sind natürlich dabei auch gewaltig. Der Bauherr suchte den billigsten Planer, nach der Ausschreibung den billigsten Anlagenbauer und für die Abnahme dann den billigsten Sachverständigen – und zum Schluss, ich als Gutachter vom Gericht. Und dann wird von beiden Seiten der Vergütungssatz für den Gerichts-SV kritisiert. Da sind so die negativsten Erlebnisse. 50 % der Luftmengen, die nach den Normen notwendig wären, halten manche für ‚Fachleute‘ vertretbar. Nach meinen Erfahrungen sind die Angaben der Normen- und Regelwerke wirklich als Mindestwert einzuhalten und nicht als der Wert, der die Anlage unter günstigsten Umständen und höchster Drehzahl gerade so erreicht. Ich wäre schon froh, wenn die heutigen Regeln eingehalten werden und auch wirklich gerechnet wird. Sachverständige im Fachbereich TGA sind heute fast alle mit Arbeit überlastet. Wir haben Länder in Europa, bei denen der billigste Anbieter nicht in den Vergleich der Angebote einbezogen werden darf. Wir sollten wirklich überlegen, auch hier anders zu handeln. Wenn wir früher als Planer nicht den billigsten Bieter für die Vergabe vorgeschlagen haben, war viel Aufwand nötig, dies den Auftraggebern, insbesondere den öffentlichen AG, zu begründen. Und fast nie durchsetzbar.“

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