Meinung: Die Neufassung der EPBD wird eine Modernisierungslawine auslösen

(Abb. © cci Dialog GmbH)
(Abb. © cci Dialog GmbH)

„Keine Sanierungspflicht für Altbauten“. Die Meldung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 9. Dezember zur Neufassung der europäischen Gebäudeeffizienzrichtlinie Energy Performance of Buildings Directive (EPBD) klingt nach Entwarnung. Nach einer Analyse der derzeit vorliegenden Informationen zur künftigen EPBD komme ich allerdings zu einem anderen Ergebnis.

Die FAZ-Meldung vergleicht die EPBD-Neufassung mit dem bisherigen Entwurf. Demnach hätten bis 2030 die 15 % der energetisch schlechtesten Wohngebäude nach dem Prinzip „worst first“ auf eine Mindesteffizienz saniert werden müssen. Wie cci Branchenticker berichtete (cci264094), wurde diese starre Verpflichtung in der neuen EPBD zugunsten flexibleren Anforderungen geändert. Nun müssen bis 2030 die Energieverbräuche im Wohngebäudebestand um 16 % verringert werden. Gleichzeitig sind die 16 % energetisch schlechtesten Nichtwohngebäude auf Mindeststandards zu sanieren. Jetzt müssen die Staaten nationale Fahrpläne erstellen und Maßnahmen zum Erreichen der EPBD-Ziele einleiten.
Ich sehe in der Umsetzung der EPBD eine gewaltige Herausforderung und im Gegensatz zur FAZ–Meldung keine Entlastung von Sanierungspflichten. Im Gegenteil, es muss nun so rasch wie möglich eine riesige Modernisierungsinitiative initiiert werden. Dabei frage ich mich aber, wie und ob Deutschland das schaffen kann.
Nimmt man als Gradmesser zum Energiesparen die im Gebäudesektor erreichten CO2-Minderungen, sieht es mit der EPBD-Umsetzung in Deutschland nicht übel aus. Von 2020 bis 2022 sanken bei Gebäuden die Emissionen um rund 7 %. Das Klimaschutzgesetz schreibt für den Gebäudebestand von 2020 bis 2030 eine CO2-Verringerung um 40 % vor. Selbst wenn dieses 40 %-Ziel verfehlt würde, sollte die EPBD-Vorgabe von 16 % erreicht werden. Wie das geht, zeigen zigtausend Beispiele: in Bestandsgebäuden kann durch Wärmedämmung, den Ersatz von Öl- und Gasheizungen zum Beispiel durch Wärmepumpen oder Fernwärme, Solaranlagen und eine Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung der Energieverbrauch oft mehr als halbiert werden.
Ich sehe das Kernproblem beim lieben Geld. Die umfangreiche energetische Modernisierung eines Einfamilienhauses kann schnell 100.000 € und mehr kosten. Selbst wenn dadurch bei den Heizkosten viel Geld gespart wird, ergeben sich meist Amortisationszeiten von mehreren Jahrzehnten. Da viele Besitzer diese Ausgaben scheuen, bleibt dem Staat wohl nur einmal mehr die bewährte Lösung: Hausbesitzer müssen mit attraktiven Förderprogrammen, auch unter Berücksichtigung der Sozialverträglichkeit, zur Sanierung unterstützt und motiviert werden. Daraus dürfte sich bei Millionen sanierungsbedürftigen Gebäuden für die kommenden Jahre ein dreistelliger Milliardenbetrag ergeben. Hier habe ich Zweifel, ob solche Summen angesichts der wohl auch künftig angespannten Lage im Bundeshaushalt finanzierbar sein werden.
Doch in dieser verzwickten Situation sehe ich auch Positives. Die Regierung weiß nun, was in den kommenden Jahren zu tun ist, und kann entsprechend die Weichen stellen. Dazu unterstütze ich die Anregung der Architektenkammer NRW, die Umsetzung der EPBD am Prinzip „easy first“ zu orientieren, also mit möglichst wenig Aufwand viel erreichen. Nun sollten möglichst rasch entsprechende Vorschläge aus Berlin kommen. Diese braucht auch die so strapazierte Baubranche zur Planungssicherheit für die nächsten Jahre.

Ihr Dr. Manfred Stahl
manfred.stahl@cci-dialog.de

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